8. Januar 2008, Freitagvormittag
          Wieder eine Erkältung eingefangen. Zum Kotzen. Und wieder rotiert es 
          in meinem Kopf und die Angst, damit den nächsten Schub loszutreten, 
          ist nach all den Erfahrungen die ich machen „durfte“, mehr als 
          berechtigt. Sebastian kommt heute viel später nach Hause, da er direkt 
          nach der Arbeit wieder nach Slowenien fährt. Viel Zeit für Unsinn. 
          Eigentlich wollte ich dem vorbeugen. Eine der Schranktüren in der 
          Küche müsste auseinander- und wieder zusammengebaut werden. Doch ich 
          finde den Bohrer nicht und mit dem Schraubenzieher bekomme ich die 
          Schrauben einfach nicht gelöst. Doppeltes Fiasko: Erstens der Frust, 
          es nicht machen zu können und zweitens die Unordnung, die sich unter 
          diesen Umständen nicht beseitigen lässt und die Unruhe in mir nur noch 
          anpeitscht. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich einen 
          lauffreien Tag einfach nicht ertrage.
          „Das Leben ist der kostbarste Schatz den wir besitzen!“. Ich beginne 
          daran zu zweifeln. Was macht mein Leben aus? Erinnerungen, die wehtun. 
          Erinnerungen, die verblasst sind, gelöscht wenn man so will, und mich 
          mit dem Gefühl zurücklassen, keinen Hintergrund zu haben. Neuigkeiten, 
          die wie Erinnerungen erscheinen und keinen Tag mehr spannend machen. 
          Ich sehe nicht die Dinge, die ich noch machen will. Habe keine Ziele, 
          noch Pläne. Bin einfach da, wie eine überflüssige Randerscheinung. Es 
          gibt keine Annehmlichkeiten im Leben, zumindest scheint es so. Der 
          Blick auf die schönen Dinge ist getrübt von all den Situationen, die 
          ich bereits hinter mich gebracht habe. Und ich weiß zu gut, dass es 
          genau so weiter gehen wird. Ich zähle nicht in angenehmen Dingen, ich 
          sehe mein Leben als eine Summe aus Beerdigungen, 
          Falten, Gebrechen, Kilos, 
          Erkältungen, Krankenhausbesuchen, Krankenhausaufenthalten, Schüben, 
          Kortisontherapien, Chemotherapien, Zahnarztbesuchen, Zusammenbrüchen 
          und wieder Aufrappeln. Und ich sehe in der Zukunft nicht mehr als die 
          Erhöhung der Summe und dann fragt man mich, warum ich keinen Sinn in 
          meinem Leben sehe? Bin 
          einfach da. Warum? Wir besprachen mein vorletztes Bild. „Der Vogel 
          dahinter… das hat was von Auferstehung, auch wenn unten absolut der 
          Tod ist.“, und sie lächelte mich hoffnungsvoll an. Was aber, wenn es 
          nicht das Symbol für Auferstehung und einen Neubeginn ist sondern die 
          endlich vom Leben befreite Seele?
          Nachmittag
          Nun ist wenigstens auf meinem 
          Körper ein Gleichgewicht eingekehrt und beide Arme sozusagen 
          symmetrisch. Meine Mutter rief an, hinterließ wieder einen dieser 
          gepressten Sprüche auf dem AB. Ich rief zurück, sie wiederholte den 
          Satz und ich machte ihr klar, dass sie das lassen soll und dass ich 
          das einfach nicht ertrage. „Mir ist ohnehin nicht nach lachen…“. Ihre 
          alte Nachbarin ist verstorben. Ich hatte es bereits vorausgeahnt, 
          hatte sogar davon geträumt. Sie redete wieder wie ein alles 
          überflutender Wassersturz über Dinge, die in so einer Situation 
          überflüssig sind. Einfach nur, um ihr Weinen zu unterdrücken. Was 
          sollte ich sagen? Ihr Tonfall beinahe vorwurfsvoll. „Ich weiß, dass 
          das schlimm für dich ist, aber ich kann nichts dran ändern…“ und ein 
          hilfloses  „Was soll ich machen?“. Sie begann zu weinen und legte auf. 
          Nun hatte ich endlich meinen Grund. Mir kamen die Tränen, doch nicht 
          weil die alte Frau tot ist, sondern weil meine Mutter weinte und auch 
          weil sie mich mit einer gewissen Restschuld am andern Ende der 
          Telefonleitung zurückließ. Um mir ein besseres Gefühl zu geben, werde 
          ich heute Abend nochmals anrufen.
          Über die frischen Schnitte kratzend hing ich über dem Blutbesudelten 
          Waschbecken. An der Menge der Blessuren ist der seelische Druck wie an 
          einer Messuhr ablesbar. Links mehr Wunden als rechts. Die Sonne kommt 
          hinter den Wolken hervor, im Schlepptau strahlendes Blau. Raus gehen 
          und vor mir selbst wegrennen?
          
19. Januar, Samstagabend
          Ich habe mich geschnitten, 
          immer und immer wieder. Beim vierten Mal langsam, um jeden 
          Schmerzimpuls zu fühlen und um zu sehen, wie tief es geht. Doch die 
          Wunden schlossen sich wieder, obwohl sie erst auseinanderklafften. 
          Also 5 Mal insgesamt und dann noch zweimal gekotzt. Glanzleistung. 
          Nachts war ich schon nicht mehr in der Lage vernünftig das Fernsehbild 
          zu erkennen. Und dann heute Morgen? Als ich die Augen aufschlug 
          baumelten zwei Lampen über mir an der Decke. Was für eine 
          überdimensionale Kacke!! Denn eigentlich hängt dort nur eine. Und als 
          ich aufstand war da eine Schwäche, diesmal in der rechten 
          Körperhälfte. Von den Warnschüssen meiner Krankheit in Form von paroxysmalen Symptomen rein in ein waschechtes Schubsymtpom, wie? Ich 
          HASSE ES!!! Und warum kommt so was eigentlich IMMER direkt vorm 
          Wochenende? Und warum belächelt man mich, wenn ich sage, dass man mich 
          bloß nicht anstecken soll? Meine Lebensanalyse bekommt noch mehr 
          Schlagseiten und Gründe, mich gegen dieses zu entscheiden. Ich HASSE 
          diesen Zustand, in dem nichts passiert und an dem ich nichts ändern 
          kann. Ich hasse MICH und meinen beschissenen fetten, hässlichen 
          Körper. Den gesamten Tag entweder auf den Boden starren oder 
          verzweifelt ein Auge zukneifen. Zu schwach, irgendetwas in Angriff zu 
          nehmen. Zu unruhig um einfach nur auszuharren der Dinge, die da kommen 
          mögen. Beten, dass es aufhört. Zu was oder wem? Als ob die Wochenenden 
          nicht so schon unerträglich und öde genug wären. Was tun? Meine Mutter 
          rief an und fragte, ob ich meine Patennichte schminken würde für den 
          Kinderfaschingsball. Auf meine Aussage, dass ich seit heute Morgen 
          Doppelbilder hätte, riss sie einen dämlichen Witz: „Dann schminkst du 
          mich eben auch gleich in einem Abwasch mit!“. Ist das witzig? Reicht 
          es denn nicht schon dass ich mich ständig über mich selbst lustig 
          mache, obwohl mir in all den Situationen GAR NICHT nach lachen ist? Wer 
          gibt allen andern das Recht einfach mitzumachen? Mit NULL Ahnung im 
          Gepäck? Diese sarkastischen Bemerkungen enden jetzt! SCHLUSS! Da 
          gibt’s nichts zu lachen. Das ist zum HEULEN! Und da die Maske kaputt 
          ist, habe ich auch nicht vor sie wieder zusammenleimen und mir 
          behelfsmäßig aufs Gesicht zu tackern. Allmählich sollte auch in meinem 
          näheren Umfeld angekommen sein, dass mir schon seit langem nicht mehr 
          nach Spaßen zumute ist. Selbstmitleid oder nicht, letztendlich ist es 
          genau das, was von mir immer und immer wieder in der Therapie 
          gefordert wird: Mir selbst und meinen Problemen Respekt zollen.
20. Januar, Sonntagnachmittag
          Die „Aussicht“ ist heute noch 
          trüber als gestern. Wenn ich mal nicht ein Auge zukneife packt mich 
          nun auch noch der Drehschwindel und mir wird schlecht. „Wenn du 
          glaubst es geht nichts mehr, kommt von irgendwo NOCH eine Ohrfeige 
          her!“. Ich hätte das Faschingsangebot gestern in den Läden nutzen und 
          mir eine Augenklappe kaufen sollen. Nichtsdestotrotz, meine Nichte hab 
          ich in ein Schneehäschen verwandelt, obwohl das mit „Doppelbildmodus“ 
          gar nicht so einfach war. Vorm Frühstück versuchte ich einen kleinen, 
          schonenden Lauf. Es wäre eine Schande gewesen, die 
          Frühlingstemperaturen nicht zu nutzen. So trippelte ich vor mich hin, 
          die Hose ständig am Hochziehen und abwechselnd das eine und dann das 
          andere Auge zukneifend. Torkelnd, in Schlangenlinien, unsicher und 
          doch erstaunlich kraftvoll. So fällt wenigstens die Angst vor der 
          gestrigen Schwäche im rechten Bein weg. Sebastian hat es nun auch 
          erwischt und während er drinnen auf dem Sofa kränklich vor sich 
          hindöst, sitz ich vorm Haus auf der Terrassentreppe und halte meine 
          bloßen Füße in die warme Sonne. Von drinnen schallt gedämpft der 
          Wintersportkommentator durch die offene Tür und berichtet von diversen 
          Wettbewerben im Schnee, dabei hat es hier im Schatten 16° C und direkt 
          in der Sonne komme ich aus dem Schwitzen nicht mehr raus. Der 
          Entnervungsgrad steigt explosionsartig als unten im Erlenwald ein 
          Auto stehen bleibt, ein Mann aussteigt und die Wiese hinter unsrem 
          Elektrozaun hochgeht. Nun rennt er schon seit einer Ewigkeit oben im 
          Wald links über dem Haus rum und ich fühle mich in meiner Privatsphäre 
          sehr beschnitten. Endlich, er verpisst sich und ich darf nur noch dem 
          Klang von Meisen, Mäusebussard, tratschenden „Wochenendnordicwalkerinnen“ 
          und zeternden Eichhörnchen lauschen.
          Also, wie ist der Plan? Morgen in Oberwart anrufen? Irgendwie taucht 
          in mir das Gefühl auf, ich würde mittlerweile nerven. Als ob ich sie 
          ständig um unentgeltliche Gefallen bitten würde. Aber tue ich das denn 
          nicht, wenn ich telefonisch um Rat bitte? Und was ist am 
          wahrscheinlichsten? Neues MRT und dann weitersehen? Oder nur abwarten? 
          Mit ein Grund Wochenenden zu hassen. Viel zu viel Zeit um 
          nachzudenken, anstatt prompt zu handeln. Zu viel Zeit um mich zu 
          verunsichern. Ich habe Angst davor, dass ich erneut den Stempel 
          „Psychischer Auslöser“  und „ In diesem Fall unbehandelbar!“ 
          aufgedrückt bekomme, wenn ich die Überdosis von vor einer Woche 
          erwähne. Nichts aus der Luft Gegriffenes, alles schon da gewesen. Und 
          ich habe Angst mit dem Scheiß im Stich gelassen zu werden.
21. Januar, Montagvormittag
          Allein schon die Stimme meiner 
          Neurologin zu hören, beruhigt und gibt das Gefühl, etwas kommt in die 
          Gänge. Sie wusste sofort dass es meine dritte Überdosis war. Ob sie 
          die Akte so rasch vorliegen hatte oder hat sie sich das tatsächlich 
          gemerkt? Erkältung UND Überdosis; kein Wunder, dass mein Körper 
          abdreht. Ich solle zuwarten und erst Mal die Erkältung auskurieren. 
          „Und wie lange soll ich warten bis ich wieder anrufen darf um sie zu 
          nerven?“. Sie musste lachen. „Bei einem Entzündungsprozess im Körper 
          kann es vorkommen, dass alte Herde aufflammen und alte Beschwerden 
          kurzfristig wieder auftreten. Das wissen sie ja schon.“. Klar, sonst 
          würde ich nicht so einen Terz machen, wenn man es drauf anlegt mich 
          anzustecken. „Legen sie sich hin, tun sie sich was Gutes, kurieren sie 
          die Erkältung aus und lesen im Bett zum Beispiel ein Buch.“. Ich gab 
          ein abschätziges „HA HA“ von mir woraufhin sie sich der Unsinnigkeit 
          ihrer Worte bewusst wurde und lachen musste. Mir was Gutes tun; das 
          bekomme ich jede Woche in der Therapie zu hören. Aber ich kann nicht. 
          So schlüpfte ich in meine Laufsachen und ging vors Haus, um zu dehnen. 
          Da stand das Auto und ich war etwas verwirrt. Nach über 2km beendete 
          ich den Morgensport, um mich nicht wirklich zu überanstrengen. Zudem 
          war es ohnehin nicht witzig, schon gar nicht als mir die Müllabfuhr 
          auf der schmalen Straße entgegendonnerte und ich mehr taumelte als 
          lief. Wieder zu Hause fühlte ich mich schlagartig wieder krank. Ich 
          rief Sebastian an: „Sag mal, wie kommst du eigentlich nach Hause?“. 
          „Kannst du nicht fahren?“. Schön, wie „mann“ mir zuhört bzw. wie „mann“ 
          mich ernst nimmt. Es ist nicht die Angst um mich, sondern eher ums 
          Auto oder dass ich einem andren schaden könnte. Die komplette 
          Tagesordnung wird über den Haufen geworfen, Sebastian bleibt zu Mittag 
          drin, der Tag allein wird noch länger. Viel Zeit um meinen eventuell 
          eintretenden Selbsthass auszuleben. Sollte es doch ein Feiertag sein: 
          Ich bekomme heute eine neue Nähmaschine. Obwohl, unter diesen 
          Umständen, macht sie das Leben auch nicht bunter. Gestern fragte ich 
          schon total frustriert und beinahe provozierend: „Warum ist es denn 
          nicht gleich zappenduster geworden? NA???!!“. Was bleibt? Musik hören.
          
          Nachmittag
          Und was bleibt noch? Dem Telefon 
          beim Klingeln zusehen und irgendwann den Zustand des auf dem Sofa 
          Liegens nicht länger ertragen und nach draußen auf die Terrasse 
          flüchten. Mit den letzten Kräften den kleinen Tisch und einen Stuhl 
          aus der Autoscheune nach vorne schleppen. Mit Tee und Notebook 
          erschöpft die Sitzgelegenheit nutzen und abkotzen, weil die Sonne so 
          grell ist, dass am Bildschirm nichts zu erkennen ist. So viel ist zu 
          tun, so viele Mails im Posteingang, so viele Wochen zwischen jetzt und 
          dem letzten Besuch bei meiner Nachbarin. Gesellschaftliche Zwänge, 
          mehr nicht. Ich kann einfach nicht, depressive Festgefressenheit. Es 
          ist ja nicht so, dass ich nicht wüsste, warum ich mich komplett 
          zurückziehe und warum ich nicht mehr ans Telefon gehen kann. Irgendwie 
          ist mir alles egal und andrerseits fühle ich sehr viel Schuld. Lasst 
          mich in Ruhe!!! Einerseits ist es schön hier in der Sonne zu sitzen, 
          andrerseits will ich aber nicht, dass etwas schön oder angenehm für 
          mich ist. Das Gefühl, es nicht verdient zu haben, steht im 
          Vordergrund. Wo will ich hin bzw. will ich überhaupt etwas? Ein 
          ignorierter Anruf und ich fühle mich scheiße. Einmal nicht ran gehen 
          und die Ruhe und die mickrigen Happen Ausgeglichenheit sind 
          Vergangenheit. Die Klinge und den Verband holen, wieder hier rumhocken 
          und auf ein Wunder warten. Doch es gibt keine Wunder und das Warten 
          beschränkt sich auf das Eintreten des Moments, wenn mich die Sehnsucht 
          und auch die Gier nach Schmerz übermannen. Ein Eichelhäher schlägt 
          Alarm denn der Mäusebussard dreht seine Runden über unsrem kahlen 
          Wäldchen. „Und psychisch geht’s ihnen wahrscheinlich auch nicht gut, 
          oder?“. Es kann mir nicht gut gehen denn ich will nicht dass es mir 
          gut geht. Sei es die Angst nicht gewappnet zu sein, wenn etwas 
          passiert oder die Befürchtung mich wieder zu verlieren in einem 
          zerrissenen Zustand der mir den Blick auf mein wahres Ich unmöglich 
          macht. Aber eigentlich habe ich dafür keine plausible Erklärung. 
          „Indoktrinierte Mechanismen.“. Wer weiß. Bzw. wen interessiert es? 
          Sonnenschein, Glockengeläut und ich allein mit noch einer scharfen 
          Kante an meiner Klinge. 
          Ich weiß nicht worauf ich warte. Hör auf zu warten! 
          Mein Gesicht spiegelt sich in der 
          Oberfläche des Bildschirms wieder. Du bist so unendlich hässlich!
          „Ei, was ist bloß mit unserem Tierchen los? Es hat doch alles: Einen 
          goldenen Käfig, genug zu fressen und zu trinken, zwischen den 
          Gitterstäben kann es nach draußen sehen. Fliegen? Für was? Es hat doch 
          so eine nette Stange, da kann es bequem drauf sitzen. Es hat doch 
          ALLES. Warum nur rupft es sich die Federn aus?“. Während die Frau 
          gegenüber auf der andren Hügelkette mit einer albern klingenden hohen 
          Stimme mit ihrem Kind spricht, gehe ich vom Schneiden zum Hacken über. 
          Die Haut über den Pulsadern ist so dünn, doch ich schaffe es nicht. 
          Und während sie sich laut quakend mit ihrem Vater zu unterhalten 
          scheint, nehme ich es in Kauf beim dritten Mal ansetzen einem 
          „Missgeschick“ zum Opfer zu fallen. Aber nichts! GARNICHTS! Und der 
          Frust steigt während die fragilen und doch leicht auseinander 
          klaffenden Schnitte sich erneut schließen und sich auch mit Gewalt 
          nicht mehr auseinander reißen lassen. Gescheitert, wie immer. 
          Für alles zu blöd, wie?!
22. Januar, Dienstagvormittag
          Sebastian rutschte nachts im 
          Bett zu nah an mich ran und im Endeffekt lag ich wieder mit 
          aufgerissenen Augen und schweißgebadet auf der Kante meiner Bettseite. 
          Als ich aufstand und ins Bad floh, schien nur noch aufschlitzen zu 
          helfen. Ich ließ es sein, und dieser Kommandoabbruch  hängt mir nun 
          noch nach. Die Aussicht ist immer noch nicht besser und ich werde 
          gleich nach draußen gehen um nachzusehen, ob das Auto da ist oder 
          nicht. Wenn ja, habe ich ja noch Zeit einen neuen Versuch zu starten. 
          Ich sollte eigentlich für die Therapiestunde morgen eine Liste 
          aufsetzen mit Dingen, die ich nicht mehr machen kann. Vielleicht 
          sollte ganz oben als erster und zugleich letzter Eintrag stehen: Ich 
          kann die Liste nicht schreiben. Auch dieser Tag beginnt wie jeder 
          andere unter der Woche: Zähneputzen, Eiweißshake, Medikamente, 
          Injektion und dann Tee. Dazwischen das Wohnzimmer auf Vordermann 
          bringen, das Bett machen und andre Kleinigkeiten, über die ich 
          stolpere. Man könnte eigentlich die Uhr nach mir stellen, so sicher 
          ist es dass ich das tue, was ich immer tue. Langweilig.
          Das Auto ist da, der Himmel grau und ich allein mit mir selbst. Die 
          Wunden sahen gestern noch so schön aus, waren dunkelviolett 
          unterlaufen, der ganze Arm war angeschwollen. Man beginnt das 
          eigentlich essentiellste zu hassen: Die Selbstheilung. In meinem 
          kranken Hirn kommt es als fieser Schachzug meines Körpers an. Wer weiß, 
          wie lange das Spiel noch dauert, ich weiß nur, der erste Zug ist 
          Ewigkeiten her. Kampf oder Spiel mit blutigem Ernst, egal. Die 
          Bluttropfen auf den Steinen unter meiner Hand glänzten im 
          Sonnenuntergang. Ich wusste wieder, dass es richtig war und all die 
          Zweifel und das Zögern tropften aus den ersten 10 Schnitten. Danach 
          gab es nur noch ein Ziel: Tiefer, viel tiefer! Bin ich besessen? Eines 
          steht zumindest fest: Ich sehe keinen Sinn, denn ich habe keinen Sinn. 
          Und es macht mir Spaß mich schon morgens nach dem Aufstehen runter zu 
          ziehen, denn dort unten ist nur das blanke Überleben Lebensaufgabe 
          genug.
          Wieder eine unvorhersehbare Zuckung 
          und der Tee landet auf Tisch und Hose. Und plötzlich wird mir klar, 
          was Sebastian alles erdulden und tolerieren muss. Wäre es andersrum, 
          würde ich es können? Nein. Ich bin eine Zumutung!!!!
          Nachmittag
          Die Sonne kam raus und ich saß 
          kurz neben dem Haus, zu meinen Füßen die Blutspritzer von gestern auf 
          dem Boden. Der Lichteinfall, die Geräusche und Gerüche… Alles wie eine 
          Erinnerung, als sei ich schon da gewesen. Erinnern an den Tag, an dem 
          ich mich umgebracht habe. Ich versuche einen klaren Gedanken zu 
          fassen, doch bin wie blockiert, meine Ratio macht die Schotten dicht 
          und lässt mich allein mit dem Gefühlschaos. Die Klinge zu meiner 
          Rechten, doch ich kann nur spüren dass es sinnlos ist. Ich kann nicht 
          sehen, was mich noch weiter in das Dunkel meines Käfigs zurückdrängt. 
          Was soll ich tun? Bin noch mehr beschnitten in meinem Alltag, noch 
          gelähmter als zuvor. Ist es ein guter Tag zu sterben? Andre können es 
          auch, warum ich nicht? Mich lediglich zu verletzen macht den Braten 
          nicht fett. Es scheint sinnlos und doch werde ich es tun. Was bleibt 
          mir sonst?
          
Drücke die Klinge 
          tief ins Fleisch, doch es bleibt ohne Effekt. Die Zeit bleibt stehen 
          und zerbricht in Milliarden Scherben mit jedem Tropfen Blut, der auf 
          dem Boden aufschlägt, wird zu Staub und somit wertlos. Bleibe im 
          Nichts hängen und kann nicht mehr atmen.
          Abend
          Spätestens nach dem 3 Mal 
          aufschlitzen driftete die ganze Angelegenheit ins Absurde ab. Zudem 
          war die Klinge mittlerweile stumpf und nicht mehr zu gebrauchen. Ich 
          weiß nicht, was ich nun fühle. Immer noch den Tod und das Bedürfnis 
          endlich aufzugeben? Nein, eher so, als sei ich bereits gestorben. Tot, 
          gefühlsarm und leer.
          23. Januar, 
          Mittwochvormittag
          Nochmals im Krankenhaus anrufen, 
          auf Drängen meiner Therapeutin und nun auf den Rückruf warten. Ich 
          hadere mit mir, ob ich jetzt vorm Mittagessen noch laufen gehe oder es 
          mir für den Nachmittag aufhebe, für den Fall, dass ich wieder in ein 
          Loch falle. Warten, warten, warten. Ist dies mein einziger Lebenssinn? 
          Und komme mir wieder unwahrscheinlich nervig vor.
          
          Morgen wieder ins 
          Krankenhaus.
          Nachmittag
          Laufen, laufen, laufen. Laufen, als sei es meine letzte Chance. 
          Doch um die Erkältung nicht erneut herauszufordern, nur 3 Kilometer. 
          Morgen erst ein Gespräch samt Untersuchung und Blutbildkontrolle und 
          dann wahrscheinlich Kortison. Noch mehr Tage ohne Laufen. Das halte 
          ich nicht aus. „Bei ihrem mittlerweile hochgradig schlechten 
          Zustand…“. Ich musste schlucken, so habe ich es noch nie betrachtet. 
          Ist mein Verlauf im Vergleich zu andren Kranken so drastisch?
          Der Lauf war wunderschön, trotz diverser Steinsichtungsproblemen, doch 
          dann erspähte ich den Wagen der Amtsärztin (zumindest glaube ich es) 
          und sah zu, dass ich mich aus dem Staub mache. Wollte ich doch noch an 
          der Straßengabelung in die andre Richtung und noch einen Kilometer 
          dran hängen. Irgendwie bereue ich es, es nicht getan zu haben und ich 
          spiele mit dem Gedanken, während der eventuellen Thera vorsichtig 
          weiterzulaufen. Gemacht hab ich es ja schon mal, wäre also keine 
          Premiere und so große Überraschungen wird es wohl nicht zu erwarten 
          geben, oder? Und dann noch die Bedenken, WIEDER mit einer 
          Kortisonstoßtherapie klar kommen zu müssen. Hat mich die letzte doch 
          ziemlich mitgenommen. Und in meiner derzeitigen Grundverfassung? Es 
          ist mir jetzt schon peinlich, dass wieder irgendein armer Turnusarzt 
          morgen Blut abnehmen „darf“ und zwangsläufig an meinen 
          Schnittverletzungen nicht vorbeikommen wird.
          
Abend
          Wieder ein Selbstmord in den Medien. Wieder im selben Alter wie 
          wir. Der erste Gedanke ist: „Der Glückliche hat’s hinter sich.“, und 
          der zweite nur, wie traurig es eigentlich ist, dass er alleine 
          gestorben ist. Sollte es nicht so was wie eine Suizidbegleitung geben? 
          In der Wanne musste ich beinahe zwanghaft den rechten Arm über Wasser 
          halten, zu groß die Angst, die Wunden könnten verblassen. Will oder 
          muss ich etwas darstellen? Oder tu ich es nur für mich um fürs Erste 
          weitere Schnitte zu verhindern? Nichtsdestotrotz habe ich mir nach dem 
          Baden die Packung mit der letzten Klinge bereitgelegt und den Verband 
          daneben gepackt. Wer weiß, was kommt. Um dann noch wie besessen an den 
          Blessuren mehr als brachial gekratzt, schon eher auf diese 
          eingeprügelt. Ich bekomme massiv zu spüren, was für eine Kluft sich 
          erneut zwischen meinem Lachen und der tatsächlichen Gemütslage auftut.
          
          Vor meinem Werkzeug stehen, doch vorerst einen Rückzieher machen. Die 
          Musik so laut aufdrehen, dass sie durch meinen Schädel hindurch 
          donnert. Die Augen schließen und mich auf das besinnen, was ich 
          eigentlich will. Ohne ständig darüber nachzudenken, was andre denken 
          könnten oder ob ich es wert bin oder nicht. Einfach nur für mich. 
          Was willst du?
24. Januar, Donnerstag 4:45
Was wollte ich? Einen Grund? Missbrauche 
ich mittlerweile Situationen für meine Zwecke? Zweckentfremdung von irrelevanten 
Spannungen? Sebastian reagierte entnervt, als ich ihn etwas fragte. Wie auf 
einem goldenen Tablett wurde mir ein Trigger serviert und die Klinge war scharf, 
unendlich scharf. Ich konnte die Spannung förmlich knistern hören, als ich sie 
aus ihrem weißen Schutzpanzer zog. Und auch ohne über die Wunden zu kratzen war 
innerhalb von wenigen Minuten das weiße Waschbecken zur Hälfte mit Blut 
besudelt. Wunderschön. Vor allem die Schnitte direkt in der Handbeuge bluteten 
stark. Klein und doch klaffend. „Liebeserklärung an eine Sucht“. Schweigend 
kehrte ich ins Wohnzimmer zurück. Sebastian muss den Braten gerochen haben, denn 
er entschuldigte sich gleich zweimal hintereinander dafür, dass er mich so 
angepflaumt hatte. Nach 10 war ich wieder die Erste im Bett. Ich riss den 
Verband vom Arm um so letztendlich auch die Wunden wieder aufzureißen. Als auch 
Sebastian kam und dann irgendwann das Licht ausmachte, verdrehte ich meinen Arm 
derart, dass ich die Spannung in den Schnitten brennend zu spüren bekam und das 
bisschen, welches Sebastians Rücken berührte, pulsierte massiv und ich fragte 
mich, ob er es auch fühlen kann. Und heute? Zum 4. Mal hintereinander konnte ich 
nicht schlafen, und als ich es tat, träumte ich, dass Fine elendig in meinen 
Armen starb. Heulend wachte ich auf, um in der Verwirrung eines Halbschlafs 
Sebastian neben mir im Bett sterben zu sehen. Der Mond erleuchtete das 
Schlafzimmer trotz halbgeschlossener Balken und ich sah die Umrisse seines 
Kopfes und war davon überzeugt, dass er sich krampfhaft krümmen würde.
Nun gut, schöne Grundvoraussetzung für den heutigen Tag. Allein schon die 
Tatsache, dass ich seit 3 wach bin und seit 4 auf den Beinen. Die Doppelbilder 
schienen sich bereits gestern Abend wieder leicht gebessert zu haben. Klassiker. 
Und mir bleibt noch so viel Zeit und ich denke, dass es nun auch keinen 
Unterschied mehr macht, ob noch mehr Schnitte die Arme zieren oder nicht. 
Entschuldigen werde ich mich ohnehin, dass ich es dem jeweiligen Arzt zumute, 
die zerschnittene Haut anfassen zu müssen. Da ist es wieder, dieses Gefühl eine 
Last und eine Zumutung für andere zu bedeuten. Nicht mehr und erst recht nicht 
weniger. Passiver Selbsthass, wie? Je länger ich meine Unterarme betrachte, 
desto klarer artikuliert die Seele ihren Wunsch nach mehr. Und wieder ist der 
Tod da und fragt mich, ob ich mit ihm gehen will. Die letzten Zusammenbrüche 
distanzierten mich von all jenen, die so gesehen nur im Weg stehen, weil ich es 
ihnen nicht antun kann. Da war nichts mehr, weder letzte Woche noch vorgestern. 
Bin ich suizidgefährdet? Und die beschwichtigenden Worte meiner Therapeutin, 
dass der letzte Schritt nicht von Stärke sondern von Schwäche zeugt, sind auch 
nur Schall und Rauch. Reden gegen eine Wand. Ich sollte doch noch schlafen, aber 
ich bin wach und ich glaube, ich mag mich nicht. Und während ich diesen Satz zu 
Ende denke, bekommt mein Gesicht wieder diesen todernsten und auch leicht 
verbiesterten Ausdruck auf die Züge gezeichnet.
Schmierölgeruch an den Fingern und das wehmütige Gefühl, dass es nicht reicht. 
Beginne zu zittern und versuche einen klaren Gedanken zu fassen.
8:00 Uhr
Das elendige Warten nimmt seinen Lauf. Schlagartig reges Treiben und die Unruhe 
lässt mich zittern. Die Verletzungen hallen immer noch nach. Wieder Schweigen.

9:00 Uhr
Vorerst ist alles klar. Blutabnahme, an den Kortisontropf, MRTs durchforsten 
wegen einem erneuten Langzeittherapiebeginn, die dazugehörige Besprechung. 
Wieder Warten.
Beinahe eine Stunde das alte 
Venendrama. Nach 4 Stichen kapitulierte die erste Ärztin, verschwand und kam mit 
einer Nachfolgerin wieder. Als diese direkt in Pulsadern stach und versuchte tröpfchenweise Blut in eins der unzähligen Röhrchen kriechen ließ, zwang sich 
mir eine Bemerkung auf: „ Darf ich einen makaberen Witz machen?“. Zweistimmiges 
„Nein!“, doch ich konnte es mir nicht verkneifen, jetzt, da meine Seelenventile 
ohnehin öffentlich gemacht wurden: „Also wird das nix mit dem Selbstmord, 
wie“. Betretenes Lachen, aber auch Bestätigung meiner Theorie. Beim dritten 
Stich wurden die Röhrchen mehr oder minder „voll“ und der 4. verschaffte mir 
endlich den sehnlichst herbei gehofften Zugang. Mit viel Improvisieren und noch 
mehr Festkleben.
Und nun läuft das Solumedrol, ich habe mich samt Walter in die Kinderecke 
zurückgezogen und verkrieche mich unter den Kopfhörern. Nach diversen Aussetzern 
sehe ich Schwarz für die Beziehung zwischen Venflon und meiner Wenigkeit.
15 Minuten später war Schluss. 
Ich bot der Ärztin ein Reset der Stichzählung an, was sie für mehr als 
angebracht hielt. Und nach einem Komplettbad war auch bereits Stich Zwei von 
Erfolg gekrönt. Sie strahlte und ich gab ein erbauendes „ Mensch, gleich beim 
zweiten Mal getroffen!“ von mir. Nun läuft es. Und ich hadere immer noch mit 
mir, ob ich laufen gehe oder nicht und ob ich den hart erkämpften Venflon 
riskiere. Bin nur noch müde, will nicht mehr denken noch handeln.
Abend
Meine Mutter ließ es sich nicht nehmen, mich anzurufen. Obwohl ich im Voraus 
klargestellt hatte, dass ich das nicht möchte. Ich ging ran und 
erstaunlicherweise entschuldigte und bedankte sie sich mehrfach, dass ich ihr 
zuhöre. War sie doch heute bei der Beerdigung ihrer Nachbarin, die ihr doch so 
viel bedeutet hat. Ich hörte zu, obwohl mir eigentlich nach nichts ist. Die 
Festgefressenheit wird von der übermäßigen Müdigkeit nur noch gefüttert. Und das 
Kortison ist letztendlich depressionstechnisch auch nur zusätzlicher Puderzucker 
auf einer ohnehin schon klebenden Süßspeise. Zudem habe ich wohl noch nicht 
erwähnt wie sehr mich all die „wieder“ und „erneut“ in meinen Einträgen 
ankotzen. Vorm 10. Stich, als ich seufzend im Waschbecken versank, fragte mich 
die Ärztin, ob das nicht langsam frustrierend sei. Hätte ich ihr von meiner 
Lebensanalyse in eiskalten, leblosen Zahlen erzählen sollen? Und dass in der 
Zukunft nicht mehr als eine Summierung möglich ist und somit für mich Grund 
genug ist, auszuticken und nicht mehr leben zu wollen? Pff…  Ich weiß noch 
nicht, wie der Abend verlaufen wird. Und nebenbei erwähnt: Gratulation zum 25. 
Schub und zur 19 Kortisonstoßtherapie in 9 ½ Jahren! Sebastian meinte zu meiner 
Zeichnung, dass sie vielleicht für all jene lustig sein mag, die den bitteren 
Ernst dahinter nicht kennen. Wie wahr. Der Venflon war mir dann auch egal, ich 
viel zu getrieben und von Unruhe aufgefressen, ich musste laufen gehen. Ein Auge 
zusammengekniffen ging es den Hügel hoch bis zur Kreuzung und dann wieder 
zurück. Mit lächerlichen 3 Kilometern im Gepäck kam ich wieder zu Hause an. Der 
Plan, die Therapie durchzutrainieren, steht nun fest. Selbst wenn ich dafür in 
Kauf nehmen muss, nun wieder grottenschlecht zu sehen. Doch letztendlich war 
auch die Infusion und der lange und anstrengende Vormittag mit Schuld dran. 5 
Tage soll ich durchziehen, das volle Programm also und ich weiß im Moment nicht, 
ob ich es kann. Klar, ich werde es tun, beinahe „über mich ergehen lassen“, doch 
von wollen und von Kraft für einen Kampf, kann wahrlich nicht die Rede sein.
„…Bis ich mich erneut nach deiner Berührung 
verzehre
Mit pochendem Herzen zu dir zurückkehre
Dann werden wir Eins sein, du und ich
Nimm Alles! Meine Liebe, mein Leben, nimm mich!
Und hebe mir auf den innigsten Kuss
Für den Tag an dem ich endgültig gehen muss…“
Die Gefühle in mir sind verwirrend. Ist er etwa gekommen?
25. Jänner, Freitag 6:45 Uhr
Dunkle Graupelwolken ziehen donnergrollend durch meinen 
Schädel. Seit 4 wach, seit 6 auf den Beinen. Die Kleine mit dem treudoofen 
Dackelblick ist wieder da. Obwohl ich im Laufe des gestrigen Tages eher zum 
kleinen, hässlichen Pekinesen übergegangen war. Sobald mein Hirn im Bett beim 
Nachdenken in ausgetüftelten und niederschreibbaren Sätzen formuliert, ist es 
Zeit aufzustehen. Auf Magenschutz verzichte ich diesmal genauso wie auf eine 
Laufpause, was ich im Moment mit einem flauen Gefühl im Bauch zu spüren bekomme. 
Doch mein Gewicht ist wieder runter auf unter 65 und hat den Körperfettgehalt 
gleich mit auf seine Reise in den Keller genommen. Das gibt mir ein gutes und 
sicheres Gefühl, zudem ist mein Geschmacksinn nicht so sehr beeinträchtigt, 
womit sich meine Theorie bestätigt, dass die Tabletten für gewöhnlich 
die.Hauptschuld an der Veränderung tragen. Noch sitzt der Venflon, tut nicht weh, 
noch juckt es. Grund zu hoffen? Der Tag heute verspricht noch hektischer zu 
werden als der gestrige. Zuerst zum Bäcker um mich mit Fressalien einzudecken, 
dann zum Hausarzt Rezepte und 3 Transportscheine für heute und zwei weitere Tage 
besorgen um mich dann hochoffiziell von der Rettung abholen zu lassen. Den 
Selbstkostenbeitrag von 10 € pro Fahrt trage ich gern, das Benzin fürs Auto 
hätte pro Fahrt auch so viel gekostet. Und wenn meine Mutter heute Abend den 
Anruf getätigt hat um Sebastian abzukommandieren, mache ich Telefon und auch AB 
aus. Irgend ein „Unbekannt“ ruft täglich an und ich geh nicht ran, zudem 
hinterlässt die Pappnase keine Nachricht. Und ich will und brauche meine Ruhe um 
mich auf mich besinnen zu können. Es 
dämmert und wird Zeit, mich allmählich ins Chaos zu stürzen. Hoffentlich geht 
alles gut mit dem Transportschein sonst kann ich die 40km nach Oberwart laufen. 
Haha! Und unterwegs den „Laufclub der Versehrten“ gründen.
10:00
          Eine schweigsame Fahrt mit dem Krankenwagen. Ich dachte so sehr 
          darüber nach, ob ich versuchen sollte ein Gespräch zu beginnen, dass 
          ich das Gespräch wenn man so will eigentlich bereits im Kopf führte. 
          Ich merkte zusehends dass ich darauf keine Lust habe, mir die Kraft 
          fehlt, so verkroch ich mich wieder schweigend unter meinen Kopfhörern. 
          Diese Dinger können zu Lebensrettern werden. Allein als ich im 12m² 
          Warteraum meines Hausarztes irgendwo meinen Platz im Menschenpulk 
          gefunden hatte, und alles hustete und rotzte, ließ mich meine Musik 
          die Zeit und die beengende Umgebung vergessen und auch dass der Mann 
          vor mir sich zum Husten extra umdrehte. So verschonte er seinen 
          Vormann, aber schleuderte mir alles direkt entgegen. Lecker. Schwester 
          Elisabeth sagt zum Rettungsmann: „Bei ihr weiß man nie wie lange das 
          dauern kann…“, und: „Gestern erst, pfoah!“. Ich sank auf meinen Stuhl, 
          warf den MP3-Player wieder an und versank in mich selbst bis ich mit 
          dem Oberkörper schon fast auf meinem eigenen Schoß lag. Als die Musik 
          von Korn zu einem lauffreundlichen Technostück wechselte, begann die 
          Frau neben mir auf dem nächsten Stuhl im Takt des Basses mit dem Fuß 
          zu wippen. Ich musste schmunzeln, obwohl mir gar nicht danach war, wie 
          man auch als Nichteingeweihte an meiner zitternden Hand erkennen 
          konnte. Dann wurde die Flasche endlich nach gut 25 Minuten 
          angeschlossen von einem jungen Arzt, der mich mit den Worten: „16 
          Stiche ist der Rekord?“, begrüßte. „Hat sich das schon 
          herumgesprochen?“; ich fühlte mich sogleich zu Hause. „Es ist für uns 
          Ärzte auch sehr, sehr frustrierend..“.  Worauf ich mit meinen „Es tut 
          mir wirklich ehrlich leid“ und „Ich bin eine Zumutung!“ konterte. Nach 
          einer Spülung hing das gute Stück und ich verabschiedete mich in 
          weiser Voraussicht erstmal nur vorläufig. Dann fiel mir noch die 
          Tasche beim Einparken in die Kinderecke runter und ich konnte es mir 
          nicht verkneifen ein paar ausgelesen Flüche durch den Flur zu zischen. 
          Doch wie man sieht, HansPeter läuft noch. Tropfen lassen und 
          weiterwarten.
Der Flur leert sich, um sich sogleich wieder mit Patienten zu füllen. Momentaufnahme mit Bleistift zu Papier bringen. Kritzeln ums Überleben. Gelungen und deswegen deprimierend. Die Musik füllt mich aus, kein Platz mehr für Worte. Gelebtes und verinnerlichtes Schweigen.
          
11:45
          Über 1 ½ Stunden für die Infusion und nun noch etwa eine halbe 
          Stunde auf die Rettung warten. Solange der Akku das noch packt, ist es 
          ja in Ordnung. Ich fühle tiefe Stille in mir, meine Wangen sind 
          errötet und eigentlich ist mir nicht nach Denken. Dem Venflon wurde 
          noch eine dritte Chance gewährt, dieser wurde ordnungsgemäß mit einer 
          Spülung reisefertig gemacht. Mal sehen ob er noch einen Tag, noch 
          einen Lauf und vor allem noch eine Nacht überlebt. Fühle mich umsorgt 
          und doch überflüssig. Wie ein Schatten auf der pfirsichfarbenen Bank, 
          der nicht sein müsste. Wie ein Schandfleck, wie eine detonierte Bombe, 
          auf Bank und Tisch liegt alles voll mit meinem Krempel. Hab Spuren 
          hinterlassen in Form von Krümeln unter dem Tisch. Überflüssig. Als ich 
          vorhin zitternd und zusammengekauert auf dem Stuhl ausharrte, wünschte 
          ich mir nichts sehnlicher als meine Klinge. Nun wieder. Meine 
          „Pflicht“ ist getan, warum mich noch länger zusammenreißen? Sollte 
          auch ich damit anfangen mein Werkzeug überall mithin zu schleppen um 
          gewappnet zu sein? Jetzt aufs Klo zu verschwinden um das belastende 
          Gefühl des „wieder Wartens“ abzuschlachten und mich mit absoluter 
          Stille wieder in die Gesellschaft eingliedern? Eine tröstende 
          Vorstellung. 13% Akkuleistung, ob das noch ausreicht?
          Spätnachmittag
          Da denkt man, man lebt in der Pampa und der plötzliche Einfall 
          meines Körpers austreten zu wollen, sollte mit einem kleinen Umweg 
          durchs Grüne kein Problem sein. Denkste! Sitzt da so ein Jägerarsch 
          mit seiner Flinte in seinem Hochsitz und mir bleibt nicht mal die 
          kleinste Hecke unbeobachtet. Beinahe wäre es erneut zu einer 
          Katastrophe gekommen, zum Glück hab ich’s diesmal noch rechtzeitig 
          nach Hause geschafft. Ich HASSE Jäger! Dennoch, der Lauf war schön und 
          ich bin unendlich dankbar mal einen Schub zu haben, der nicht die 
          Beine in Mitleidenschaft zieht. Auf Sparflamme und doch voller Energie 
          durchs Abendlicht, mit Augenklappe, zerschnittenen Armen und Venflon 
          am rechten Handrücken. Wahrlich, es wird Zeit für den „Laufclub der 
          Versehrten“ in Kombination mit „Die Jägerhasser“.
          Nacht
          Ich bin tot
26. Januar, Samstagvormittag
Schweigend auf dem Sofa hocken. „Kommst du zu mir unter die 
Decke?“. Kopfschütteln. Der Film ist an diesem Punkt der Therapie unerträglich. 
Ich flüchte. Angeblich ins Bett, doch eigentlich zu meiner neuen Klinge. Dreimal 
insgesamt, wenn es denn genau interessiert. Nach dem dritten Mal sickert so viel 
Blut durch den Verband, sodass es an der Oberfläche zu gerinnen beginnt. Der 
Anblick betört, bringt mich durcheinander um mich letztendlich zusammenbrechen 
zu lassen. Weinend, flehend, flüsternd halbnackt vorm offenen Fenster stehen. 
Wie von Sinnen mit meinen Fäusten auf meinen Kopf einschlagen: „Hör auf! Hör 
auf! Hör auf!“. Die Atemfrequenz steigt bis ich beinahe hyperventiliere und sinkt 
erst wieder als ich den Verband vom Arm ziehe um die tiefen Schnitte erneut 
auseinander zu reißen. Ertrinke in meinen Tränen und der einzig klare Gedanke 
den ich zu fassen im Stande bin ist, dass zwei Monate zwischen zwei 
Stoßtherapien einfach zu kurz sind. Und nachträglich das Gefühl, wieder 
gescheitert zu sein. Als ich um 7 wieder im Bad am Waschbecken stehe und mir 
dessen bewusst werde, schlitze ich meine Handbeuge wieder auf und bestrafe mich 
selbst dafür, weil ich Situationen wie diese gestern nicht einfach nutze, um 
mich aus dem Weg zu räumen. Und die blöde Kuh steht immer noch und kämpft 
und kämpft. Für was bzw. um was? Ja, warum nur.
Dann abgeladen in diesem schrecklichen Aufenthaltsraum, der doch früher das 
„Sterbesammelzimmer“ war, und warte und warte. Zusammenbrechend, massiv zitternd, 
mit toter Miene. Irgendwann eine junge Ärztin, die versucht die Infusion in Gang 
zu bringen, doch der Venflon ist hinüber. „Da brauchen wir einen Neuen…“, ein 
kurzer Blick unter meinen Ärmel und dann: „Mir wäre lieber, wir machen das nicht 
hier.“. Mir auch. Andere Patienten im Raum und eine große Glasfront zum Flur 
hinaus mit direktem Blick zum Aufnahmepult, wo reges Treiben herrscht. Ab in die 
Ambulanz in eins der Behandlungszimmer. Sie stellt ein paar Fragen, ich erzähle 
zu viel und fühle mich nun schäbig, weil ich sie in meinen Sumpf hineingezogen 
habe und sie zu einer Mitwisserin meines Lebensüberdrusses gemacht habe. 
Scheiße! Du bist SO UNENDLICH SCHEISSE!

Spätnachmittag
 

Einäugig läuft es sich auch irgendwie nur halb.
Abend
Leidiges Thema: Entwässerung. Die Kartoffeln schmecken 
beschissen, der Sauerrahm erst recht. Jetzt ist mir schlecht und ich werde mich 
wohl an die ungesunden Sachen halten. Fett und hässlich bin ich ohnehin, mein 
Gesicht wieder leicht aufgedunsen. Lebende Wasserleiche, die längst tot sein 
müsste. Der Venflon schmerzt immer noch. Schwester Bianca (wie verwirrend) 
wollte mich befreien von dem Mistding, doch da sprang die junge Ärztin in die 
Presche und verhinderte es mit einem entsetzten: „Nein! Der bleibt drin!!“. 
Meine Schlussfolgerung darauf: „Ah, ich sehe, sie haben morgen Dienst…“. 
Bejahendes Grinsen ihrerseits. Und wieder frage ich mich, wo Ärzte ihre „Ach, an 
der Position tut es immer etwas weh! Das ist normal.“ –Floskeln herhaben. 
Sicherlich nicht aus einem vom Leben vorgegeben Erfahrungsschatz. Ich mag 
Schmerzen, aber nicht diese Sorte, die zu dem keinen Sinn zu machen scheint. Und 
wenn er morgen nicht funktioniert und der Mist sich wieder unter der Haut staut, 
dann weiß ich, dass ich Recht hatte. Wieder. Um auch den Entwicklungsstatus der 
Therapie am Rande zu erwähnen: Wie immer unter Kortison sind die Augen stark 
getrübt, in Mitleidenschaft gezogen und diesmal hat sich das Thema Doppelbilder 
nicht wie beim letzten Mal nach drei Tagen Therapie gelegt. Eigentlich wird es 
eher wieder schlimmer.

Vor mich hinschielen wie ein treudoofes Meerschweinchen. Geschmacksinn verlieren, Haltung verlieren, Fassung verlieren. Was übrig bleibt bin Ich, authentisch und ungeschönt. Mich an den Anblick der langen, tiefen Schnitte klammern um so etwas wie Trost zu erheischen. Weiß nicht, wie der Abend verlaufen wird. Weiß nur, dass ich außer Musik nichts ertrage. Und irgendwie habe ich auch nichts mehr zu sagen. Doch die Bilder sprechen ohnehin für sich.
27. Januar, Sonntag 7:30
Ein sich krümmender Magen, ein ungesund süßlicher Geschmack im Mund und die 
Augen haben sich immer noch nicht gebessert. Schwarzlila Striche auf der Haut 
und doch nur Kinderkacke. Mit jeder Klingenseite die ich verbrauche, hab ich 
mich noch mehr von meinem Ziel entfernt. „Wie oft denn noch versuchen?“. Mutiere 
dank Kortison wieder zum Ekelpaket, gereizt und unausstehlich, weil ich selbst 
nichts ertrage. Bin widerlich, weil alles um mich rum und vor allem in mir 
widerlich ist. Sollte ich mich allmählich daran gewöhnen, dass die Therapie 
nicht mehr wie früher sofort anschlägt? Nachts war wieder diese Angst da, dass 
sie diesmal überhaupt nichts bewirkt, die Angst davor, dass sich der Zustand nun 
manifestiert und bleibt. Was ist fataler für mich? Die Augen oder die Beine? 
Muss ich mich denn entscheiden? Du bist so hässlich!, zischt es 
unentwegt durch meinen Schädel. Schielende Kortisonfresse! Warum nett zu mir sein? Sebastian liegt noch im Bett und ich 
bin zu unentschlossen und auch irgendwie zu antriebslos etwas zu unternehmen. 
Und das, was sich mir heute unter dem Verband präsentierte, ist eigentlich auch 
nur peinlich. Da könnte man gleich fragen, ob ich hingefallen bin. Sind es 
Schnitte oder eher peinliche Schürfwunden? Und mich dann heute wieder im 
Aufenthaltsraum abstellen, an die Decke glotzen um all die ruhelosen Seelen die 
da kleben, zu zählen und mich wie schon gestern alle 10 Minuten von einer im 
Rollstuhl an den Tisch geparkten Oma ansprechen zu lassen, die ich nicht 
verstehe, ich nicht adäquat zu reagieren weiß, es eigentlich auch nicht will 
noch kann und mich so noch schuldiger und beschissener fühle. Die Ärmel meines 
Hemdes bedecken nur ein Drittel meiner Unterarme. Weste oder saubere 
Verbandsstrümpfe? „Kortison 
hat eine Gemütserhellende Wirkung!“. Wer hat diesen Scheiß verzapft? Teils hatte 
ich das Gefühl, dieser Satz wurde als Vorwurf missbraucht um mir vorzuhalten, 
ich würde es doch genau aus dem Grund unbedingt haben wollen und nicht der 
Beschwerden wegen. Erhellt? Wer? Ich? Wann? Kortison wirkt 
persönlichkeitsverändernd, sonst nichts, und da ich nun mal nicht zur „HappyHippo-Fraktion“ 
gehöre, ist diese Veränderung auch alles andere als erhellend. Wie schon gesagt, 
nur Puderzucker auf einem klebrigen Stück Schokolade. Süß, zu süß. 
Bittersüß. Fast zärtlich über meine Blessuren streichen. Oh Wehmut, sie tun 
nicht mehr weh!
Nach 11 Uhr
Ich stapfte die Einfahrt runter und der Rettungswagen 
machte eine Kehrtwendung in unsrer Einfahrt und fuhr mir vor der Nase davon. 
Wieder warten, wann bzw. ob er wieder zurückkommt. 4 Minuten im Wind stehen, zum 
Glück war das Fahrzeug nur mit dem Fahrer besetzt, so waren alle unnötigen 
Gespräche hinfällig. Ich war so wütend und auch enttäuscht von mir selbst, dass 
ich mich nicht aufgeschlitzt habe. Wieder war da der Gedanke, die Klinge in der 
Tasche zu verstauen. Ich beließ es bei dem Plan, die langen Furchen 
aufzukratzen, wenn es unerträglich werden sollte.
11:20 und die Infusion läuft tatsächlich noch. Die Worte sterben, ich fühle mich tot und will nicht mehr, nicht schon wieder. „Wieder“, immer diese „wieder“. Kotzt du dich selbst nicht allmählich gewaltig an?
Vor mir auf dem Tisch stehen mittlerweile zwei Tabletts mit jeweils vier Schüsseln in denen diverse Sorten Brei vor sich hinziehen. Das eine Tablett ist total voll gekleckert, es wurde gefüttert und aus dem Raum, aus dem die Essensreste stammen, wurde vorhin ein leeres Bett geschoben und ein liegender, alter Patient wieder hinein verfrachtet. Wie deprimierend. Auf der Bank wie ein nasser Sack hängen, über meinen Skizzenblock gebeugt und alles was ich sehe ist eine sich krümmende Frauengestalt in einer dunklen Schachtel. Der Zugang schmerzt, der pulsierende Schmerz zieht sich allmählich den Unterarm hoch. Ich bin so müde, kann es nicht ertragen, will wegrennen, den Schlauch aus meiner Haut reißen und fliehen. Der Essensgeruch hängt so schwer im Flur, mir ist ohnehin schon speiübel und der Anblick der beiden Tabletts macht es auch nicht unbedingt angenehmer. Und eigentlich weiß ich doch nicht was ich will. Der Gedanke ans Laufen, der mir eigentlich immer noch eine klitzekleine Tagesperspektive geliefert hat, ist tot. Ich kann nicht ans Laufen denken, ich will gar nichts. Mir ist alles so scheiß egal. Ich wünschte nur, jemand würde endlich die Essensreste entfernen. Und als hätte man mich erhört kommt eine Schwester mit dem Essenstrolli angefahren. Ich möchte etwas ausdrücken, doch ich kann nicht. Nicht mal in Worten.
Es tropft und tropft und mich beschleicht erneut das Gefühl, dass das alles nicht echt ist, ich gar nicht hier sein dürfte und es vielleicht auch gar nicht bin. Hier, mit diesem pulsierenden Schmerz der mir den Mageninhalt hoch holt, in diesem schrecklichen Flur mit der vollkommen abstrus wirkenden Faschingsdekoration an den Wänden. Diese geheuchelte Lustigkeit ist irgendwie pervers. Um mein Leben zittern, auf dass die Zeit vergehen möge. Doch wozu? Zu Hause ist es nicht anders als hier, genau so unerträglich, dasselbe Gefängnis, denn ich bin mein eigener Kerker. Ja, ja, stimmungsaufhellend…

Abend
Bin durcheinander, hab Hunger und kann doch nichts essen. Eine riesige 
Schüssel Obstsalat zubereiten um sie dann zu verschmähen. Die letzten beiden 
Scheiben Toastbrot aus der hintersten Ecke des Gefrierschranks bergen und 
toasten. Ekel, einfach nur Ekel. „Schauen sie mal nach links.“, kommandierte 
meine zuständige Neurologin als ich mich am Pult zum Abhängen der Infusion 
einfand: „Na, das sieht doch schon viel besser aus!“. Und sie warf der jungen 
Ärztin von gestern ein „Das Auge blieb letztens noch stecken“ zu. Irgendwie 
beruhigte mich das, doch einen Unterschied kann ich kaum bemerken. Um halb drei 
war ich zu Hause und der restliche Tag blubberte so vor sich hin, ohne 
großartige Ausschläge zu machen. Schlitz dich auf! Warum sitze ich 
immer noch hier? Warum mich verletzen, habe ich einen Grund? Die Hand 
zittert! Nichts 
ist in Ordnung, ich weiß es. Doch ich versuche gegen das Chaos im Chaos 
anzukämpfen. Kämpfen; pah! Aussitzen, phlegmatisch dahindümpeln. Irgendwie ist 
da Nichts und irgendwie doch die Sehnsucht nach einem massiven Einschnitt, der 
wenigstens für einen Augenblick den Fokus von der Krankheit nimmt. Zurück zu 
mir, zu meinen Ängsten, meiner Trauer und meinen Schmerzen tief in der 
schwarzen, verkümmerten Seele.
28. Januar, Montag 4:30
Mit einem schweigsamen „Ich geh ins Bett“ und dem 
Heizstrahler unterm Arm, verschwand ich im Bad. So viel Blut, wie unser 
Waschbecken in den letzten Monaten schlucken musste, bekommt kein andres 
handelsübliches Badezimmerwaschbecken in seinem ganzen Waschbeckendasein zu 
Gesicht. Zwei flächendeckende Ausraster, nicht tief, aber sie brannten stark und 
betäubten alles, was noch an Chaos da war. Und als die Stille nachließ und ich 
immer noch allein im Schlafzimmer war, kratzte ich wie besessen die Wunden auf, 
prügelte auf den Arm ein bis der Schmerz allumfassend war. Zarter Eisengeruch in 
der kalten Luft, die rechte Hand blutbesudelt und am Zittern. Ich konnte nicht 
einschlafen und dann um dreiviertel 3 war ich schon wieder wach. Trotz Sturm, 
dieser scheiß Gockel ist nicht zu überhören und irgendwann hetze ich ihm die 
Fuchsbande aufs Gefieder oder dreh ihm höchstpersönlich die Gurgel um. Von da 
drüben auf der andren Hügelkette kommt nichts Gutes: Nur Nachtschichthähne, 
Jäger, lautstark quietschende Mütter und schreiende Hunde…
Noch drei Stunden bis ich meinen letzten Gang nach Kanossa antreten darf; graut 
mir doch mittlerweile allein schon von der einstündigen Fahrt hin und dann 
wieder zurück. Stilles und unbemerktes Kopfschütteln, was bleibt mir sonst? Die 
Blessuren sind nicht blutunterlaufen, fühle mich schäbig und feige. „Dem Anlass 
nicht gebührend!“. Noch mal? Sebastian bezeichnete zutiefst erschüttert das 
stillschweigende Wegsehen der Ärzte als Armutszeugnis und fatal. Doch was sollen 
sie tun? Klar, auf Sprüche wie: „Was ist denn da passiert?“, kann ich wahrlich 
verzichten. Dennoch. Mit mir hadern, auch in Anbetracht der noch abzusitzenden 
Zeit die vor mir liegt, ob das leichte Brennen reicht oder nicht. Und die Zeit 
und das Warten beginnen mich erneut aufzufressen.
Nein, es macht keinen Sinn und der Gedanke, auf einen passenden Moment zu warten, in Ruhe und Stille, scheint tröstlicher als mich jetzt aus Langeweile heraus zu massakrieren. Und wenn aus dem Warten Spannung wird?

6:30
Gefällst du dir in der Rolle des selbstvernichtenden Monsters? Ja! Hab ich es anders verdient? Ich glaube nicht. Wo kommt all der 
Selbsthass her? Zu viel Zeit, zu durcheinander und untragbare 
Stimmungsschwankungen, um alles um mich rum mitzuvergiften. Müll! Wie stinkender, 
zäher Teer fließen die Worte aus meinem Munde und ich merke, was ich anrichte, 
doch kann es nicht beeinflussen. Unter Kortison bin ich wohl doch Borderliner. 
Vielleicht bin das tatsächlich ich: Ungezügelt, unkontrolliert, voller Jähzorn, 
Hass und Verzweiflung, einen Hieb nach den andren austeilend, ohne eine 
Retourkutsche zu kassieren, weil ich mich rechtzeitig selbst dafür bestrafe und 
mich fertig mache und meinem Gegenüber somit die Schmutzarbeit abnehme. 
Sebastian hustet drüben im Schlafzimmer und ich wünschte, er wäre nicht hier. 
Plötzlich scheint es kein Fenster mehr zu geben, aus dem ich türmen könnte, 
keine Zeit mehr, mich gegen die Selbstkontrolle zu entscheiden. Scheiß 
Puppenfresse! Zittern muss reichen und die Tasse scheppert auf dem 
Untersetzter in meinen Händen. So eine kaputte Persönlichkeit… Doch keiner sieht 
es. Und sie wird wieder funktionieren, sich eingliedern in dieses 
verlogene Spiel! Was tun? Die Ärmel hochkrempeln, mit offenen Karten 
spielen und die Illusion von einer witzigen, jungen Frau mitten im Leben 
klirrend zu Bruch gehen lassen? „Ja! Seht her!!!“. Abschreckend wirken, um in 
Ruhe gelassen zu werden? Alles im Keim ersticken. Was willst du???? Zu 
lange in diesem Körper, befreit von jugendlicher Infantilität und zu alt, um mit 
meinen Verletzungen wie früher umzugehen. Da ist kein weltfremdes Gefühl mehr, 
keine Mystifizierung, kein Verbergen oder gar Scham. Wer hat jemals behauptet, 
dass die Realität schön ist? Bezaubernde Dinge gehören ins Märchenland!
8:20
Ein intensives und interessantes Gespräch mit dem 
Praktikanten hinten im Rettungswagen führen. Erst über lästige Nachbarshunde und 
Hähne und dann über Musik. Dann angekommen. Am Klo das Toilettenpapier 
nachfüllen, als würde ich hier wohnen. Vielleicht tu ich das mittlerweile auch 
schon. Vor ein paar Sekunden war der Flur noch leer, jetzt ist er wieder gut 
bestückt und ich verkrieche mich unter meinen Kopfhörern und hinter HansPeter in 
der Kinderecke. Ich fühle nach: Nichts. Außer ein leichtes Brennen unter dem 
neuen, noch blütenweißen Verbandsstrumpf. Warten, warten, warten…
Um 9 hing die Flasche, unter dem Verband zeichnet sich allmählich ein roter Fleck auf der Haut ab. Zeit, dass die Leitung rauskommt. Will nur noch weg, raus. Ein wenig kritzeln, mehr weiß ich auch schon nicht mehr mit mir anzufangen. Dabei ist mit noch mindestens einer dreiviertel Stunde zu rechnen. Wie lange hält es an, wann bin ich wieder da und darf mir auf die Schulter klopfen um mir zum 26. Schub zu gratulieren? Ich bin es leid… Und das schimpft sich Leben?

Nachmittag
Ich fühle mich wertlos, wie weggeworfen. In einer nicht 
vorhandenen Situation abgestellt, haltlos, leblos und ohne Bezug zu irgendetwas. 
Sitze zwar bereits in Laufklamotten auf dem Sofa und warte wieder, dass die Zeit 
vergeht. Aber sonst ist da nichts, alles ist sinnlos, farblos, ich bin leblos.
Abend
Beim Lauf konnte ich meinen Körper nicht mehr spüren. Alles 
war wattig taub. So lief es sich eigentlich auch schon wieder ziemlich 
problemlos und geschmeidig. Die massiven Muskel- und Knieschmerzen setzten erst 
ein, als die Bewegung stoppte. Ich hasste mich bereits nach dem Mittagessen und 
nun nach dem Abendessen erst recht, da es erneut die falsche Wahl war und ich 
nicht satt sondern lediglich angeekelt bin. Hass, Hass, Hass! Fettes 
Schwein!!! Ertrage mich nicht, ertrage meine Umwelt nicht, musste 
Geschirrspülen und nun sehe ich nach dieser klitzekleinen Anstrengung so gut wie 
gar nichts mehr. Ich wünschte, ich würde umkippen und endlich schlafen. Ich 
wünschte, jemand würde eine Waffe auf mich richten und mich vor die Wahl 
stellen. Wie schon letztens beim Jäger, dem ich im Vorbeilaufen ein „Schieß 
doch!“ zuzischte, da nur seine Flinte und sein Hut im Hochsitz zu erkennen waren. 
Ich kann nicht mehr und komme doch wieder nicht zu Ruhe. Wohin mit mir???
29. Januar, Dienstagmittag
Als ich um 4 durch das grausige Gekreisch im Graben wieder 
wach wurde und Richtung Bad torkelte, sank ich mit einem tiefen Seufzer aufs Klo 
und dachte nur noch: „Es ist vorbei!“. Wieder ins Bett und endlich wieder 
weiterschlafen. Der Tag begann sehr langsam, bin wieder wie ausgebremst und 
bewege mich nur in Zeitlupe voran. Egal, ich habe dennoch viel geschafft, den 
Vormittag mit Putzen und Räumen zugebracht. Und irgendwie kam ich mir dabei wie 
eine vorprogrammierte Maschine vor, weil ich nach einer Therapie immer dasselbe 
tue. Wie schon das letzte Mal stand ich auch gestern Abend im Supermarkt 
vollkommen orientierungslos zwischen den Regalen rum um den klassischen 
Therapieabschlusseinkauf zu tätigen. Ich kam nicht voran, weil ich wusste, dass 
ich den Laden verlassen würde ohne das gefunden zu haben, wonach mir war. Und 
hätte ich irgendetwas genommen, wäre es das falsche gewesen und hätte mich nur 
unglücklich gemacht. So dauerte es eine Ewigkeit und ich ging mit leeren Händen 
und einer unerträglichen Unzufriedenheit. Und heute musste ich die Bettwäsche 
abziehen, wie nach jeder Therapie, weil ich den Geruch nicht ertragen konnte. 
Und musste Putzen, weil ich auch das nicht mehr ertrug.
Die Schnitte jucken denn sie heilen. Auch das ist unerträglich.
Abend
Kaum ist das Telefon zumindest per Anrufbeantworter wieder 
zu erreichen, geht der Terror wieder los. Erst war mir alles egal, jetzt fühle 
ich mich gestresst, gefordert, zu schwach dafür und möchte mich erneut nur noch 
aufschlitzen.
Bin ich schlecht?
30. Januar, 
Mittwochvormittag
1:44 Uhr, die Sirene ertönt dreimal und schallt unheimlich in den Graben 
hinein. Nach 7 schon wieder aufstehen, zu viel ist zu erledigen. Einen Termin 
für ein neues MRT besorgen, mich mit kochendem Wasser übergießen, drei Mal 
umziehen, heiß, kalt, heiß. Fühle mich unwohl, schäbig, der Lebensberechtigung 
beraubt. Verstehe die Welt um mich rum nicht mehr, alles verzerrt sich. Hab mir 
so meine Gedanken gemacht, wie die Sitzung heute ablaufen soll, doch nun bin ich 
mir nicht mehr sicher, bin eigentlich nur noch verunsichert, komme mir 
unwahrscheinlich albern und peinlich vor. In mir keimt die Befürchtung auf, man 
könne mich auslachen. Wieso auch immer. Zudem sehe ich total scheiße aus, 
Kortison sei Dank. Scheiß Hitzewallungen! Irgendwie scheinen die Worte wichtig 
und irgendwie will ich sie gleich wieder löschen, da sie doch überflüssig sind. 
Habe nichts zu sagen, nichts auszudrücken. Weiß nicht wer ich bin, wieso ich 
bin. Und es erscheint eine Anmaßung überhaupt bei der Therapie anzutanzen. 
DU BIST UNWICHTIG!!! Lebe ich? Ich kann nichts fühlen. Und alles 
was in den letzten Tagen so unendlich wichtig war, erwähnenswert für die 
Sitzung, ist nun wertlos. Schrott, Müll, Dreck! Es ist egal. Als sei es mir nie 
schlecht gegangen. Wieso auch, es hat ja keine Spuren hinterlassen. Allein wenn 
ich den zusammenhangslosen Kauderwelsch betrachte, komm ich mir noch 
bescheuerter vor. Da ist keine Linie, kein Bezug zu etwas. Ich bin nicht. 
Gequirlte Kacke; ich sollte wahrlich noch im Bett liegen.
Ich schwitze obwohl das Fenster im Rücken geöffnet ist.  
Ich suche nach etwas, doch da ist nichts. Ich wage es nicht das große Pflaster 
abzureißen. Was, wenn die Wunden zu mickrig sind? Wieder eine Klinge vergeudet 
für NICHTS. Ich suche weiter. Nach irgendeiner Emotion. Irgendetwas. Wut, Hass, 
Trauer. Aber nichts. Nicht leben noch sterben.
Nachmittag
Strukturloses Vokabeln Ausspucken. Richtungswechsel in der Therapie, den 
Hauptfokus vom „Hier und Jetzt“ auf die Vergangenheit umlenken. Auf der Suche 
nach „meinem bösen Gespenst“. Ob ich das eventuelle Auftauchen einer verdrängten 
Geschichte verkraften würde? Was soll man in dem Chaos noch chaotischer machen? 
Doch da wird nichts sein und die Angst, mich zu verrennen ist übermäßig groß. 
Wünschte ich mittlerweile doch, es gäbe dieses Gespenst und hätte somit meinen 
Erzfeind gefunden. Zu Hause wieder das Gefühl, sterben zu wollen, unbedingt ein 
Ende finden zu müssen. STIRB!! Schweigende 
Verabschiedung nach Sebastians Mittagspause. Spannungszustände, innerlich 
ausgefochtene Kämpfe, hadern und massives Zittern. Kurz blitzte wieder die Idee 
auf mich mit einer weiteren Überdosis abzuschießen. Wie nett, denn genauso gut 
hätte ich mich auch umbringen können. Was wäre ich ohne mein Laufen? Tot. Haha. 
4 Kilometer durch den kalten Wind. Bezug zur Umwelt und den Boden unter meinen 
Füßen wieder erahnen können. Wieder zurück kamen die Tränen. Ich weiß nicht 
woher. Und nun ist da wieder nichts. Meine Hände sind stark angeschwollen und 
ich fühle mich fett und unglaublich hässlich. 
31. Januar, 
Donnerstagvormittag
Tagesplanung, Struktur erfinden und wie gelähmt beim 
erneuten Zusammenfall zusehen. Die Frage nach dem „Wann gehe ich laufen?“ reicht 
aus, um mir den Tag schon im Voraus zu versauen. Gehe ich jetzt, habe ich das 
gute Gefühl mein Tagessoll erfüllt zu haben. Doch die Nachmittage sind lang. 
Hebe ich es auf, wird mich die Unruhe bis dahin auffressen. Egal, wie ich’s auch 
dreh und wende, ich bin zum Scheitern verdammt. Es ist ein grauer Tag, 
nichtsdestotrotz proben die Meisen in den Jungerlen den Frühling. Das gehortete 
Wasser spuckt mein Körper im Moment über Schweißausbrüche wieder aus, was sich 
elend anfühlt. Ich habe irgendwie das Bedürfnis mich auf die Suche nach mir 
selbst zu begeben. Mit Skizzenblock, Bleistift und schweigsamer Stille. 
Vielleicht sollte ich doch erst laufen gehen…
Nachmittag
Beim Lauf begann mein Magen sich selbst zu verdauen und als 
ich dann im Supermarkt mit den Vollkornbrötchen an der Kasse stand, waren meine 
Hände blutrot und massiv angeschwollen. Ich legte die 1,20€ aufs Laufband, da es 
mir unter diesen Umständen schwer fiel die mickrigen Münzen zu halten. Ich 
fühlte mich ohnehin schon schrecklich unwohl, meine Sachen stanken für meinen 
Geschmack wie Sau, das Wasser lief mein Gesicht runter, das gerade Stehen fiel 
mir schwer und dann der Hinweis, niemals Münzen aufs Laufband zu legen. 
Plötzlich krachte ich zusammen, wurde ganz klein, fast unsichtbar und fühlte 
mich unendlich scheiße. Eine „Rüge“ in einem instabilen Gefüge, wie ein Stein 
ins Glashaus geschleudert. Verunsicherung, mir albern vorkommen und erneut der 
Lebensberechtigung entzogen. Wie albern das auch klingen mag, doch dieses Gefühl 
ist immer noch präsent. Stehe wieder vorm Spiegel und suche nach mir. Doch ich 
finde mich nicht, nur einen elendigen kleinen Haufen Dreck. Wertlos und 
hässlich.
Und noch bevor ich nach Jennersdorf fuhr, stand meine Mutter vor der Tür. Mit beinahe schuldbewusst gesenktem Haupt, da sie meine „Auszeit“ wieder nicht respektiert. Es war aber irgendwie auch egal, die Kortisonstimmung ohnehin am Ausschwitzen und sie tat mir leid. Es gibt nur entweder Ekel oder Mitleid und die Angst vor ihrem Tod. Wo letzteres herrührt lässt sich noch relativ einfach erklären, aber das Ekelgefühl? Ich wollte etwas versuchen, mich suchen, doch im Moment stecke ich wie eigentlich immer in dieser Langeweile fest und kann den Antrieb nicht finden. Gelähmt. Möchte mich selbst irgendeinem starken Reiz aussetzen, um in mich fallen zu können. Auch wenn das der falsche Weg sei, wie meine Therapeutin gestern zu Bedenken gab. Aber Bezug zu meiner Umwelt hab ich ohnehin nicht mehr. Nichts außer befremdlichen Eindrücken und Dejavues am laufenden Band. Mich aufschlitzen? Nicht massiv genug weil zu feige. Nach draußen gehen? Sinnlos. Mein altes Tagebuch lesen? Ich versuche schon krampfhaft mich zu erinnern, an irgendetwas. Aber alles scheint ausradiert, ich scheine ohne Vergangenheit, gefangen in diesem sich täglich wiederholenden Trauerspiel.

Abend
Anruf von der Apotheke. Nun stimmt schon wieder was mit den 
Rezepten fürs Kortison nicht. Und ich denke zurecht: „JEDESMAL die selbe 
SCHEISSE!!“, und: „Warum kann es nicht EINMAL glatt laufen???“. Es setzt mich 
unter Druck, rein in absoluten Stress. Aufschlitzen, kein Zweifel mehr. Zudem 
mein rechtes Bein taub. Danke.
Mich durchs Tagebuch kämpfen. 
Angewidert von soviel „Himmelhochjauchzend“ und „Zu Tode betrübt“, angeekelt und 
peinlichst berührt von derart jugendlicher Dummheit. Doch irgendwann wurde die 
Tinte Schwarz, die Worte klarer und deren Sinn undurchsichtiger. Irgendwann 
entstand das Gefühl missbraucht zu werden, zugleich die fixe Idee bereits 
missbraucht worden zu sein. War es die einzig logische Erklärung, die ich damals 
finden konnte? Die einzige Möglichkeit, mein Verhalten und das gelebte 
Gefühlschaos zu interpretieren? Missbraucht, vom eigenen Körper und dessen 
Bedürfnissen. Die Sexualität (damals noch zu jung um Schlagseiten zu haben) das 
Feindbild und auch der Vergewaltiger. In den früheren Texten erschließt sich mir 
die Angst noch nicht. Doch dann kristallisiert sie sich Eintrag um Eintrag 
klarer heraus und ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, was ich von mir 
selbst halten soll. Einbildung oder fehlgeleitete Erklärung? Die 
Vernachlässigungen, die Missachtungen; all das ist ein Ansatz. Doch warum krümmt 
sich mein Körper bei dem Gedanken an Körperlichkeit? Liegt es nur daran, dass 
ich ihn verabscheue? Es mich anwidert, ihn zu benutzen? Ist es diese Geschichte, 
die mir erzählt wurde, an die ich mich aber nicht erinnern kann und bei der es 
unklar ist, welchen Verlauf sie nahm?
Ich sehe nun nichts klarer, eigentlich bin ich noch verwirrter als zuvor. Bis 
auf diverse Stimmungstiefs schien doch alles in Ordnung. Was hat dich so 
ruiniert? Und die immer wiederkehrende Aussage: „Ich habe Angst, dass ich 
etwas weiß!“. Die Frage stelle ich mir seit langem eigentlich nicht mehr. Meine 
Ratio sagt, dass da nichts ist. Mein Erinnerungsvermögen pflichtet ihr bei. 
Einbildung. Billige und einfache Erklärungsversuche. Das Thema 
Geschlechtlichkeit wird einfach ausgeklammert, umgangen und wenn es nicht länger 
geht, stillschweigend durchlitten. Seien es Zärtlichkeiten, seien es 
Frauenarztbesuche. Doch wenn ich mir solche Situationen ins Gedächtnis rufe, 
zieht sich in mir alles zusammen und ein grausiger Ekelschauer läuft meinen 
Rücken hinab. Ich will das nicht!! Und 
die Panik, dass es im Laufe der Zeit zu einer fixen Idee wurde und ich einfach 
nicht mehr zwischen Trugbild und ernstzunehmender Ahnung unterscheiden kann, 
bestraft mich hart. Was ist schon echt? Es sollte mir eigentlich ohnehin schwer 
fallen, Hysterien dieser Art ernst zu nehmen. Nehme ich mich doch für gewöhnlich 
selbst nie ernst. Bin es nicht wert. Fast möchte ich mir selbst unterstellen, 
ich bräuchte auch einen massiven Grund der rechtfertigt, dass ich bin wie ich 
bin. Auf der Suche nach einer Ausrede, einem Totschlagargument? DU BIST SO 
SCHEISSE!!!
1. Februar, Freitagvormittag
Man konnte nur noch einen weißen Plüscharsch zu Boden plumpsen sehen… Unsre 
beiden Hausrehe liegen nun oben auf dem ersten Plateau und aasen vor sich hin. 
Schon als wir das Haus verließen rannten die beiden gemütlich direkt vor unsren 
Nasen vorüber und hielten nur einige Meter entfernt in den Jungerlen. Wir 
wechselten ein paar Worte, erkundigten uns nach dem Stand der Dinge auf Wiese 
und Flur. Auch das kein Grund zur Flucht. Sebastian nahm mich mit nach 
Jennersdorf. Unterwegs kamen uns so ein „Angeberjeep“ und ein Traktor mit 
Schaufel entgegen. Sebastian meinte nur: „Na? Fangen unsre neuen Nachbarn nun an 
mit dem alles zu bauen?“. Ich gab nur ein griesgrämiges Grummeln von mir. 
 Wieder zum Arzt und zur Krankenkasse um den Scheiß zu klären. „Wir dürfen pro 
Tag nur zweimal Kortison verschreiben.“. Sehr witzig. Für eine Stoßtherapie an 
drei unterschiedlichen Tagen zum Arzt rennen wegen einem Rezept? Verfluchte 
Bürokratie! Auf der Suche nach Verständnis für meine Verbitterung stieß ich nur 
auf „Da können wir nichts für!“ und „Das ist nun mal so!“. Und man fühlte sich 
angegriffen, wollte ich doch nur ein wenig Zustimmung. Nicht zugehört, nicht 
verstanden und weggestoßen. Ein „gutes“ Gefühl. Ich rannte nach Bereinigung fast 
aller Probleme nach Hause. Was für ein Kampf. Der Puls beinahe konstant bei 165, 
mir schwarz vor Augen und speiübel und dennoch getrieben von dem Zwang, die 6 km 
zu bezwingen. Ohja, ich habe sie bezwungen, aber wie? Nachdem ich endlich unsre 
Einfahrt erreicht hatte, hätte ich zusammenklappen können und nach kurzem Stehen 
fühlten sich meine Knie wieder an, als würde soeben die Gelenksschmiere 
auslaufen. Und als ich die Kopfhörer abnahm konnte ich tatsächlich Baulärm 
hören. Kopfschüttelnd kroch ich ins Haus, vorbei am Spiegel der mir die nächste 
Backpfeife verpasste. Hochrotes, hässliches Gesicht, das Wasser tropfte von 
Stirn und Kinn. Bäh! Kotzwürdig!
Nachdem ich gestern Abend mich noch ein zweites Mal verletzt hatte, sprach ich 
meine Ängste und Bedenken an. „Nicht dass du dich da in was verrennst. Das 
machst du ständig…“. Danke. Ich verrenne mich nicht, ich muss Dinge genauestens 
durchdenken und überprüfen um sie ad acta legen zu könne. Wachte heute mit dem 
Gefühl auf, wirklich zu spinnen, alles war plötzlich nicht mehr ernst zu nehmen. 
Selbst die Trauer und all der Schmerz in mir schienen unwichtig, bedeutungslos 
und von mir lediglich aufgebauscht. Ich weiß wieder nicht was ich denken soll, 
was ich von mir selbst halten soll. Viele Fragen, noch mehr Beschimpfungen und 
das pochende Gefühl, mickrig und schäbig zu sein.
2. Februar, Samstagmittag
Im Cafe heute Morgen musterte ich Sebastian und es fühlte 
sich an, als würde ich ihn gerade erst kennen lernen. So, als hätte ich ihn seit 
Monaten nicht mehr gesehen. Irgendwie habe ich das auch nicht. Als er gestern 
Nachmittag nach Hause kam, war ich bereits erneut zusammengebrochen. Zuerst 
festgefahren in dieser schrecklichen Langeweile und am Zittern, um die Spannung 
abzubauen. Da war dieses Bild, es wollte nach draußen. Ich bereitete alles vor, 
doch als ich mein Glas umkippte und der Orangensaft über den neuen, 
unbehandelten Tisch schwappte und sich in Strömen über die Tischkante ergoss, 
war das absolute Ende erreicht.  Erst noch mit lautem Fluchen, dann auf den 
Knien auf dem Boden rumrutschend. Das Lähmungsgefühl im rechten Bein noch 
massiver. Als ich mich aufstützte ein stechender Schmerz in der Handbeuge. Die 
Arterie, an der das Blut abgenommen worden war, trat förmlich hervor und war 
binnen Sekunden angeschwollen. Atemlos saß ich da und überlegte. Nicht lange. 
Dann ins Bad mit dem Plan sie aufzuschlitzen, egal welche Konsequenzen das haben 
würde. Es hatte keine, ich war zornig und verzweifelt zugleich. Und dann kam er. 
„Ach, ich liebe dich doch…“. Ich sah ihn nicht an, sagte nicht viel außer 
„Besser nicht…“ und „Ich bin eine Zumutung. Geh besser…“.  Erst hatte ich 
das Gefühl allein gelassen zu werden, doch als er da war nur noch die 
Gewissheit, dass ich untragbar bin. Jeden Tag dieses tote Gesicht, dieses 
unerträgliche Schweigen, das Ausweichen und auf Distanz gehen. Da muss ihm doch 
speiübel bei werden. Und ich frage mich ernsthaft, wann es ihm endlich reicht, 
er wirklich geht, sich selbst zu liebe und ich auch gehen darf. Kann man von den 
mittlerweile spärlich gesäten Momenten zähren, an denen ich lebe? Reicht das? 
Wäre ich nicht schon längst gegangen? „Du bist so weit weg, ich kann dich gar 
nicht mehr wahrnehmen…“. Einen weiteren Puffer geschaffen, doch wie lange hält 
er diesmal stand? „Du wirst mit jedem Bild besser!“. Ja, und wenn ich dann 
perfekt bin kann ich aufhören und mich umbringen. Diese ständigen 
Suizidankündigungen müssen schon so derart nerven. Doch wonach schreit das? Der 
Wunsch, ernst genommen zu werden?
3. Februar, Sonntagabend
Trinken als Bewältigungsstrategie gegen die erdrückende Langeweile. Ich 
besuchte meine alte Nachbarin, die sich große Sorgen um mich gemacht hatte. „Ich 
hab schon überall rumgefragt, ob jemand weiß was mit dir ist…“. Ich erklärte 
mich und sie erwiderte ernst, dass man es mir ansehen würde, wie schlecht es mir 
geht. Tatsächlich? Wieder zu Hause war sie dahin, die gute Laune und als ich 
dann noch meine kochendheiße Hühnersuppe über die Couch, Teppich und meine 
Klamotten kippte war wieder Schluss. Was war passiert? ICH war passiert! 
Tollpatschige Kuh! Mein Dachschaden am Brillieren. Bereits nach dem 
Morgenlauf kristallisierte sich eine Gangbildstörung heraus und aus dem 
Lähmungsgefühl im rechten Bein wird massiver Schwächeschmerz. Als würde sich die 
Muskulatur langsam Faser für Faser auflösen. Zumindest fühlt es sich so an. Und 
dann diese beschissene Langeweile, dieses Nichtstun, dieses auf der Couch Hocken 
und WARTEN, WARTEN, WARTEN. Morgen früh muss ich zum MRT antanzen und bei dem 
Gedanken etwas vorzuhaben, kommt die Unruhe und macht den Grundzustand noch 
unerträglicher. Wollte ich mich doch bereits nach dem „Unfall“ wieder 
aufschlitzen. Also trank ich Liter um Liter bis mir schlecht wurde. Und nun hat 
es sich ausgetrunken. Was kommt jetzt? Was passiert wenn die Worte versiegen und 
ich wieder hängen bleibe? Und was, wenn ich morgen von dem ganzen 
Flüssigkeitsexzessen mehr wiege?
Mir darüber klar werden, was für einen zwischenmenschlichen 
Autisten ich mittlerweile abgebe. Was hält dich?
Ich wünschte, ich könnte nun behaupten, dass ich mich 
besser fühle. Doch das tut es nicht und außer dem Auftauchen des Zwangs, noch 
tiefer schneiden zu müssen, hat sich auch nicht viel verändert. Die neue 
Klingenpackung anbrechen?
4. Februar, Montagvormittag
Mir bei der Hinfahrt komplett bescheuert vorkommen, allein 
wegen der Tatsache, den Gegenstand „Auto“ zu benutzen, der mir in Momenten wie 
diesen unwahrscheinlich befremdlich erscheint. Totale Verunsicherung. Erst 
recht, als ich mit mehreren Anläufen versuche rückwärts in eine Parklücke rein 
zu schieben und mir dabei auch noch der Motor abstirbt und ich letztendlich 
aufgeben muss weil die Kraft in meinen Armen einfach nicht ausreicht. Wut und 
Jährzorn, freigeworden in gezischten Flüchen, Tränen der Verzweiflung in den 
Augen und dann doch eine weitere Lücke entdeckt. Die massive Schwäche in den 
Beinen zwingt mich zum ständigen Einknicken beim kurzen Weg zum Haus des 
Radiologen. Gangbildstörung. Jetzt? Nach einer Therapie? Danke! Zettel 
ausfüllen, in die Kabine und schon in die Röhre. Die Assistentin ist beinahe 
mütterlich freundlich und umsorgend. Sehe ich schon wieder so fertig aus? 
Ratternd und klopfend kommt die Maschine in die Gänge. Nach geschätzten 10 
Minuten fährt die Liege wieder halb heraus und der Arzt betritt die Bühne. 
„Warum sind sie hier, haben sie Kopfschmerzen?“. Nein, MS. „Oh, sind sie das, 
die keine Venen hat?“, und er schiebt den linken Ärmel hoch. „Danke, dass sie 
sich an mich erinnern.“. Er sucht diesmal nur kurz, sticht einmal um dann mit 
den Worten: „Gar nichts, aber auch wirklich KEINE einzige Vene….“, das Thema 
Kontrastmittel abzuschließen und gibt seiner Assistentin die Anweisung in diesem 
Falle eine „enge Diffusionsschichtung“ anzuwenden, das sei fast genau so gut wie 
Kontrastmittel. Wieder rein beginnt der Kasten aufs Neue zu Rattern und ich 
frage mich, ob das nun auch in die Kategorie „Warten“ fällt oder doch ein aktiv 
gestaltetes Geschehen ist. Etwa 25 bis 30 Minuten dauert das Spektakel und als 
ich vom Tisch plumpse meine ich nur noch, dass ich das nächste Mal Venen 
mitbringen würde, mir also irgendwo neue kaufen werde. Dann fahr ich nach Hause, 
um hier wieder zu Warten. Darauf, dass die Zeit vergeht, ich wieder ins Auto 
steigen kann um nach Jennersdorf zu fahren, einkaufen zu gehen, die Straßen 
laufend unsicher zu machen, das letzte Kortisonrezept zu holen und dann mit 
Sebastian in seiner Mittagspause wieder nach Hause zu fahren. In dem guten 
Wissen, am Nachmittag erneut zu stranden und abzustürzen, weil mich die Zeit 
auffrisst.
Nachmittag
Halb drei. Nun ist es soweit. Bereits vor einer Stunde 
begann ich wieder beim Fernsehen an den Wunden von gestern zu kratzen. Die 
Bilder im Flur umhängen, damit das Neue auch seinen Ehrenplatz bekommt. Und nun?
Nachdenken und in 
mir nach einem Bild suchen. Immer wieder zwingt sich mir die Vorstellung auf, 
wie es wohl ist tot zu sein. Blass, kalt und mit einem hübschen Pappschildchen 
am Fuß. Keine verlogenen Grimassen mehr auf dem Gesicht. Klingt befreiend. Doch 
lebe immer noch. Keiner überfährt mich, keiner erschießt mich. Und ich bin 
unfähig. Ich werde wohl auch kein Bild finden, bin im Moment ziemlich 
emotionslos. Und wenn ich ehrlich bin, hab ich doch schon längst eines gefunden. 
Aber die Thematik beginnt sich zu wiederholen und ich sehe keinen Sinn darin, es 
festzuhalten. Letztendlich würde es nur einen Rückschritt dokumentieren, dem ich 
nicht unbedingt zu viel Aufmerksamkeit beimessen möchte. Schlimm genug, dass es 
so ist denn ich funktioniere wieder.
„LAAAAANGWEILIG!!!“. Dann tu was dagegen! „Ich kann 
nicht…“.
Die neue Klingenpackung öffnen und mich rausschneiden.
Die im Krankenhaus im Laufe der Jahre erlernten Techniken anwenden, 
zweckentfremden, um aus dem Waschbecken ein Schlachtfeld zu machen. Der linke 
Arm brennt leicht und fühlt sich an, als wäre er gestaut. Blutleer. Es war auch 
viel Blut. Warum also kann ich nicht einfach zusammenklappen? WARUM???? Warum 
stehe ich immer noch? Warum werde ich bald wieder grinsen, schreckliche Witze 
reißen und mich erneut selbst verraten? Ist 
es egal, wies mir geht? Ich denke schon. Fühle mich an diesem Punkt wertlos. 
Liebesbeweis, Machtdemonstration oder mich selbst bespuckt? Mir gut tun indem 
ich mich abstelle, eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass mein Körper MIR 
gehört oder mich so behandeln, weil ich’s nicht anders verdient habe? Mich an 
die Stille in mir klammern und schweigen.
Abend
Mich dafür 
entschuldigen dass es mir schlecht geht. Schon wieder schlecht geht. Er meint, 
das sei Unfug, ich, dass ich ihm das schuldig bin. Wieder, eine Menschgewordene 
Zumutung. Und wieder die Frage: Wohin mit mir? Werden die Schnitte der neuen 
Klinge gerecht?
NEIN! Einfach nur dasitzen, zittern und keinen Ausweg sehen.
Komme zu keinem befriedigenden Schluss. Wie absurd und frustrierend zugleich. Das Blut durch den Verband sickern lassen, der rote Fleck wird immer größer. Es fühlt sich gut an, was in meinem Vokabular so viel bedeutet wie: Es tut weh. Im Spiegel dieses gleichgültige Gesicht. Tot und leer. Es wird wohl nicht hierbei bleiben dürfen…
5. Februar, Dienstagvormittag
Wenn ich 
versuche in Gedanken beschwichtigend auf mich selbst einzureden, so tu ich das 
indem ich mich selbst mit Vornamen anspreche: „Du musst heute nicht gleich zu 
Mittag laufen, Bianca. Es regnet, Bianca, und du weißt, der Tag kann wieder 
unendlich lang werden.“. Es hilft alles nichts und die Laufmontur liegt bereits 
wieder auf der Bank neben mir. Und das Suchtteufelchen flüstert: „Dann hast du 
es hinter dir, hast was geleistet.“. 
Noch ein drittes Mal begab ich mich auf die Suche nach meinen Grenzen, die ich 
aber erneut nicht abzustecken vermochte. Doch die Verbände waren Blutgetränkt 
und schwimmen nun in einer dunkelbraunen Suppe aus heißem Wasser und Chlor. Ich 
wünschte nur meine Arme würden heute auch so spektakulär aussehen wie die 
Verbände. Es bleibt beim Wunschdenken, lediglich Kinderkacke, jämmerliche 
Kratzer, trotz neuer Klinge.
Von weiter Stoffhose zur Lauftight wechseln, startklar und erneut am Warten, dass die Zeit vergeht. Warum beginnen meine Tage fast immer noch so erträglich, fast harmonisch um dann gen Nachmittag zusammenzukrachen?

Nachmittag
Mir und dem Tag die Chance 
verwehren, das Fernsehprogramm nicht länger ertragen können, mich in mein 
Atelier verkriechen und dem Absturz in der gelebten Isolation Tür und Tor 
öffnen. Hielt ich es heute nur solange aus, weil ich nicht allein bin? Bei dem 
Gedanken an Verletzung wünschte ich aber, dass ich es wäre. Der Lauf war nicht 
befreiend, lediglich den ersten Kilometer durfte ich genießen. Ab dem dritten 
begann mein linkes Bein im Bewegungsablauf zu schlenkern um dann zwischen 4 und 
5 in eine leichte Lähmung zu verfallen. Wunderbar. Das Bild ist immer noch in 
mir, vielleicht sollte ich es doch umsetzen. Oder wie immer hier hocken, 
festgefressen und starr und darauf warten, dass die erneute Verletzung 
unumgänglich scheint und ich nachgebe. Jetzt 
kommt auch noch die Sonne raus, was für mich beinahe wie Häme wirkt. Ich denke 
über Ausdruck nach, darüber, was es festzuhalten gilt, doch meine Gedanken sind 
wie paralysiert. Ich ertrinke erneut in der Langeweile und Wertlosigkeit, und 
das obwohl ich erst seit kurzem hier hocke. Immer dasselbe. „Los! Gib mir einen 
Grund!“. Spazierengehen, das wäre eine Option, doch nicht für mich. Meine Beine 
sind schwach und wie gelähmt, ich bin gefangen in meinem eigenen Körper. „Ich 
hasse dich!!!“. Es scheint ein mickriger Schritt vom Nichtstun bis hin zum 
ersten Bleistiftstrich. Doch ich kann nicht, denn allein der Gedanke strengt 
mich so sehr an, dass ich nur wieder geschwächt in mich zusammensinke. Vor- und 
zurückwippen. Stumpfsinniger geht es kaum noch. Der nächste Schritt ist dann das 
Zittern, was einem Freifahrtschein in eine darauf folgende Verletzung 
gleichkommt. Dasitzen und auf das Zittern warten.
Abend
Meine letzte Tagespflicht 
erfüllt, das Abendessen gekocht und verspachtelt. Wieder zurück an Ort und 
Stelle, wieder versinken und Warten. Darauf, dass aus dem wagen Gefühl 
Überzeugung wird. Und letztendlich bin ich von der fixen Idee so sehr geblendet, 
dass ich nichts andres mehr erkennen kann, jetzt, da alles erledigt ist. Noch 
festgefahrener als zuvor. Was soll ich tun? Nach vorne gehen und Sebastian die 
Ohren voll jammern? Der Weg ins Bad ist nicht nur von der Strecke her gesehen 
kürzer. Auch gefühlt. Einfacher. Blockiert nur noch von der Angst, dass es 
wieder nicht ausreicht. Hänge bewegungslos am Tisch. Lediglich die Vorstellung 
mir ins Gesicht zu schneiden, lässt meinen armseligen Körper immer wieder 
zusammenzucken. Ein gutes Gefühl.
Einmal.
Zweimal.
Dreimal. Und alles umsonst.
Verwüstete Haut und ein Schmerz, der nur mir allein gehört. Es erscheint absurd sich nun wieder ins „normale Leben“ einzugliedern.
6. Februar, Mittwoch 7 Uhr
Wieder denke ich, es könnte meine 
letzte Fahrt sein. Der Tag tritt verschleiert in Erscheinung. Es ist mir egal, 
ob man die Schnitte und das weiße Pflaster unter dem schwarzen Ärmel hervorragen 
sieht. Vielleicht will ich es auch so. Krankhafte Geltungssucht? Aufmerksamkeit? 
Ach, weiß der Teufel was. Erst muss ich meine neuen MRT-Bilder holen und ich 
würde mich wahrlich kaputt lachen, wenn nun nach der Therapie weitere Läsionen 
aufgetreten sind. Und dann nach Oberwart zur Therapiebesprechung. Ich wäre gern 
gespannt, was sie mir an Giftgemischen anzubieten hat. Aber irgendwie ist alles 
egal, die Nacht hängt noch nach und verwirrt mich.
Mittag
Als er mich berührte und ich mich 
fallen ließ, versuchte ich verzweifelt herauszufinden was es ist, das mir so 
sehr Angst macht. Ich sortierte jedes einzelne Gefühl, das vorüber ging, 
inspizierte es, doch nichts. Keine Antworten. Und wieder lag ich danach da, mit 
Tränen in den Augen und einem Gefühl, dass das nicht richtig war. Schwere 
Seufzer und ein Klotz im Hals…
Erst zum Radiologen meine Bilder holen. Anscheinend aktive Herde und der Rest progredient. Von Fürstenfeld ging die Fahrt weiter nach Oberwart. Nebel, nichts als Nebel und hätte ich nicht gleich bei Fahrtantritt oben am Hügelkamm den blauen Himmel gesehen, ich hätte gedacht, die Welt wurde verschluckt. „Guten Morgen, das Elend ist da.“. Schwester Hedi sah mich deswegen ganz entsetzt an.

Ich musste nicht lange warten und da ich seit der Therapie eine weitere Verschlechterung erwähnte, wurde mir geraten noch eine orale Kortisontherapie hinten dran zu hängen. 8 Tage Tabletten schlucken und wenn es nicht wirkt, nochmals 3 Einheiten intravenös hinterher jagen. Die MRT- Bilder sehen auch nicht so toll aus und bei der Untersuchung stellte sie im Vergleich zu vor fast zwei Wochen eine Gangbildstörung fest. Als ich auf der Liege lag und sie den Vibrationstest machte ein kurzes: „Ah, da haben sie sich selbst gepflastert.“. Klar, Omnifix und drunter Klopapier. Und dann die alles entscheidende Frage: Betaferon oder Copaxone? Ich entschied mich für letzteres und Schwester Hedi packte mir einen Rucksack mit Informationsmaterial. Den Rucksack ließ ich dann wieder ausräumen und nahm den Krempel in einer Plastiktüte mit nach Hause. „So viele Idioten auf dieser Strecke, warum kann mich nicht einfach einer umkarren?“. Die ohnehin schon nicht vorhandene Stimmung sackte in den untersten Keller. Schwester Hedi sah mich besorgt an, stellte ein paar Fragen. Hatte sie letztes Jahr doch meine Wunden zur Genüge zu Gesicht bekommen. Zu Hause wieder zum Arzt, was ich gleich laufend erledigte. Doch mein linkes Bein scheint massiver in Mitleidenschaft gezogen, als mir lieb ist und es stellt sich mir die Frage, ob das nun noch zum „Doppelbildschub“ dazugehört oder als separate Katastrophe mit der Nummer 26 zu werten ist. Dann kam Sebastian aus der Firma und kaum saß er im Auto, wurde er mir schon zuviel. Er redete und ich konnte nicht zuhören. Ich kam mir so überflüssig vor. Ich schwieg und er fragte auch nicht nach. DU BIST SCHEISS EGAL!!! Im neuen Befund stehen unter dem Punkt „Medikation“ einige Sachen, die ich zur Zeit einnehme und am Schluss auch noch „Mit selbstschädigender Absicht mehrere Tabletten Mirtel“. „Doch nicht so egal?“. Ich kann nicht leugnen bei Hin- und Rückfahrt immer wieder darüber nachgedacht zu haben, den Sicherheitsgurt abzulegen und mit Tempo 100 von der Straße zu rasen.
Ich dachte, ich hätte es geschafft, WIEDER MAL hinter mich gebracht. Doch nun geht es weiter. Ich kann nicht mehr. Aus der stumpfen Stille werden Tränen und Verzweiflung.

Alles in mir schreit förmlich 
nach Verletzung, nach Bestrafung um mit mir selbst Frieden schließen zu können. 
Fürs erste. „Das Eisenpräparat sollten sie weiter nehmen, soviel Gemüse können 
sie gar nicht essen um das aufzufüllen.“, „Auf Dauer schadet es ihnen, wenn sie 
es nicht zusätzlich zuführen!“ und „Wenn sie es weglassen, haben sie ihr Ziel am 
Ende wirklich noch erreicht. Und das ist zynisch gemeint.“. Wie verlockend. Oder 
mich doch lieber gesund und fit halten für weitere Verletzungen? HAHA… Ist doch 
alles scheiß egal, ich bin wieder egal. Es gibt keinen Zweifel mehr, nur noch 
die Frage wo. Draußen, im Bad oder hier, wo ich mich noch mit ohrenbetäubender 
Musik zudröhnen kann bis ich wirklich nichts mehr spüre und mich von den Texten 
anheizen lassen in meinem Tun? Es tut mir leid, dass es mir scheiße geht. Wie 
unpraktisch, wo doch heute DAS Fußballspiel läuft. Gut, dass ich funktioniere.
Nachmittag
Da ist nichts und da wird auch nichts sein. Gib auf!

Erst der linke Arm, dann der rechte. Blutflecken auf dem Holzboden. Und dann scheinheilig den Ring wieder überstreifen. Vor mir am Boden ein blutgetränktes Tuch. LOS!! JETZT ERSTICK IN DEINER SCHEISSE!!!!
Der Körper sinkt in sich zusammen, als sei er traumatisiert. Schweres, tiefes Atmen und Stille. Als sei ich gefallen und hart auf dem Boden aufgeschlagen. Stille und Schwäche. Wieder viel Blut. Als ich damals das Tagebuch durchforschte entdeckte ich auf der Rückenklappe ein vergessenes Foto. Zu sehen mein Arm mit 3 bis 4 mickrigen Kratzern. Was für eine Entwicklung, man könnte fast meinen, ich sei „erwachsen“ geworden. Fragen nach dem Sinn. Suche ich die Konfrontation? Meine Grenzen? Mitleid oder Aufmerksamkeit? Beschissene Schlampe! Will nicht das Gegenteil hören, noch die Bestätigung. Irgendwie reicht es schon, wenn DAS mein Bild von mir selbst ist. Ums Überleben Zittern. Nein, ich will einfach nur ernst genommen werden. In allem was ich tue. Ertrage es nicht länger mit Sätzen, die mit „Aber Kindchen..“ beginnen, abgespeist zu werden. Und ertrage es aber auch nicht ignoriert zu werden. Ständig geht es um Wertschätzung und darum, dass ich trotz allem davon überzeugt bin, diese nicht wert zu sein. SCHEISSE!! Hast du gehört? Du bist SCHEISSE! Habe ich das Recht zu fordern? Strecke die Hand aus um sie sogleich wieder zurückzuziehen, nachdem ich mir selbst auf die Griffel geschlagen habe. Wenn man mich nicht mal in meiner Selbstverletzung ernst nimmt, ist mein Leben komplett verwirkt. Es hinausschreien und mir doch wieder nur den Mund verbieten. Was bleibt mir sonst als das hier? Armselig. Du bist nichts weiter als Dreck! Hin- und hergerissen zwischen „Lass mich nicht allein!“ und „Geh endlich und bring dich in Sicherheit!“. Was soll da noch Gutes bei rauskommen? Aus Scheiße kann nur Scheiße resultieren. Warum bin ich so wertlos? Was hab ich getan? Noch weiter in mich zusammensacken, zittern und tiefe Verbitterung: Der Schmerz ist verflogen.
7. Februar, Donnerstag 6 Uhr
Seit 5 wieder wach und mehr oder 
minder auf den Beinen. Jetzt bin ich wieder am selben Punkt wie vor zwei Wochen 
und das, obwohl es lediglich 80mg Urbason sind. Leichtes Herzrasen und Unruhe. 
Weiterschlafen? Vergiss es!
Als Sebastian nach Hause kam und alles in seinen Angeln erschien, sah ich keinen 
andren Ausweg mehr als ihn zwischen all dem erdrückenden Schweigen flüsternd zu 
fragen, ob er meinen Tag lesen will. Er tat es, ich saß betreten daneben um dann 
vollends zusammenzukrachen. Er suchte nach Lösungsansätzen, ich nach Gründen, 
mich endlich aus dem Weg zu räumen. „Wie wärs mit einem Rollenspiel? Oder kannst 
du nicht einfach onlinespielesüchtig sein?“ und „Ich WILL NICHT dass du das hier 
tust!!“. Als alles gesagt schien, fühlte ich nichts mehr. Nichts als Leere. Ich 
bat ihn die Vorhänge oben im alten Atelier abzumontieren, damit ich sie im neuen 
vor die Fenster hängen kann, wie es mir meine Therapeutin bereits geraten hatte. 
Sicherheit basteln. Sicherheit, die es zu missbrauchen gilt. So kann mich 
einfallender Besuch auf dem Weg zur Haustür nicht mehr von draußen dabei 
entdecken, wenn ich mich in meinem Zimmer abschlachte. Ja, wenn das nicht süße 
Sicherheit verheißt. Und als wäre nie alles gesagt worden, schlitzte ich mich 
unbehelligt noch ein drittes Mal auf. „Gehst du zuerst in die Wanne?“. Nein, ich 
kann nicht. Ich ertrage allein schon den Gedanken nicht, die liebevoll in die 
Haut gemeißelten Kerben ausschwemmen zu sehen.  Und es hat sich auch gelohnt, 
teils haben sie sich nicht geschlossen und sind beinahe schwarz unterlaufen. Auf 
die ungestüme linke Hand ist immer noch Verlass, zudem die Haut am rechten Arm 
noch so unversehrt und weich.

Meine Augen brennen jetzt, weil ich sie mir gestern aus dem Kopf geheult habe. Und von wach kann wahrlich keine Rede sein. Zu solch früher Stunde schon Stumpfsinn mit Tee. Schönes Leben. Klingt wie gutes Rentnerfernsehen. Eine Stunde noch bis ich fahren kann. 60 Minuten allein und Zeit um Scheiße zu bauen. Reichen doch schon 2 Minuten. Und es macht mir Angst, dass mein Vormittag wieder durchstrukturiert ist. Finde aber erneut keine Lösung für die Stunden danach. Zumindest keinen produktiven Ansatz. Mich mit Aufräumarbeiten über Wasser halten um dann im Bad wieder vorm Spiegel zu versteinern und mir in die Augen zu starren. Was ist da? Was verbirgt sich dahinter? Scheiß Puppengesicht! Schon wieder. Der Tag bricht an und dringt dank Vorhängen nur Portionsweise in den Raum.
8 und mir wird 
klar, dass ich mich geirrt habe und mir NOCH eine Stunde bevorsteht. Spätestens 
jetzt weiß ich: Ich kann nicht mehr…
Warum will die Zeit nicht vergehen? Einmal aufschlitzen. 15 Minuten später. Mir 
telefonisch das Freizeichen einholen, heute mit der Therapie beginnen zu dürfen. 
Immer noch nicht weiter. Ein zweites Mal aufschlitzen. Eine halbe Stunde später 
und immer noch kein Ende in Sicht. Und die Klinge ist wieder stumpf und mein 
Blut dick. Die Arme mit Wunden überzogen, kaum ein freies Fleckchen Haut mehr 
übrig. Und ohne es zu merken beginnt die rechte Hand zu zittern. Reicht 
es? Reich es dir? NEIN!
Dreimal.
"Fahr endlich, sonst drehst du 
noch komplett durch!".
Nachmittag
Es wird über den Selbstmord eines 
Jugendlichen berichtet. Der erste Gedanke ist: „Wie traurig…“, doch der zweite 
legt mein Leben erneut in die Waagschale: „Warum ich nicht?“. Nachdem ich in der 
Therapie meinen Lebensverdruss mehr als klar artikuliert hatte und ich erneut 
versprechen sollte, mir nichts anzutun, bzw. anzurufen, bevor ich etwas 
unternehme, versuchte ich Pläne für den Nachmittag zu finden. Mitzis Hosen 
kürzer nähen. Doch mit den Maßen stimmte irgendetwas nicht und so wanderten die 
4 Teile wieder unangetastet in ihren Plastikbeutel. Dann begann ich meine 
eigenen Hosen zu flicken, doch die Frustrationsschwelle sitzt unendlich tief. 
Ein Fehler und ich gab auf. Und nun? Beide Arme brennen immer noch, die Haut ist 
mittlerweile wieder stark überreizt. Noch mehr Broschüren lesen? Der Impfstoff 
liegt nun unangetastet im Kühlschrank und ich weiß nicht, wann der beste 
Zeitpunkt dafür gegeben wäre. Also was tun? Meine Therapeutin meinte, sie würde 
versuchen für mich eine Aufgabe zu finden über eine Bekannte, die in der 
Integrationsarbeit tätig ist. Ich weiß nicht was schlimmer ist: Diese Trauer 
oder die Langeweile, die mich mit jedem Tag mehr verdummen und vereinsamen 
lässt.
Abend
Den Tag überstanden. Und was mach 
ich morgen? Zudem kommt Sebastian später und dann spätnachmittags wieder 
Psychosozialer Dienst, die ganze Scheiße noch mal durchkauen? Im Moment geht es 
mir eigentlich recht gut. Aber will ich das auch, bzw. darf ich das zulassen? Und 
sei die Kortisondosis noch so gering, die Aggressionen sind wieder mehr als 
präsent und versuche angestrengt mich zu zügeln. Wieder mehrere Nächte mit zu 
wenig Schlaf? Wieder austicken? Was soll ich denn noch zerschneiden? Meine 
Eltern waren kurz da und meine Mutter fragte doch tatsächlich als sie die 
Spritze sah, ob das ein Antidepressivum sei. Mein Vater setzte einen besorgten 
Dackelblick auf, als ob er genau wüsste, was alles schief gelaufen ist. 
Mittlerweile glaube ich auch nicht mehr, dass nur meine Mutter das Problem 
darstellt. Wie war das heute in der Therapie? „Ich kann nicht zulassen dass es 
mir gut geht, weil  sich dann keiner mehr Sorgen macht und ich in Vergessenheit 
gerate.“. Sebastians erster Kommentar lautete: „Nein, das klingt nicht nach 
dir!“ und dann: „Das klingt eher nach deiner Mutter, aber nicht nach dir.“. Ich 
habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es in einem 
gewissen Maße sicherlich zutreffen mag. Aber Hauptgrund ist und bleibt, dass es 
einfacher ist „Nein“ zu sagen, wenn es mir schlecht geht und es so 
unkomplizierter ist Menschen von mir fernzuhalten. Was mir, ginge es mir gut, 
unmögliche wäre. Ich WILL, dass man mich in Ruhe lässt. Dennoch, das ist 
sicherlich nicht der einzige Grund. Die Selbstbestrafungskomponente ist so 
massiv, stellt sich nur die Frage: Woher rührt dieses Verhalten? Meine Mutter 
wollte Fragen stellen, doch ich ließ sie auflaufen. Meine Körpersprache und 
Mimik schrieen förmlich: HALT! Ich lege keinen Wert drauf, dass sie sich sorgen. 
Lege keinen Wert auf diese schrecklichen Leidvergleiche, auf die es zwangsläufig 
hinausläuft. Da könnten wir gleich Quartett spielen. Kein Gejammere, einfach nur 
NICHTS. Oder mache ich einfach einen Unterschied zwischen meinen Eltern und 
anderen? Allein bei dem Gedanken kommt erneut der Selbsthass in mir hoch und 
geißelt mich mit wüsten Beschimpfungen. Jämmerliche Schlampe!! und
Aufmerksamkeitsgeiles Stück Scheiße!!! Und siehe da: Die Hand beginnt stark 
zu zittern. Ist es wirklich so? Bin ich so schlecht?

Den Tag beenden, wie er begonnen hat.
8. Februar, Freitagmorgen
Kurz nach 2 Uhr ging unten im 
Graben wieder dieser Radau los. Mittlerweile glaube ich, dass man danach die Uhr 
stellen kann, glaube aber nicht länger, dass es Füchse sind die da kreischen wie 
abgestochene Menschenkinder. Nun gut, ich war wach und die Maschinerie im Kopf 
kam im die Gänge. 3 Uhr, immer noch. 4 Uhr, Status wie gehabt. Um 5 schlief ich 
kurz ein um nach einem Alptraum wieder hochzufahren. Sebastian stand irgendwann 
nach 7 auf. Ich gab ihm noch einen Kuss, verschluckte aber das „Ich liebe dich“ 
und „Bitte fahr heute vorsichtig!“. Nach der Arbeit will er wieder direkt nach 
Slowenien, und ich würde mir gerne Sorgen machen. Doch wie meine Therapeutin 
gestern schon feststellte: Ich kann keine Verantwortung für mich selbst 
übernehmen. So ist die logische Schlussfolgerung, dass wenn ihm auf der langen 
Strecke, gesäumt von all den Kreuzen und Grabsteinen, etwas passiert, ich auch 
keine Verantwortung für meinen Selbstmord und mein Tun mehr übernehme. Als ich 
das Auto wegfahren hörte, schmiedete ich im Kopf einen Plan, wie ich es 
anstellen würde. Erst versuchen, die Pulsadern zu öffnen, woran ich 
wahrscheinlich kläglich scheitern würde, mich dann mit Mirtazapin betäuben und 
kurz bevor ich einschlafe noch eine Überdosis von irgendetwas aus meinem großen 
Repertoire an Schmerzmitteln, Krampflösern und Psychopharmaka einwerfen. Und 
dann ist endlich Schluss. Ohne nachdenken. Spring! Also sogar 
meinen Freitod in die Verantwortung eines andren legen. Da biste fein 
raus!
Wieder habe ich Angst, der Tag 
könne mich verschlucken. Zu wenig Schlaf, zu viele Stunden noch vor mir ohne 
Struktur und Plan, das Gewicht im Vergleich zu gestern viel zu hoch. Ich kann 
mir denken woran es liegt, aber das vermag mich nicht zu trösten. Also wie sieht 
der Plan aus? Erst mal hier hocken und kein Plan, dann irgendwann laufen gehen 
(die Strecke hab ich mir nachts bereits im Kopf zusammengebastelt und die Länge 
berechnet) und dann wäre da ja noch der Termin beim PSD. Mir wird schlecht bei 
dem Gedanken, mich erneut zu wiederholen. Ich wünschte, ich würde dadurch noch 
mehr Überzeugung erhalten, doch stattdessen nehme ich mich selbst immer weniger 
ernst. Und dann am Schluss wieder die Frage: „Nun gut. Was machen wir?“. Wieder 
KEINE Tabletten. Und Tschüss! Alles 
wiederholt sich, alles dreht sich. Und ich frage mich nur noch, wann sich die 
Spirale endlich enger zieht.
„Es macht keinen Unterschied, wie 
sie das Kortison einnehmen. Die Nebenwirkungen bleiben dieselben.“. Mein Magen 
krümmt sich erbärmlich, das macht schon einen Unterschied. In mir ist ein Bild. 
Doch kann ich? Oder muss ich erst laufen, die wichtigen Dinge des Tages hinter 
mich gebracht haben?
Abend
Das Bild jetzt zu Ende bringen 
oder die restliche Arbeit für den Fall einer weiteren durchwachten Nacht 
aufheben? Ein Termin mit der Dame von „Vamos“, der 
Integrationsarbeitsvermittlerin, ist ausgemacht. Nun heißt es nur erneut warten. 
Beim PSD habe ich erneut klargestellt, dass ich nur noch auf einen triftigen 
Grund warte, um endlich zu gehen. Nein, ich fühle mich nicht gut und da so viele 
Leute anwesend waren und ich wieder Mal warten durfte, begann ich zu zittern, um 
die Spannung abzubauen und irgendwann sogar heimlich über meine Arme zu kratzen.
9. Februar, Samstag 4:30 Uhr
Als sei die Wirkung vom Kortison 
nicht schon belastend genug, legt meine Blasenentzündung, die ich mir vor Tagen 
zugezogen habe, nun auch noch Nachtschichten ein. Als ich um 7 nach 3 die Augen 
aufschlug und unten im Graben das Gekreische gerade ins große Finale überging, 
schien noch alles so klar: Zum Klo torkeln und dann gleich wieder erschöpft ins 
Bett sinken. Nix da! Kaum war ich zurück, war ich putzmunter und das 
Gefühlsleben meines Unterleibes erstickte allein den Gedanken an Weiterschlafen 
im Keim. Daliegen, mich umlagern, das penetrante Gefühl zulassen und wieder 
darüber nachdenken, ob es sich nun um Füchse handelt oder stimmbrüchige 
Teenagerehböcke. Eine Stunde später erlöste ich mich selbst und stand auf. 
Preiselbeertabletten einwerfen. Allein schon deswegen. Aber irgendwie fühlt es 
sich so an, als ob das diesmal nicht mit so einfachen Mittelchen kurierbar sei. 
ES NERVT!!! Mich durch den monströsen Tablettenberg kämpfen, den ich mir allein 
für die Morgenstunden bereit gelegt habe: Osteoporoseschutz (oder sollte man in 
meinem Falle eher von Schadensbegrenzung sprechen?), Magenschutz, Eisenpräparat, 
zwei Preiselbeerpresslinge und eine hübsche Blutverdünnung in Spritzenform. 
Lauter Sachen, die nüchtern und als einziges im Magen landen sollten. Sehr 
witzig und organisatorisch unmachbar. Was noch folgt sind 60mg Kortison und das 
war erst der Anfang. Ich hasse Wochenende und mir graut schon vor diesem 
unendlich langen Tag. Gut, der Anfang, abgesehen von der nicht eingeplanten 
Nachtschicht, ist durchstrukturiert. Richtung Fürstenfeld laufen, mich von 
Sebastian unterwegs einsammeln lassen, Frühstück in unsrem Lieblingscafe, im 
Ethnoladen Henna und Räucherstäbchen plündern und dann wohl wieder Leinwände 
kaufen. Und was kommt dann? Vielleicht noch ein Bild?
Oder mich einfach 
scheiße fühlen, weil ich Geld ausgegeben habe.
Eine Stunde um und 
die Langeweile klopft an. Mit allmählichem Befüllen der Blase legt sich der 
Schmerzreiz um dann beim wieder entleeren um so doller zuzuschlagen, worauf ich 
mich bereits jetzt schon freue. Ich sollte noch nicht wach sein, sollte noch 
schlafen, lange schlafen. Stattdessen hocke ich hier startklar in Laufmontur und 
wippe stumpfsinnig und doch auch irgendwie beschwichtigend vor und zurück. Und 
schon ist die Kanne leer, jetzt bleibt mir nicht mal mehr Teetrinken. 
Fruchtfliegen jagen? Eine undankbare Beschäftigung. Kann nur noch darauf hoffen, 
dass Sebastian seine Drohung von gestern wahr macht und um 6 aufsteht.
Vormittag
Habe mich tausende Tode sterben 
lassen. Darf ich nun ein Stück leben? Der Lauf war „erträglich“ und die Lähmung 
im linken Bein trat erst nach 6km in Erscheinung. Und das, obwohl ich die 
gesamte Strecke von 6,7km ohne jegliche Pause durchgerannt bin, inkl. 
Bergabstrecken, die das Problem grundsätzlich gleich nach 100m auslösten. Also 
darf ich am Montag bei meinem Kontrollanruf im Krankenhaus angeben, dass die 
nachträgliche Kortisongabe eine Wirkung zeigt und KEINE weitere Stoßtherapie von 
Nöten ist? Ich bin erstaunlich gut gelaunt und fühle mich noch sehr unsicher in 
dieser Befindlichkeit. Mit neuer Kanne Tee und Henna im Haar auf das weitere 
Verstreichen der Zeit warten.
10. Februar, Sonntagvormittag
Und die Zeit kroch nur so vor 
sich hin. Irgendwann tat ich das, was ich für gewöhnlich meide: Mich über meinen 
Dachschaden informieren. Ich schnappte mir den dicken MS-Ratgeber, der mir mit 
all dem Informationsmaterial zu meinem neuen Impfstoff geschenkt wurde, und 
begann zu lesen. Teils kopfschüttelnd, teils erstaunt. WIEVIELE Kämpfe musste 
ich ausfechten, WIE OFT wurde ich nicht ernst genommen. Und nun wird so getan, 
als sei all das schon längst klar gewesen? Ich war mir nicht sicher ob ich 
lachen oder mich ärgern soll. Eigentlich war da wieder nur Verbitterung, aber 
was hilft das schon? Den Tag auf dem Sofa verbringen, bei beschissenem 
Fernsehprogramm und es nicht ertragen können, aber zu schwach, um eine Änderung 
des Zustandes herbei zu führen. Wie jämmerlich. Und ich ließ mich in den Sog des 
Buches hineinziehen, sodass ich mich beim Abendessen erneut fragte, ob es denn 
schlimm sei, wenn dies meine letzte Mahlzeit wäre. „Eine Plaques im Atemzentrum 
führt zum Tod“. Da war er wieder. Trotz allem wurde mir endlich eine Nacht 
geschenkt, die ich beinahe durchgängig schlafend verbringen durfte. Doch heute 
Morgen im Bett hatte ich wieder das Gefühl, dass der Tag schon jetzt im Voraus 
sinnlos erscheint. Der Lauf war wunderbar, das Kortison scheint ganze Arbeit zu 
leisten. Eine massive Steigerung in Geschwindigkeit und auch Streckenlänge. Und 
KEINE Lähmung, auch nach 7,5km nicht. Und als ich Richtung aufgehende Sonne 
rannte, die einsame Hauptstraße durch Jennersdorf hindurch und ein Windstoß 
eiskalt mein Gesicht streifte, fühlte ich so etwas wie Leben und doch zugleich 
die Gewissheit, dass es nicht schlimm wäre, jetzt zu gehen.  Und nun frisst sie 
mich wieder auf, die Zeit, und mein Körper ist nach dem kraftvollen Lauf 
komplett ausgelaugt und meine Beine schwach. Was, wenn alles gesagt ist?

(Spaziergang durch den Erlenwald. Sebastians Versuch, mich aus dem festgefressenen Zustand zu reißen und mein Kampf um jeden beschissenen Schritt)
11. Februar, Montagmorgen
Den Tag mit dem ausfüllenden 
Gefühl verbringen, deplaziert zu sein. Weder gut, noch schlecht, wieder einfach 
Nichts. Leer und sinnlos. Dann heute Morgen mehrere Anläufe, um in der Neuro 
endlich durchzukommen. Die Versuche verunsichern mich zusehends und als ich 
endlich meine Ärztin am andren Ende erreicht habe, fühle ich mich 
unwahrscheinlich lästig. Und das, obwohl ich ja nicht freiwillig anrufe, sondern 
angehalten wurde Rückmeldung zu geben. Lästig und aufdringlich. Und irgendwie 
egal. Gestern Nachmittag entstand bereits so ein beschissenes Gefühl, als ich 
meine Krankenakten durchforstete um diese unter Einbeziehung des soeben 
gelesenen zu entschlüsseln. Das Bild, das da von mir entstand, war: Eine lästige 
Patientin, die sich alles nur einbildet, selbst wenn die MRTs im Nachhinein 
immer das Gegenteil bestätigten und vor allem LÄSTIG (das scheint DAS Schlagwort 
des Tages zu werden). Und immer dieses „Sie hätte“ und „Sie würde“. Diese 
permanente Fallsform zeugt irgendwie von Misstrauen, als würde ich lügen und als 
dürfte man meinen Worten keinen all zu großen Glauben schenken. Arztjargon? 
Danke.
Ein armseliges Bild, eigentlich 
schon jämmerlich. Und je mehr Befunde ich durchlas, desto mehr hatte ich das 
Gefühl, ÜBERHAUPT nicht verstanden zu werden, geschweige denn ernst genommen zu 
werden. In mich sinken und mich selbst der dumpfen Stille zum Fraß vorwerfen. 
„Du bist hässlich, fett und aufdringlich!!!“. Mit 
mir kämpfen. Darum, die Arme komplett verheilen zu lassen um von neuem beginnen 
zu können. Wieder tabula rasa. Wieder eine neue Runde in diesem beschissenen 
Kreislauf, den ich so sehr liebe und anscheinend auch brauche. Ist all der 
Schmerz in mir so egal? Bin ich so egal? Bin ich es nur wert, dass man sich über 
all den Schmerz lustig macht?

Immer wieder zusammenzucken bei 
der Vorstellung mir in die Zunge zu schneiden. Mich mundtot machen. Kampflos 
aufgeben. Den Schorf von den Armen kratzen um den Prozess zu beschleunigen und 
mich der Erlösung näher zu bringen. Du bist kein guter Mensch!  Wieder eine 
neue Klinge? Ich gönne mir ja sonst nichts. Und es bleibt die Frage, wie viele 
irreparable Schäden mittlerweile auf das Konto des „Du kannst ja nicht schon 
wieder anrufen und lästig sein, sitz es aus!“ gehen. Der Spaziergang gestern 
Nachmittag gab dieser Frage nur noch mehr Berechtigung. Alles kaputt. Aber will 
ich es denn anders? Will ich es hergeben? Den Grund verlieren, der mich darin 
bestätigt, dass es legitim ist zu gehen? Lebe nur noch für den einen Gedanken, 
für den Plan. Und 
mich scheiße fühlen, weil ich zu offen bin, zu viel von mir preis gebe, zu viel 
von meiner Umwelt fordere. Wahrlich, du bist schlecht! Es ist 
nicht recht. Das Chaos in meinem Kopf in chaotischen Sätzen auskotzen wie Gift.
Dreckschleuder!
Abend
Warum nicht auch mal die schönen 
Seiten dieses beschissenen Dachschadens erwähnen? Nach Jennersdorf laufen, 
lautete der Plan. Mein Körper zitterte davor schon wie wild. Ich kam auch nicht 
weit, vielleicht 1,8km bis ich mir in die Hose gemacht hatte. Die Welt, die 
Krankheit, all die Häuser am Straßenrand verfluchend, schlich ich mich am einzig 
abgelegenen Fleck in den Wald, den steilen Hang hoch um an unzähligen Brombeeren 
hängen zu bleiben. Und nun? Schadensbegrenzung irgendwo oben am Hügel hinter 
einem Holzhaufen. Nach Hause laufen um rechtzeitig vor 4 dort anzukommen, damit 
ich Sebastian noch anrufen kann um Bescheid zu sagen, dass ich zu Hause bin. Ich 
rannte. Schneller, immer schneller. Mein linkes Bein wurde zusehends gelähmter 
und die Schritte unkoordinierter. 300 Meter vor unsrem Haus und 5 vor 4 machte 
ich mir nochmals in die Hose. Die Abkürzung über die Wiese glich einer 
Katastrophe, das Bein war nicht mehr hebbar. Ich kroch förmlich Richtung Haus 
und schaffte es so noch gerade rechtzeitig vor Schluss in der Firma anzurufen. 
Sofort duschen! Beim Blick nach unten erschrak ich erst, ehe ich in ein 
lachendes und krampfhaftes Weinen verfiel. Ich hatte es nicht bemerkt. Alles mit 
Blut voll gespritzt, sogar die Schuhe und die Kniebandage war getränkt mit Blut. 
Ich kann nicht mehr…

12. Februar, Dienstagvormittag
Kam nicht aus dem 
Bett. Fühle mich zu schwach für den Tag. Zu schwach für die zu erfüllenden 
Aufgaben. Zu schwach für das Bild. Will nur noch sterben.

Abend
Meine Mutter anrufen, nachdem sie 
eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat. Während des Telefonats 
in Sprachlosigkeit versinken. Davor schien alles normal. Ich machte zwar meine 
Späßchen, aber eigentlich ist mir nur nach Heulen zumute. Ich fühle mich 
schlecht. Liegt es daran, dass ich mich satt gegessen habe und es unter den 
wieder eingetretenen Zuständen als unerträglich empfinde? Und wieder bin ich mit 
dem Bild nicht zufrieden.
Ich sehe erneut den Tod und wieder ist es nicht meiner. Scheiß Verlustsängste. Mich 
mit schwerer Musik noch weiter runter ziehen. Runter, tiefer, näher an den 
Verletzungsgedanken. Oder mir doch das Leben aus dem Leib kotzen. Die Tage vor 
der erneuten Kortisontherapie hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, nicht dick zu 
sein. Mein Selbstbild war erträglich. Doch nun ist es zerschlagen. Blutige 
Scherben, mehr nicht. Und ich HASSE mich! FETTES DRECKSSTÜCK!!! Mich zu 
beschimpfen ist leichter zu ertragen als diese Trauer. Hass lebt, die Trauer 
hingegen ist tot. Nach außen hin wieder ein Bild abgeben, das nicht meinem 
Innenleben entspricht. Und ich beginne wieder all die „Wieder“ zu zählen und bin 
angewidert von mir selbst. Ich fühle mich schlecht, weil ich Lebenszeit 
verstreichen lasse. Kostbare Zeit wird vergeudet. Was, wenn wirklich etwas 
passiert? Hin- und hergerissen zwischen Funktionieren und dem Versinken in 
meinem schwarzen Seelenloch. Geh!!! Geh endlich!!! Vielleicht tut es allen 
andren ganz kurz weh, aber dann ist es vorbei. Warum soll ich noch länger die 
Qualen aller tragen? Still und alleine? Warum muss ich diese Bürde tragen? Was 
habe ich getan? WAS? Mein Leben besteht nur aus Angst. Und nun auch noch aus 
weiteren Scherben, die mit jedem Jahr mehr werden.
13. Februar, Mittwochvormittag
Eine Nacht voller Alpträume, Panikattacken, 
Realitätsverlust und absurderweise immer wieder das Gefühl, dass alles in 
Ordnung ist. Mich durch einen Berg von Tabletten kämpfen, die letzte Urbason in 
einer Dosishöhe von 20mg runterwürgen. „Sag tschüss zum Kortison!“. Nach all den 
Schweißausbrüchen gestern ist auch mein Gewicht wieder etwas runter. Eigentlich 
sollte mir die Routine allmählich Sicherheit geben. Aber sie tut es nicht. Es 
kann keine Routine geben wenn ich mir einfach nichts merken kann. Ich brauche 
eine Ablaufsliste, detailliert jeden Tag dokumentiert und diese hänge ich mir 
dann im Bad auf, vor den Spiegel. Aber habe ich mir das nicht auch schon jedes 
Mal vorgenommen? Das Ausschleichen der Dosis macht sich in unkontrollierten 
Zuckungen bemerkbar, der Eiweißshake landete elegant in meinem Gesicht. Mein 
Körper zittert. Ich weiß zudem wieder nichts mit mir anzufangen, geschweige denn 
was ich fühlen soll und welchem Gedanken ich vertrauen kann. Tee trinken und 
abwarten. Wer hätte das gedacht. Ich 
weiß auch nicht, was mich im Moment von weiteren Verletzungen abhält. Die 
Hoffnung, dass sich nun endlich etwas ändert? Dass mein Leben eine Struktur 
bekommt? Zuviel Hoffnung in den Termin am Montag? Oder das Kortison? Hej, meine 
Arme sehen richtig schick aus, so weiß und lila gestreift, der Sommer kann 
kommen. Ich denke bei warmen Temperaturen nicht mehr an kurze Ärmel und nackte 
Haut. Der einzige Gedanke der mich bewegt ist, dass ich noch bevor es warm wird 
einen weiteren dünnen und vor allem langärmligen Laufpulli auftreiben muss. Und 
man sollte sich fragen, was kranker ist: Dass meine Haut zerschnitten ist oder 
dass die Gesellschaft glotzt? Wie dumme Schafe auf der grünen Wiese…
Nachmittag
Panik im Supermarkt. Wieder so unendlich fremd in diesem 
menschlichen System. Eigentlich hatte ich nur darauf gewartet, dass mir ein 
Fehler unterläuft, mir irgendetwas aus der Hand fällt und ich schreiend 
wegrenne. Der anschließende Lauf stabilisierte mich wieder etwas, sodass ich 
Sebastian gut gelaunt empfangen konnte. Doch nun? Die Zeit hat erneut begonnen 
mich aufzufressen. Die erste Sendung stand ich noch durch. Während der zweiten 
begann meine Hand zu zittern, ich zeichnete mit dem Zeigefinger unentwegt 
Quadrate auf die Decke. Es hätte nicht sein müssen, nicht deswegen. Denn selbst 
die Verletzung erscheint nur befremdlich. Doch ich tue, was ich immer tue. Was 
bleibt mir sonst? Ich muss mich ernsthaft damit auseinandersetzen, was sich an 
meiner Situation ändern kann, wenn ich nachmittags doch wieder nur in meinem 
eigenen Körper wie gefangen bin und eigentlich keine Optionen offen bleiben. 
Nachdenken über Auswege. Doch alles bleibt starr und festgefahren, Körper und 
Geist wie paralysiert. Und jetzt, da die erneute Katastrophe schon mal 
losgetreten ist, lasse ich die Lawine Lawine sein. Warum? Es frisst Zeit, die 
sonst mich fressen würde…
Die Krankenkasse will wissen, warum sie weiterhin einen 
Zuschuss zur Psychotherapie gewähren soll. Soll ich den beschissenen Fragebogen 
in meinem Blut tränken? Ich ertrage es nicht einfach nur da zu sein, um da zu 
sein. Der Himmel ist strahlend blau, die Vögel erfüllen die Stille mit ihrem 
Gesang und ich weiß nicht mal warum ich mich zum zweiten Mal aufschlitze. Die 
Klinge ist wertlos. Würde mich jemand vermissen? Würde irgendjemand nach mir 
fragen? Was für einen gravierenden Unterschied macht es ob man lebt oder tot 
ist? Welchen in meinem Falle? Die Rehe toben durch den Wald, oben auf dem Hügel 
und die sich senkende Sonne scheint mir auf den schwarzen, ausgeleierten Pulli. 
Ist da Leben? Ich kann nichts fühlen. Lediglich der Geruch meines Blutes wirkt 
besänftigend auf mein Gemüt. Darauf 
warten, dass die Sonne versinkt, der Tag im Dunkeln in die Verlängerung geht um 
dann endlich sein Ende zu finden.
Abend
Wie schnell doch alles wieder in geordneten Bahnen 
verlaufen kann. Ist es traurig, dass es sich um meine Definition von „geordnet“ 
handelt? Schmierölgeruch einer neuen, unendlich scharfen Klinge klebt an meinen 
Fingern. Ich konnte es nicht ertragen, als das Blut beim Duschen meinen Arm 
hinab lief, nicht, dass die Wunden verblassen könnten. Zurück in meinem Spiel, 
gefangen in diesem Körper, geknebelt von betäubender Stille. Es tut so weh, dass 
die Schnitte wieder nur Kratzern gleichkommen und dem kostbaren Werkzeug nicht 
gerecht werden. 3 Mal. 4 Mal. Es reicht nicht. Ich sollte herausfinden, was mir 
vor dem Akt durch den Kopf geht. Nichts? Denn es ist egal weil ich egal bin. 
Zittern und verschluckte Tränen. Atemlosigkeit, 
angepeitscht durch den brennenden Schmerz und der bittere Nachgeschmack des 
Versagens. Und nun? Glotze anschmeißen und versuchen, mich mit den wenigen 
Schmerzreizen am Arm zufrieden zu geben? Versager!!! Ich glaube, ich kann das 
nicht… Will es nicht können…
Und Sebastian hatte am Abend eine Schachtel Pralineherzen für mich mitgebracht: „Damit du nicht immer so hilflos bei der Werbung dahinschmachten musst!“. Da ist er wieder, der Tod und die Angst vor dem Verlust. Los! Tu es!
5 Mal. Der linke Unterarm zur Hälfte zerschnitten. Ein starkes Brennen. „Kannst du dich jetzt endlich spüren???“. Langsam verhärtet sich der Verdacht, dass sich eine Parästhesie entwickelt hat. Umso besser, denn umso massiver ist der Schmerz. „Wie ein Verbrecher…“. Zitternd auf meine Erlösung warten…
14. Februar, 
Donnerstag 8 Uhr
Bin schon viel zu lange wach, will aber noch nicht wach 
sein. Ist es die Angst davor, dass mich die nächsten Stunden wieder verschlucken 
könnten? Die Befürchtung wird beim Anblick der Reste des gestrigen Spektakels 
zur Erwartung. Bin nicht stark genug für diesen Tag, will es auch nicht sein. 
Selbst die Dinge des Alltags langsam zu vollführen, reißt auch keine Löcher in 
die Zeit. Warum kann ich nicht noch schlafen? Warum darf ich nicht? Mein 
Leben eine Tag für Tag wiederkehrende Beerdigung. Sei es ein Teil meiner 
Gesundheit, eine Fähigkeit, mich selbst oder all die Menschen, die mir nahe 
stehen; es gibt immer etwas zu Grabe zu tragen. Die Spuren, die Sebastian 
hinterlässt wenn er morgens geht, schmerzen. Die Krümel unter dem Tisch ein 
Mahnmal und ich tagein tagaus im Trauerflor. Was für ein Leben! Der linke Arm 
ist leicht angeschwollen und die Wunden reißen beim Abziehen des schäbigen 
Strumpfes wieder auf und bluten. Was ist da? Schweres Atmen? Sehnsucht? „Warum 
ist es jetzt so schlimm geworden mit dir???“. Warum… Keine Alternativen, kein 
Ausweg. Die Ressourcen müssen genauestens kalkuliert werden, um irgendwie über 
den Tag zu kommen. Entweder Laufen oder etwas anderes. Das Angebot schrumpft und 
die Kombinationsmöglichkeiten machen sich ebenfalls rar. „Typische 
Tagesschwankungen“; so ein Scheiß! Selbst die große, glänzende 
„Freiheitsstatue“, das Laufen, bröckelt seit nunmehr einem Jahr. „Es geht zu 
Ende, wie?“. Im „Freitodaktenordner“ summieren sich allmählich die Anträge, 
immer klarer werden die Gründe artikuliert, immer eindringlicher und logischer 
erscheinen diese. Gehen, bevor jemand anders geht. Ein tröstlicher Gedanke.
Die Welt vorm Fenster erstarrt unter einem weißen Mantel aus 
Eiskristallen, hier drinnen künstliches Licht und schwere, traurige Musik. Mein 
Kerker ist hübsch mit den Vorhängen.
Zwei Stunden noch und schon festgefressen.
Ich beginne mich zu verlieren, mich aufzulösen in befremdliche Einzelteile. Und alles um mich rum zerlegt sich ebenfalls in noch nie erkannte Fragmente. Muss mich erden…
Im Spiegel eine hässliche, alte Fratze. Könnte mir selbst 
vor lauter Jähzorn ins Gesicht spucken. Letztendlich hatte das ganze nur einen 
Effekt: Unzufriedenheit. Es reicht nicht. Es reicht nie. Es ist nie massiv und 
tief genug. Gebe ich erst Ruhe, wenn ich mir bis in die Muskeln schneide? Meine 
Mutter kommt heute Nachmittag. An diesem Punkt kann ich noch nicht sagen, ob ich 
bis dahin in der Lage bin zu funktionieren. Zittern und mich selbst ankotzen. Es 
noch mal versuchen? Versuchen, versuchen, nichts als versuchen!! 
und Du feige Schlampe!!!
Nachmittag
Alle faseln immer von den bösen Nebenwirkungen des 
Kortisons. Und was ist mit dem Entzug? Zitternd nach Jennersdorf fahren. Beim 
Lauf stellt sich erst nach Ewigkeiten so etwas wie Ruhe ein. Und dann wieder das 
Gefühl, eine Zumutung zu sein, entschuldige mich wieder. Fliegender Abklatsch: 
Sebastian geht, meine Mutter kommt. Ich bin nicht in der Lage ihr zuzuhören. Und 
nun kann ich nicht mal sagen, was sie mir alles erzählt hat. Auch das mitunter 
ein Grund, mich nun schlecht zu fühlen und ins nächste Loch zu fallen. Sebastian 
kommt um 4. Bis 4 ist noch viel Zeit, zuviel Zeit. Zittern…
15. Februar, 
Freitagvormittag
Der Tag verlief sich in den folgenden Stunden in 
Unendlichkeit und ich spürte nur, dass nicht mal Aufschlitzen mich retten würde. 
Aus Angst, wieder nur zu kurz zu schlafen und vor dem Absaufen in einem viel zu 
langen Vormittag, entschloss ich mich abends Mirtazapin erneut für meine Zwecke 
zu nutzen. Diesmal aber in der für mich verschriebenen Dosis von nur 15mg und 
nach etwa 20 Minuten fiel ich in einen tiefen Schlaf, gegen den es keine 
Gegenwehr gab. Bis nach 10 hielt er an. Und nun? Massive Zuckungen und das 
Gefühl, betäubt zu sein. Der Lauf steht erst am Nachmittag an und ich kann nur 
hoffen, dass sich die Ausartungen meines Körpers bis dahin gelegt haben. Sonst 
ist da nicht viel in mir. Müdigkeit? Ein ausfüllendes Nichts?
Martha erbricht sich im Flur, nachdem ich sie erst vor 5 Minuten rein gelassen habe, wie immer auf einem der drei Flurteppiche. Danke, jetzt ist mir auch noch schlecht. Und schwindelig. Das Mittel ist wohl ein Symptomverstärker, so wie Fieber. Und ich muss mich ernsthaft fragen, ob so eine kurze Zeit ausreicht, um erneut zu straucheln. Zumindest fühlt es sich nun nach Verstreichen einiger Minuten so an.
16. Februar, Samstagnachmittag
Wo willst du hin?? Mich raus schneiden, aus diesem 
beschissenen Körper raus schneiden. Nichts geht mehr. Kein Gehen, noch Stehen, 
denn selbst aufrecht Sitzen fällt ungemein schwer. Und dieser Zustand wird sich 
nun wie bereits gestern auf den gesamten Tag verteilen und unverändert anhalten. 
Ich lache zwar, wirke lebendig und denke doch unentwegt daran, dass ich das hier 
NICHT ertragen will. Wie machen das andere? Bin einfach zu unruhig, innerlich zu 
stark getrieben, als dass ich es einfach hinnehmen und aussitzen könnte. Der 
Lauf gestern war eine Katastrophe. Der Lauf heute war zwar etwas besser, aber 
mit massiveren Folgen. Hier hocken, trinken und essen und nichts tun. Ich 
ertrage es nicht. Ertrage diese Körpergefühl nicht. Mag sein, dass ich 
jämmerlich wirke. Aber unter diesen Umständen kann ich einfach nicht. Vielleicht 
sollte ich mich wirklich raus schneiden. Mir ist nur noch nach Heulen, 
unterdrücke es wie immer und gebe nur mit spitzen Bemerkungen mein kaputtes 
Innenleben preis. Es 
ist keine Trauer, die mir das Wasser in die Augen treibt. Es ist purer Zorn und 
Hass, die ich kaum noch zu bändigen vermag. „Du musst dich abfinden!“. Ich denke 
nicht dran. Und irgendwie macht das alles keinen Sinn, kotze mich selbst nur 
noch an.
18. Februar, 
Montagvormittag
Während der Hausbau unsrer neuen Nachbarn in die Gänge 
kommt, frage ich mich, warum ich überhaupt da bin. Alles ist vergänglich, alles 
geht kaputt, selbst ich. Warum bin ich dann noch hier? Und es macht wahrlich 
keinen Unterschied, ob ich beschäftigt bin oder in Langeweile und Nutzlosigkeit 
versinke. Ich war beschäftigt, und dennoch drängte sich mir erneut die Frage 
auf. Ich werde selbstgerecht und hasse mich dafür. Aber die Entartungen meines 
Körpers scheinen nichts andres zuzulassen. Selbstmitleid? Warum nicht? Und noch 
mehr Jähzorn. Ich weiß nicht, wie ich den gestrigen Tag ohne Laufen überstehen 
konnte. Sebastian gab sich redlich Mühe mich aufzumuntern. Trotz allem fand ich 
mich irgendwann im Bad wieder und versetzte meinem Arm noch an die zwanzig 
flache Schnitte. Wertlosigkeit gehört untermauert. Selbstmitleid dort, wo die 
Kraft zu Kämpfen versiegt. Ich bin ein schlechter Mensch.
Die Musik des 
Kammerchors „Accentus“ so laut aufdrehen, bis sie mich zu Tränen rührt, mich 
noch mehr aufwühlt und verwirrt zurücklässt, wenn der letzte Ton verklingt. Die 
Musik in diesem beinahe ohrenbetäubenden Zustand belassen um den beschissenen 
Bagger nicht zu hören. Natürlich ist das ein wunderschönes Fleckchen Erde. Aber 
es wird nicht zwangläufig schöner, wenn alle hier hin ziehen. Unser schöner 
Graben geht den Bach runter. Woran noch klammern? Die Minuten zählen und daran 
zweifeln, dass der geplante Lauf heute Nachmittag „entspannend“ wird.
Abend
Den Hausbau weiter verurteilen. Doch als ich dann unsre 
Einfahrt runtergehe und mir Resi, die alte Mutter der zukünftigen 
Hausbesitzerin, freundlich lächelnd zugrüßt, fühle ich mich scheiße. Es folgt 
der Lauf bei Frühlingstemperaturen. Starker Schwindel, Schlagseite und Torkeln. 
Es fühlt sich so an, als würde ich neben mir her laufen. Nichtsdestotrotz 
schaffe ich 6km. Bin gut gelaunt, doch habe keine Lust mehr diesen Zustand 
weiterhin aufrecht zu erhalten. Die Wertlosigkeit schleicht sich soeben wieder 
ein und ich ertrage es nicht länger, tatenlos vor der Glotze zu hocken.
Mit dem brennenden Schmerz unterm langen Ärmel fühle ich mich gleich viel wohler. Wertlos, wortlos. Gib es auf!…