31. Oktober 2008, Freitag 
          7:30
          Wie kann man mit einem Schlag ein Glashaus kaputt machen? 
          Und wie sieht dieses aus, wenn gleich mehrere Steine drauf 
          einprasseln? Vorgestern war der Postkasten leer, gestern voll gestopft 
          mit Briefen. Jetzt erst kam die letzte Rechnung für die letzten 
          Therapiesitzungen. Seltsamerweise hatte ich am Tag zuvor aus heiterem 
          Himmel darüber nachgedacht, ob nicht noch etwas zu zahlen sei. Bei 
          meiner Hirnleistung konnte ich es nicht mehr wissen. Doch der absolute 
          Oberkracher kam erst: Eine Vorladung in die BH zur Nachuntersuchung 
          das Pflegegeld betreffend. Schluck. Im ersten Moment wäre ich am 
          liebsten weggerannt, im zweiten hätte ich mich aufgeschlitzt. Tat 
          keines von beidem, blieb sitzen, unglaublich angespannt, unruhig und 
          entnervt. Und warf mir selbst vor, ob ich überhaupt ein Recht dazu 
          habe? Da war die Angst, dass sie mich laufen gesehen hat.  Es ist und 
          bleibt ein Dilemma: Einerseits denke ich kein Recht zu haben, dieses 
          Geld zu beziehen, andrerseits brauche ich es aber, da mit 360€ 
          Kinderbeihilfe ein Leben kaum leistbar ist. Und? Gönne ich mir denn 
          etwas? Es geht einzig und allein um Sparen. Sparen, um die 
          Wohnbauförderung abzubezahlen. Mittlerweile lasse ich schon Tabletten 
          weg, nur weil es mir auf die Dauer zu teuer wurde. Wenn wir nicht 
          alles geschenkt bekommen würden, hätten wir nichts. Und dann dieser 
          Umstand, Sebastian verleugnen zu müssen. Es kotzt mich an, es widert 
          mich derart an, dass mir schlecht wird. Was ist da noch? Durch diesen 
          inneren Kampf, diese Anspannung erneut einen Schub loszutreten? 
          Eigentlich müsste ich das Geld einsetzen, bräuchte Hilfe. Aber ich 
          spare es lieber und quäle mich, gehe an und weit über meine Grenzen. 
          Bin ich so schlecht? Und schon geht’s mir schlecht. Krampflöser 
          einwerfen.
          Vormittag
          Nicht wissend, wie mein Körper auf die „ungewohnte“ Strecke 
          reagieren würde, entschied ich mich für die kürzere Variante. Doch die 
          Parese hielt sich im Hintergrund, es war wunderschön die Kraft in den 
          Oberschenkeln zu spüren. Über die Hügel, durch die atemberaubende, 
          herbstliche Landschaft, mein Schatten lief neben mir her und es sah so 
          unendlich kraftvoll aus.
          Und es war deprimierend, als die Kraft schlagartig nach 5km mit dem 
          ersten kurzen Stückchen bergab endete. Als ich am höchsten Punkt 
          angelangt war und mir das Lafnitztal zu Füßen lag, sah ich irgendwo da 
          unten in der Weite der Ebene einen Punkt rumlaufen, sah mich selbst, 
          meine Kindheit, meine Jugend. Und ich wusste, meine Vergangenheit ist 
          tot. Stand da, sah all die Pracht, spürte die unendliche Schwäche und 
          den Zerfall und Tränen stiegen mir in die Augen. „Wie lange noch…?“. 
          Ich rannte weiter, mit der einsetzenden Lähmung kämpfend. Als ich 
          erneut anhielt, konnte ich unten im Graben das Haus meiner Eltern 
          sehen und spürte den Tod. Noch mehr Tränen. Doch ein Bekannter trat 
          aus seinem Schuppen direkt neben mir hervor und ich rannte weiter. Die 
          letzten Meter humpeln. Den Hohlweg zum Haus erklimmen indem meine 
          Hände das linke Bein Schritt für Schritt hochziehen.
          Wahrlich, mir ist nach Heulen. Darf ich denn? Was ist recht und was 
          nicht? Jetzt sind sie da, all die Tränen über den schleichenden 
          Verlust. Darf trauern um das, was mir das Liebste ist. Die Wand, 
          hinter der all der Schmerz verborgen lag, eingebrochen. Sehe mich 
          gezwungen mich erneut mit dem Desaster auseinanderzusetzen, obwohl ich 
          doch viel lieber einfach so in den Tag hinein leben würde um jeden 
          Funken Kraft zu genießen, ehe es zu spät ist. Mit verheulten Augen im 
          einfallenden Herbstlicht zusammensinken wie ein kleines Kind, das 
          Angst hat, verlassen zu werden. Da ist alles –der Tod, der eigene 
          Verfall und noch mehr Tod. Ich darf nicht glücklich sein…
Wenn es doch so weh tut, warum sterbe ich dann nicht?
1. November 2008, 
          Samstag 7:45
          Capuccinoschlürfend auf den Laufstart warten. Es regnet, 
          die Zweifel an meinem Vorhaben waren aber nur von geringer Intensität. 
          Und bereits nach kurzem Kalkulieren war klar, dass nun zu laufen die 
          beste Option sei. Es ist nicht kalt, so spielt das nasse Wetter keine 
          Rolle. Entscheidender ist das Gefühl in meinen Beinen. Nicht unbedingt 
          prickelnd. Wir waren gestern noch in Fürstenfeld und gingen durch die 
          Stadt, auf der Jagd nach einer Brille für Sebastian. Bereits nach dem 
          Ausstieg aus dem Auto humpelte ich massiv, und es wurde nicht 
          unbedingt besser. Wir amüsierten uns darüber, wie ungeniert die Leute 
          glotzten, weniger amüsant war dann der Umstand, dass nach einer Weile 
          die Beine verkrampften und zu schmerzen begannen. Der Optiker 
          versuchte Sebastian mit Sprüchen wie: „Damit sind Sie up to date!!“, 
          und: „Das ist TOTAL in Mode!“, zu ködern. Eigentlich der falsche Köder 
          für den falschen Fisch. Letztendlich entschied er sich dann, mein 
          Portmonee blutete schon in schmerzhafter Erwartung und er fühlte sich 
          schlecht dabei, mich anpumpen zu müssen. Doch mein Geld ist auch sein 
          Geld. Abends besuchten wir dann noch Margit, unsre Nachbarin. Das alte 
          Bauernhaus ist ein TRAUM. Wieder erblassten wir vor Neid, als wir nur 
          die erste Stufe betraten. Ihre Freundin, die Sprechstundenhilfe meines 
          Hausarztes, traf auch noch ein und wir unterhielten uns erst ganz 
          angeregt. Doch ich merkte, dass ich das irgendwie nicht mehr kann. 
          Bzw. nur kurz. Dann war ich überfordert und verfiel diesem Schauspiel. 
          Reagierte nur noch so, wie man es von mir erwartete. Zudem fühlte ich 
          mich scheiße, da sich immer irgendwie alles um meinen Dachschaden 
          drehte und auch wenn nicht ich die treibende Kraft war, es war mir 
          unangenehm. Irgendwie kam die Schuld und beutelte mich. Auch deswegen, 
          weil mein Interesse an meinem Gegenüber irgendwann schwand und ich 
          einfach nicht mehr richtig zuhören konnte. Wie ich schon erwähnte: Ich 
          bin und bleibe wohl ein gesellschaftlicher Krüppel. Kein gutes Gefühl. 
          Zumindest dann nicht, wenn man gezwungen ist zwischenmenschlich zu 
          agieren.
          Es regnet stärker –nehme ich die lange oder die kurze Strecke? Um halb 
          12 muss ich fix und fertig sein für das Essen bei meiner Mutter…
3. November, Montag 6:00
          Bei Kilometer 5 von einem gemächlich dahin trottenden 
          Läufer überholt zu werden, tut weh. Und dass er es dann noch in diesem 
          Tempo schafft, mich abzuhängen, schmerzt noch mehr. Zudem hatte er, 
          laut seiner Aussage, schon 15km auf den Latschen. Wie deprimierend. 
          Zum Glück dauerte das Schauspiel nicht unerträglich lange, da er nach 
          dem Überholmanöver gleich sein Haus erreicht hatte und länger hätte 
          ich seinem fast hypnotischen Stil nicht zusehen können. Liegt es 
          wirklich daran, dass ich nicht unbedingt ein Riese bin? Oder bin ich 
          so langsam? Ich komme mir selbst gar nicht so langsam vor. Meine neue 
          Hose ist auch eine Enttäuschung, sie ist viel zu weit, aber unter den 
          gegebenen Umständen, ist es ein Wunder dass diese Überhaupt Form und 
          Sitz ihr Eigen nennt. Dieses Rumgepfusche wegen zuwenig Stoff ist 
          unwahrscheinlich nervig. Lass ich sie an oder werfe sie gleich wieder 
          rüber ins Atelier auf den zu bearbeitenden Haufen? Vielleicht ist die 
          Passform nach der Kanne Tee eher gegeben. Und eigentlich mag ich 
          nicht. Mag nicht wach sein, mein Schädel dröhnt erneut. Sind mir doch 
          tatsächlich gestern die Tabletten ausgegangen und nachdem ich bereits 
          mittags schmerzhafte Krämpfe hatte, war die Befürchtung, abends 
          deswegen nicht schlafen zu können, mehr als berechtigt. Ich versuchte 
          nicht daran zu denken, was mir wahrlich nicht gelang, doch mein 
          Dachschaden war gnädig und ersparte sich und mir die Müh. Schlummerte 
          doch noch eine ganz andre Sorge tief in mir und machte Unruhe: Die 
          Vorladung. Morgen ist es soweit und ich erwäge wirklich, dem Rat 
          Margits und Mariannes vom Freitag zu folgen und mir für den Fall der 
          Fälle eine Bescheinigung vom Hausarzt zu besorgen, dass das Laufen 
          wichtig ist und einen unverzichtbaren therapeutischen Effekt habe. 
          Wieso nicht? Es ist ja auch eine Tatsache, dass ich ohne das Laufen 
          GARNICHTS mehr könnte. Andre haben einen Physio, ich meine Asics und 
          einen unbrechbaren Willen. Nur für den Fall, dass sie mich wieder 
          erkannt hat. Den Lauf morgen kann ich mir wohl knicken, obwohl nur 
          noch 100km bis zu meinem Ziel fehlen und diese ohne weiteres in 10 
          Tagen machbar sind. Genau so gut kann ich mich auch hinsetzen und die 
          Fassadenrollländen hochlassen und die gesamte Untersuchung hindurch 
          heulen. Die Angst, morgens aufzuwachen und wieder irgendein neues 
          Symptom mein Eigen nennen zu dürfen, ist seit der Erkältung ohnehin 
          wieder fast unerträglich. Und nun noch zusätzlich dieser Stress durch 
          diesen Termin morgen. Die Vergangenheit und meine Erfahrung, die ich 
          machen „durfte“, sagen mir, dass dies ein äußerst kritischer Moment 
          ist. Situationen wie diese endeten zu 90% im Krankenhaus. Versuche 
          ruhig zu bleiben. Haha, dass ich nicht lache. Ständig rotiert es durch 
          meinen Schädel, was ich sagen darf und was nicht. Wie bescheuert. 
          Lügen, um die Existenz zu sichern. Beschämend…
4. November, Dienstag 
          6:00
          Der Tag war durchwachsen. Als ich im Büro ankam, machten 
          sich schlagartig die Entzugserscheinungen bemerkbar. Ich zitterte am 
          ganzen Leib, bei jedem einzelnen  Schritt zitterten meine Beine, 
          zitterte mein ganzer Körper. Nun gut, das tut er nun schon seit etwa 2 
          Wochen, aber in diesem Moment in einer Ausprägung sondergleichen. 
          Konzentrieren war zwecklos. Nachdem ich mein Käsebrötchen vertilgt 
          hatte, legten sich zumindest die Zeichen des Blutzuckertiefs und als 
          ich ging, sprach ich kurz die Vorladung an. Mieke versuchte mich zu 
          beruhigen und dass die Amtsärztin doch ohnehin ganz lieb sei. Als ich 
          fuhr, war es höchste Zeit, meine Augen nur noch grenzwertig zum 
          Autofahren geeignet. Die neue Servolenkung ist ein Traum und 
          erleichterte zumindest das Durchkurven all der Kreisverkehre und das 
          Einparken. Nach dem Dehnen führte mich mein erster Weg in die 
          Apotheke, wo auch meine Lieblingsapothekerin auf mich wartete. 
          „Notfall!“, und ich drückte ihr mein Rezept für das Lioresal in die 
          Hand: „Hab schon totale Entzugserscheinungen!“. Sie verschwand nach 
          hinten, kam wieder, sah wehmütig auf mein Rezept und teilte mir wieder 
          mit, dass sie es total erstaunlich fände, am selben Tag Geburtstag zu 
          haben. Ich gratulierte und sie meinte den Runden gefeiert zu haben. 
          „Ach den 30er?“. Sie war geschmeichelt, denn es war der 40er. „Also 
          bedeutet das, dass die Oktobergeborenen länger frisch bleiben?“, und 
          ich zückte die EC-Karte. Sie winkte ab und meinte, ich müsse nicht 
          zahlen. Im ersten Moment war ich perplex, war mein Kompliment so gut 
          angekommen, zumal ich wirklich dachte sie sei erst 30? „Gebührenbefreit!“, 
          sagte sie lächelnd. „Nein! Nein? Hab ich’s endlich geschafft? Ich 
          würde nun einen Kniefall machen, wären meine Beine nicht so steif!“. 
          Kaum draußen, warf ich schon meine Tablette ein und lief noch ziemlich 
          steif los. Mein Tag hatte eine gute Wendung bekommen. Ein 
          wunderschöner Tag, ZU schön für einen November. 20°C und mehr im 
          Sonnenschein. Zudem habe ich DEN Grundfehler schlechthin begangen und 
          freitags beim Besuch auf die Frage, ob man sich mit dem Laufen nicht 
          die Knie ruinieren würde, meine Geschichte erzählt und dass all die 
          kleinen Kniffe reichen und ich schmerzfrei sei. Pustekuchen! Da war 
          er, der Knieschmerz. Sonntags links, gestern rechts, und heute 
          schmerzt es richtig, auch im Ruhezustand, und das Gelenk ist heiß. 
          Voltaren muss es richten. Nach dem Mittagessen, als alles erledigt 
          war, wurde mir klar, wie lähmend diese Unruhe in mir sein kann. Hinzu 
          kam noch die genau so lähmende Müdigkeit. Erst versuchte ich es mit 
          Gehirnjogging, anschließend mit der Glotze. Es schien keinen Ausweg 
          mehr zu geben und der Nachmittag drohte mich aufzufressen. Das 
          Programm war ohnehin nicht zu ertragen und letztendlich verschwand ich 
          mit meiner Klinge im Garten. Martha verfolgte mich und als ich mich 
          auf den Hocker setzte und alles bereit gelegt hatte, pflanzte sie sich 
          auf meinen Schoß. Ich saß da und überlegte. Zu viel. Ich räumte den 
          Krempel wieder weg, erst in Reichweite, dann wieder zurück an seinen 
          Platz. Stattdessen ließ die Müdigkeit nach und ich begann im Garten 
          aufzuräumen. Während ich das Werkzeug für den Winter nach hinten in 
          die Autoscheune schaffte, dachte ich immer noch darüber nach, ob dies 
          nun ein Triumph sei oder ein Zeichen von Schwäche. Meine Mutter hatte 
          währenddessen eine Nachricht auf dem AB hinterlassen. Sie hatte die 
          erste Vorladung gefunden und da diese vor exakt einem Jahr stattfand, 
          ist davon auszugehen, dass es eine ganz normale jährliche 
          Nachuntersuchung ist. Das ahnte ich bereits, ich hatte meine eigenen 
          Akten gewälzt und sah selbst, dass es sich zeitlich ausgehen könnte. 
          Der Tag wurde doch noch schön und obwohl ich eine massive 
          Gangbildstörung hatte, ließ ich mich nicht aufhalten. Vermutlich 
          schmerzt mein Knie deswegen, nicht aufgrund der Läufe.  
Abends dann bekam der Tag wieder eine Schlagseite als mir Sebastian mitteilte wie hoch sein Disporahmen sei und dass dieser nun voll ausgeschöpft ist. Erst standen mir die Haare zu Berge, dann wurde mir schlecht und ich sah mich bereits erneut mit der Klinge konfrontiert. Doch ich blieb sitzen, war einfach nur schockiert und auch etwas wütend. Verharmlosend: „Das kann jedem mal passieren…“. „Nein…“, und ich schüttelte vehement den Kopf: „Mir nicht!“. Mein Schädel ratterte, ich suchte nach Auswegen, nach Strategien. Wenn zwei Waagen aufeinanderprallen… Dann gibt es kein eigenständiges Gleichgewicht mehr. Man braucht den andern als Gegengewicht. Ich hatte auch viel über das, was ich bei der Untersuchung sagen werde „müssen“, nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ohnehin schon permanent lüge. Mit jedem Lächeln, jedem netten Wort, dass nicht meines ist. Lüge, in dem Verhalten, welches ich an den Tag lege, damit man es mit mir aushalten kann. In all den Späßen, wenn mir doch nach Heulen ist. Also was machen da ein paar schwarze Flecken mehr auf dem Karma schon für einen Unterschied?
5. November, Mittwoch 
          8.00
          Ich fühle mich schlecht. Ich BIN schlecht, vermutlich steht 
          in großen, schwarzen Buchstaben auf meinem Buckel zu lesen: SCHULDIG!! 
          Erst war ich noch zu meinem Hausarzt und bat ihn, ein Attest 
          aufzusetzen, welches die Wichtigkeit des Laufens und dessen physio- 
          und psychotherapeutischen Wert bestätigt. Er schrieb, las es nochmals 
          durch, dann ein: „Ah, geh!!! Ein Rechtschreibfehler…“, und verfasste 
          das ganze auf ein Neues. Dann betrat ich, 10 Minuten zu früh, das Büro 
          der Amtsärztin und der erste Satz war: „Wie geht es mit dem Laufen?“. 
          Mit einem Schlag müssen meine Ohren hochrot angelaufen sein, zumindest 
          fühlte es sich so an. Ich erwähnte die Schwierigkeiten, de ich 
          mittlerweile habe und währenddessen dämmerte mir, dass das Laufen doch 
          bereit letztes Jahr ein Thema war und sie davon wusste. Ich hätte mir 
          auf die Stirn hauen können, weil ich so vergesslich bin und mir sehr 
          viel Stress erspart hätte. Und dann kam der mehrseitige Bogen mit 
          Fragen, auf die ich antworten musste. Lüge! Lüge! Und nochmals 
          LÜGE!!!! Sie sagte dann immer schon: „Aber ihre Mutter macht das, 
          nicht?“. Wusste sie nun bescheid? Korrigierte mich in die notwendige 
          Richtung? Letztes Jahr hatte meine Mutter all diese Fragen beantwortet 
          und ich saß mehr teilnahmslos daneben. Nichts davon entspricht den 
          Tatsachen, einiges wäre wohl nötig, aber ich beiße mich da selbst ohne 
          Rücksicht auf Verluste durch. Ist es fair? Meine Mutter sagt, sie 
          kennt unendlich viele, die es NICHT verdient hätten. Aber das gibt mir 
          kein besseres Gefühl. Wäre es einfacher, wenn ich ein Recht auf 
          Frührente hätte? Und so wand ich mich durch das Gespräch und all die 
          unangenehmen Fragen, mein Schädel wurde immer heißer und heißer und 
          dann am Schluss fragte ich sie: „Finden sie es nicht ambivalent, dass 
          ich laufen kann und alles andre nicht mehr?“. Für einen Moment stockte 
          der Atem und es war totenstill im Raum. „Nein, ich sehe ja die 
          neurologischen Ausfälle.“. Spätestens jetzt war ich mir sicher, dass 
          sie schon beim ersten Gespräch wusste, dass ich laufe. Und dann wollte 
          sie mir noch etwas zeigen, da „die Schulmedizin auch nicht die Antwort 
          auf alles sei“. Und ich musste noch 10 Minuten warten, und wäre doch 
          am liebsten im Erdboden versunken. Dann zeigte sie mir ihr 
          Wunderkästchen, welches mit Elektroimpulsen Mordsergebnisse erzielen 
          würde. Und redete und redete und ich wünschte nur noch, sie würde 
          aufhören und diese Quälerei beenden. Diesen Gedanken hatte ich nicht 
          zum ersten und letzten Mal an diesem Tag. Wackelnd verließ ich die BH, 
          ich konnte ohnehin kaum noch gehen. Psyche oder nicht? Erst dachte 
          ich, dem sei so. Doch dieses Phänomen trat schon vor Eintreffen der 
          Vorladung auf. Wieder ein Schub? Abends dann bei unsrer Apfeldealerin, 
          flehte ich innerlich erneut: „Bitte! Bitte, hör auf zu reden und lass 
          mich gehen!“.  Sie erzählte erneut von einer Naturheiltante aus dem 
          Dorf nebenan, die spüren würde, was man hat und berichtete von 
          unglaublichen Erfolgen. Und dass ich da unbedingt hingehen müsste. Und 
          sie hörte nicht auf, auf mich einzureden und ich konnte längst nicht 
          mehr, stand schon aufs Auto gestützt, zitternd, halb am 
          Zusammenbrechen und wollte nur noch weg. Und dann? Dann fühlte ich 
          mich schlecht deswegen, weil man es ja nur gut mit mir meint. WARUM 
          müssen alle möglichen Menschen MEIN Leben verbessern und ändern? Warum 
          wollen sie mir die Besserung regelrecht aufzwingen? Warum kann man 
          mich nicht einfach in Ruhe lassen? „Ja hast du denn keine Hoffnung?“. 
          Nein, denn es ist wie es ist und für mich ist mein Kampf der einzig 
          wahre. Worte können so belastend sein…
          Und nun? Was hab ich von dem ganzen Scheiß? Meine linke Körperhälfte 
          ist noch tauber als zuvor und das Zittern in den Beinen konnte sich 
          auch nicht unbedingt legen. Die subcutane Injektion am Morgen sinkt 
          ohne einen Reiz in die Haut. Was tu, was lass ich? Abwarten, ob es 
          sich bessert oder von einem Schub ausgehen?
6. November, Donnerstag 
          6.00
          Und schon fressen sich die Tage in den noch jungen Monat, 
          es gibt kein Halten mehr. Die Strafe für meine „Schlechtigkeit“ folgte 
          auf den Fuß. Ich rannte los und bereits nach 2km musste ich das erste 
          Mal das Mobiltelefon zücken. Sebastian konnte nicht weg und ich 
          versuchte, wieder zurück zu laufen. 500m, mehr nicht. Eine Flucht in 
          den Wald schien zwecklos, so nackt wie dieser nun ist. Zudem waren da 
          noch Bauern beim Holzarbeiten und andre „Sportler“ auf der Straße. Ich 
          zückte zum zweiten Mal das Telefon und versuchte es bei meiner Mutter, 
          die erst nicht ranging, da sie meine Nummer nicht kannte. Zum Glück 
          siegte die Neugier und sie holte mich ab. Fuhr mit zu ihr nach Hause, 
          ging dort auf die Toilette, rannte 1km im Kreis, nutzte das Klo ein 
          zweites Mal und verabschiedete mich dann und lief nach Hause. Doch 
          auch da nicht lange, ehe ich erneut auf’s Klo musste. Ich sah mich 
          gezwungen, über den großen gedroschenen Kukuruzacker nach Hause zu 
          gehen, an diesem Punkt versagten meine Beine zum Glück noch nicht. 
          Keine Katastrophe, doch auch kaum Strecke. Es gab Mittagessen, ich 
          verblieb in meinen Sportsachen um nach der Mahlzeit ein zweites Mal 
          loszurennen, um die Strecke zu strecken. Und hatte ich es nicht 
          prophezeit? Dass ich mich schon erneut wieder die Wiese runterholpern 
          sah? Dabei hatte ich die neue Strecke so gewählte, dass ein Austreten 
          für gewöhnlich ohne weiteres möglich ist. Aber nein. Mir war bis dato 
          nicht bewusst, wie unglaublich viele Hochsitze dieses kleine Stückchen 
          Weg besitzt und ich war nicht in der Lage zu erkennen, ob da einer 
          drauf saß oder nicht. Die Umwelt wurde erneut zum Feind und dann war 
          es zu spät. Ich schlich die steile Wiese hoch, getrieben  von Scham 
          und der Angst, gesehen zu werden. Meine Beine zeigten sich gnädig, und 
          beschränkten sich auf massives Kribbeln, als ich oben angekommen war. 
          Ich rannte weiter, um so schnell als möglich nach Hause zu kommen. 
          Absurderweise immer noch die Strecke im Kopf. 200m vor unsrer Einfahrt 
          passierte es das zweite Mal, und ich gab auf, nahm nicht die Straße 
          sondern die Abkürzung über die Wiese, mittlerweile humpelnd, direkt 
          zum Haus. Und irgendwie war mir alles egal, bis auf die Strecke, die 
          ich nicht voll machen konnte. Ich schrubbte mich ab, die Sachen in die 
          Wäsche und trat hinaus vor die Tür, um die fehlenden 200m ums Haus zu 
          laufen. Mein Wert war doch ohnehin schon dermaßen gesunken, dass ich 
          wenigstens diese eine Sache richtig machen und zu Ende bringen musste. 
          Doch es ging noch tiefer. Als es allmählich Zeit wurde und Sebastian 
          bald kommen würde um mit mir nach Fürstenfeld zu fahren, seine neue 
          Brille zu holen, nahm das letzte Desaster des Tages seinen Lauf. Ich 
          versuchte meine Haare zu machen, doch es misslang. Immer und immer 
          wieder. Ich konnte die Arme nicht mehr hochhalten, der linke Arm 
          verkrampfte sogar schmerzhaft, doch ich bekam es einfach nicht hin. 
          Und je häufiger ich es versuchte, desto mehr hasste ich das Gesicht im 
          Spiegel, desto widerlicher und hässlicher wurde es. Ich gab auf, trat 
          hinaus in den prächtigen Abend, der mehr Frühling als Herbst war und 
          lauschte dem wehmütigen Gesang des Rotkehlchens in den kahlen 
          Jungerlen. Und ich wollte den Sonnenuntergang sehen, doch ich konnte 
          nicht denn auch meine Augen versagten, ließen mich im Stich. Jetzt war 
          ich depressiv. Und heute? Heute bleibt die Angst, in der Stadt in eine 
          weitere Katastrophe zu rennen und das gestern sozusagen nur die 
          Generalprobe für den absoluten Megagau war. Mein Schädel dröhnt und 
          ich trinke lieber nicht zu viel Tee. Ob das etwas daran ändert? Ich 
          denke über mich nach, sehe das Bild in mir, das ich von mir selbst 
          habe und ich hasse mich. Der Verletzungsgedanke war mir schon gestern 
          wieder vertraut nah. Wie wird es wohl heute sein? Ist es nicht egal, 
          bin nicht ich egal?
7. November, Freitag 
          7:45
          Ums Kirchenklo rotieren, im wahrsten Sinne des Wortes. Die 
          Insassen des Altersheimes konnten wieder uneingeschränkt Wetten auf 
          mich abschließen, was ein amüsanter Gedanke ist zumal mir diese 
          Toilettengänge ohnehin immer irgendwie peinlich sind. Der Nachmittag 
          drohte mich sodann aufzufressen, es regnete und ich wusste nichts mit 
          mir anzufangen. Zwischen den Zeilen gelesen bedeutet dies im Klartext: 
          Ich war hundsmüde und erschöpft, zu sehr, um irgendetwas in Angriff zu 
          nehmen. Und dieses auf dem Sofa Rumgammeln hatte etwas von kostbarer 
          Lebenszeit in dieser Lebensqualität Wegwerfen. Und spätestens beim 
          Abendessenkochen drängte sich mir erneut die Frage auf, ob ich nun 
          einen Schub habe oder nicht? Was soll’s? Wenn es einer ist, kommt doch 
          nun ein wunderschönes Wochenende, um noch darüber nachzudenken und 
          Handlungszeit beim Fenster raus zu werfen, falls ich überhaupt etwas 
          dagegen unternehmen will und darf. Erstmal ruft die Strecke und die 
          Befürchtung, in die nächste Katastrophe zu rennen, ist berechtigt…
          Vormittag
          Irgendwo unterwegs auf irgendeiner einsamen Landstraße im 
          Nebel und Regen bist du ganz allein, wenn die Lähmung einsetzt. Da ist 
          niemand, der dir helfen kann, niemand, der dich tröstet oder dir Mut 
          zuspricht. Allein, ganz allein. Was hilft dann noch? Welche 
          Hausmittelchen hast du dann noch in petto? Fiese Musik auf volle 
          Lautstärke aufdonnern, damit dir jemand anders ins Ohr brüllt und du 
          das verzweifelte Wimmern tief in dir drin nicht mehr hören musst? Hilft es? 
          Wie weit? In nicht ganz 5 –Minutenabständen immer und immer wieder 
          anhalten. Das Regenwasser läuft über mein Gesicht, doch es spielt 
          keine Rolle. Ich vermag die Spur nicht zu halten, drifte immer wieder 
          Richtung Straßenmitte ab. Am Ende werde ich 10km in meinen Kalender 
          schreiben und nur diese Zahl scheint  von Bedeutung. Doch da ist 
          Angst. Gestern ein massives Flashback im Büro, und nun nach dem Lauf 
          ein weiteres. Es tut weh, mir wird schlecht, der Atem stockt, das Herz 
          setzt aus. Für einen Moment bin ich wieder in meinem Traum, bin tot. 
          Und danach ist nichts mehr wie es vorher war. 
10. November, Montag 
          6:15
          Mich das ganze Wochenende mit Nähen quälen. Am ersten Tag 
          war es eine Qual auf den Knien auf dem Boden rumzurutschen, um die 
          Vorlagen als Schnitt auf den Stoff zu bringen. Am zweiten Tag noch 
          mehr, denn dann kam noch der Ärger dazu. Wieder wünschte ich mir eine 
          Schneiderpuppe, dachte erneut darüber nach, wie ich mir selbst eine 
          basteln könnte. Der Lauf am Samstag war deprimierend, der Lauf gestern 
          herrlich. Ich hatte das Gefühl, dass die MS mein Liebstes nicht so 
          einfach bekommen würde. Und ich hatte mir ein zweites Paar Laufschuhe 
          gekauft, was für mich Versprechen genug ist, dass ich nächstes Jahr 
          noch laufen werde. Ich begegnete der Konkurrenz. Wo die alle auf 
          einmal herkommen, ist mir ein Rätsel. Oder waren es „Jogger“? Wie kann 
          man so emotionslos seine Kilometer abarbeiten? Laufen ist für mich 
          Leben, ist voller Emotion. Mal schnell, mal langsam,  mal mit Freude 
          im Gesicht, mal mit Tränen. Im ersten Moment war da nur Unverständnis, 
          wie man nur so lieblos einen Schritt nach dem andern tun kann, ohne 
          wertzuschätzen, dass man überhaupt dazu in der Lage ist. Ja, ich weiß… 
          Wieso sollten sie? Ich hatte neue Musik auf dem MP3-Player und ich war 
          für meine Verhältnisse verdammt schnell, lag weit über meiner normalen 
          Durchschnittszeit. Die Lähmung kam, wie immer, nach 5km, aber es 
          spielte keine Rolle. Nicht an diesem Tag und bei diesem Lauf. Ich 
          wollte nicht, dass sie eine Rolle spielt. Sie vergiftete schon den 
          Rest des Tages. Als ich im Atelier an meinem Arbeitstisch über den 
          Stoff gebeugt stand, kippte ich immer wieder nach vorne. Es geht nicht 
          mehr, es zieht mich nach unten. Und abends, als ich vollends entnervt 
          das „Kleid“ in den Wäschekorb zum Auswaschen von Fäden und Kreide warf 
          und meine Haare neu sortieren wollte, ging dies nicht mehr. Meine 
          linke Hand war absolut unbrauchbar. Ich quälte mich vorm Spiegel mit 
          dem Haargummi und meinen Zotten ab und zitierte erneut verbittert 
          murrend: „Nein, nein, da ist keine Hemiparese. Ich kann nichts 
          feststellen!...“. Sicherlich, NUR die Psyche! Genau so verbittert 
          reagierte ich freitags beim ersten Schuhkaufversuch in Fürstenfeld. 
          Ich beschrieb den Schuh, den ich bis jetzt immer gekauft hatte, und 
          der Verkäufer von oben herab: „Nein, ohne Dämpfung laufen sie sicher 
          nicht.“. Ich erwähnte den Vorfußlauf, er entgegnete beinahe arrogant, 
          dass er nun stundenlang mit mir darüber diskutieren könnte, wie 
          unsinnig das sei. Nun lief ich richtig heiß. „Wenn ich nicht so laufen 
          würde, könnte ich keinen Schritt mehr machen und mich gleich in den 
          Rollstuhl setzen!“. Hatte ich ihn damit überfahren? Er kam ins 
          stocken, irritiert von meinem unvorhersehbaren Argument. Richtig so! 
          Einen Tag später in der andren Filiale gab es den Schuh, gleich zu 
          Hauf, und als ich an der Kassa wartete, hatte sich die Verkäuferin 
          noch informiert und meinte, man könne den Schuh bei Bedarf auch noch 
          aus andern Filialen beziehen. Was für ein Unterschied. Mit den Worten: 
          „Sie haben meinen Tag gerettet!“, verließ ich 50€ ärmer das Geschäft, 
          aber glücklich. Was will man mehr? Billiger kann man wohl kaum 
          Laufschuhe kaufen.
Und da waren auch noch die Verletzung, bzw. der Gedanke daran und die Bilder in meinem Kopf. Ich stieß, ungeschickt wie ich war, die kleine Dose um, als ich mit dem Stoff rumhantierte. Da lagen sie. An die 15 Rasierklingen, über den Tisch verteilt und schimmerten verführerisch. Ich konnte mich ihrer Wirkung kaum entziehen und als ich eine nutzte um eine Naht aufzutrennen, wofür die alten nun auch eigentlich gedacht waren, spürte ich das Verlangen, sie mir in den Arm zu rammen. Ich tat es nicht. Macht das nun den Unterschied aus? Oder ist es erneut nur eine Frage der Zeit?
11. November, Dienstag 
          6:15
          Der Tag prallte ungebremst in mich und meinen ledierten 
          Körper, ging aufs Gas, ohne Rücksicht auf Verluste. Ein Berg Arbeit 
          lag schon für mich bereit und begrub mich unter sicht, in Nachbeben 
          folgten die Schlüsselkräfte mit separaten Wünschen. Überforderung ist 
          kein Ausdruck für den Zustand, in dem ich mich viel zu lange befand, 
          ehe ich meine Abläufe strukturieren konnte. Und dann diese Aktenordner 
          und all diese Akten, die erneut eingeordnet werden mussten. Meine 
          linke Hand hatte sich vom Vortag immer noch nicht erholt, es war eine 
          Qual die Mappen aus dem Schrank zu nehmen, umzublättern, 
          einzusortieren, wieder zu schließen und zurück zu stellen. Solch 
          poplige Handgriffe und ich nicht in der Lage, diese durchzuführen. 
          Aber es können oder nicht und dann tun sind bei mir zwei Paar Schuhe. 
          Ich tat es also dennoch und die Hand verkrampfte sich, bitterböse 
          zeternd. Die Beine, Fundament des ganzen Regimes, boykottierten ihren 
          „Diktator“ ebenfalls und so juckelte ich durch den Flur, sodass mich 
          eine Klientin auf meinen humpelnden Gang ansprach. Ich meinte nur: 
          „Leg dir bloß keine Löcher im Hirn zu!“. Im Büro war ich zu 50% allein 
          und wenn Heidi da war, meinte sie, das Telefon wäre heute aber ruhig. 
          Dafür musste ich aber gefühlt verdammt oft mit diesem nach hinten in 
          die Küche schlurfen. Ich könnte auch sagen: „Rufen Sie bitte nochmals 
          an mit der Durchwahl 12!“. Doch die verschreckten Tanten in der Küche 
          wagen es, bis auf eine einzige, nicht, abzuheben. Also weiterhin mich 
          nach hinten kämpfen oder gemäß des Falles bei der Tür rausbrüllen, sie 
          sollen gefälligst abheben? Einfach sieht anders aus. Nun gut, nach 
          zwei Stunden war es geschafft und ich humpelte in meine Laufsachen und 
          Schuhe. Dehnte, humpelte auf die Straße. Links den Fuß etwas 
          nachschleifend, rechts beim Auftreten zitternd. Warf die Musik und die 
          Pulsuhr an, tat den ersten gelaufenen Schritt und die Befreiung aus 
          den Ketten der Krankheit war getan! Zumindest bis Kilometer 5, da 
          hatte sie mich wieder eingeholt. Aber die Parese ist wie sie heißt 
          eine träge Persönlichkeit und so konnte ich sie auch diesmal mit sich 
          zum Ende hin häufenden Pausen austricksen. Zumindest an diesem Tag. 
          Endstand? 12,3km. Also noch eine ganze und eine halbe Strecke und ich 
          darf mein 2000km-Siegerfoto machen. Und da stand ich vor meinem 
          Kalender und rechnete, wie viel noch in die restlichen Jahrestage 
          reingehen könnte und musste mich selbst ermahnen, dies zu lassen um 
          nicht erneut dem nächsten Zwang zu verfallen. Draußen trifft Grau 
          Nebel und das Rotkehlchen singt in den kahlen Bäumen. Immer noch zu 
          warm, nun fast Mitte November und ich renne immer noch in den kurzen 
          Lauftights. Aber mit fingerlosen Handschuhen, Herr „Krampus“ und die 
          chronische Sehnenscheidenentzündung hatten nichtsdestotrotz am Wetter 
          schmerzhaft Bedenken geäußert. Mein Knie hingegen ist wieder lieb und 
          folgsam und hat das Rumgemotze wieder eingestellt. Drei Tage 
          Strafbandage und Dunkelheit zähmen jeden noch so fiesen Wüterich. Ich 
          mag diese Nebelsuppe. Da sieht man mich beim Laufen nicht mitsingen. 
          Zu Hause und im Ruhezustand frage ich mich immer wieder: „Was tust du 
          da? Ist das nicht albern?“. Doch kaum renne ich und die Mucke wettert 
          in meine hochroten Ohren, kann ich nicht anders. Das ist das, was ich 
          unter lebendigem, emotionalem Laufen verstehe. Spaß haben! Solange es 
          noch geht…
12. November, Mittwoch 7:45
          „Spaß haben.“, manchmal verstehe ich mich selbst nicht mehr. Warum 
          muss ich selbst immer alles in Lächerliche ziehen? Wenn ich versuche 
          über mich und die Krankheit nachzudenken, ist da eine Wand mit 
          verschlossener Tür. Bis zu einem gewissen Punkt komme ich und weiter 
          geht nicht. Und dann gestern? In einer absolut nichts bedeutenden 
          Situation –ich ging soeben über den dämmrigen Flur- ging die Tür mit 
          einem Schlag auf und ich sah hinab in den schwarzen Schlund. „Hej, du 
          bist krank. Schwer sogar. Hast du das vergessen?“. „Ach ja, stimmt…“, 
          dämmerte es mir und die Beklemmung packte mich wie ein um den Hals 
          gelegter würgender Gürtel. Vergessen, verdrängt. Es ist wie das 
          Aufwachen nach einem schönen Traum, in dem alles gut wurde und der 
          zweite Gedanke nach dem Aufschlagen der Augen ist: „Mensch, scheiße! 
          Ich hab doch Prüfung!“. Die Tür schloss sich wieder. Selbstschutz? 
          Warum hatte sie sich geöffnet? Warum jetzt? Ich weiß immer noch nicht, 
          ob ich einen Schub habe. Ich wage es immer noch nicht im Krankenhaus 
          anzurufen. Das rechte Bein zeigt gegen Abend hin immer stärkere 
          Symptome. Wäre es das Linke, wäre es egal. Verunsicherung, Angst, 
          dennoch Zuwarten und vermutlich kostbare Zeit verplempern. „Solange es 
          das Laufen nicht beeinträchtigt?“, ein Trostversuch um mich 
          hinzuhalten. Mitte der Woche, bald wieder tatenloses Wochenende. Und 
          tut es das denn noch nicht? Was war gestern beim Lauf nach der ersten 
          Pause als ich aufstand? Ich wurde angesprochen, als ich auf der Bank 
          saß. Ob es mir nicht gut ginge, ich hätte mich so auf diese fallen 
          lassen. Die Schwäche im Bein war nicht zu bändigen. Ist es egal, bin 
          ich egal? Ich hatte mir zwar Arbeit mit nach Hause gebracht, aber ich 
          musste malen. Das Bild vom Bild eines Bildes ist unheimlich. Und ich 
          frage mich immer noch was es sagen will. Die Musik ist teils traurig, 
          teils voller Zorn. Es ist nicht das Wetter, nicht der Nebel. Es ist in 
          mir und es muss raus. Funktioniere ich wirklich nur? Und nichts davon 
          ist echt? Versuche nur mir mittlerweile einzureden, dass es schön sei? 
          Die junge Frau erschlug mich förmlich mit intimsten Informationen, die 
          mich aufgrund meiner Erfahrung aber nicht umwerfen konnten und es 
          schien fast, als sei sie auf der Suche nach einer Freundin. Doch ich 
          konnte nicht. Für gewöhnlich lud ich die Leute zu mir nach Hause ein 
          auf ein weiteres Gespräch. Aber es ging nicht. Kann keine 
          Verantwortung für jemand anders übernehmen. Und immer wieder drängt 
          sich mir in scheinbar kostbaren Moment die Frage auf: „Wäre es fatal, 
          jetzt zu sterben?“. Wo bleibt das Ja? Ich wünschte nur noch, etwas 
          Gravierendes würde noch eintreten und mir die Entscheidung zum Telefon 
          zu greifen zu erleichtern. Aber den Gefallen tut sie mir nicht. Sie 
          spielt mit mir, mit meinen Ängsten und Sorgen und es bereitet ihr 
          Spaß, mich leiden zu sehen…
Das Bein fühlt sich nicht gut an. Ich hab einfach angerufen, gesagt, dass ich es SCHON WIEDER bin und ich mich schon gar nicht mehr zu melden wage. „Ach Frau Samer, das ist doch nicht schlimm…“. Warten bis 9. Noch nicht wissend mit wem der beiden Damen vom Dienst ich dann das Vergnügen habe. Im Kalender gingen die Symptome schon am 26. Oktober los, weit vor dem Eintreffen des Bescheids von der BH. Totschlagargument? Bin nicht scharf auf Kortison noch auf die Aufmerksamkeit, die einem dann kurz zu Teil wird. Wie man mir aber durch die Blume gesagt vorzuwerfen scheint. Will nur, dass man mich berät. Wo soll ich denn sonst hin? Sollte heute doch ein schöner Tag sein… In exakt 8,6km habe ich meine 2000km erreicht.
Ärztin Nummer zwei. Zitat: „So wie ich sie seit Jahren kenne, jedes Mal wenn sie bei sich selbst etwas beobachtet hatten und wir ein MR gemacht hatten, WAR da eine Aktivität.“. Ich schon erleichtert: „Das freut mich zu hören. Bei mir kommt all zu schnell der Psychestempel…“. Sie entgegnete: „Nein, und wenn dann gesagt wird, die hat doch nichts, dann gehe ich vehement dagegen an. Es ist nun mal leider so, dass ihre MS sehr aktiv ist.“. Wie beruhigend. Morgen in die Neuro. Wie, weiß ich noch nicht.
13. 
          November, Donnerstag 7:00
          Warten, immer noch verunsichert. Hingegen die nächsten Tage sind, 
          gemäß des Falles ich bekomme Kortison, geplant und abgesichert. Und 
          plötzlich ist mein Kopf voll mit Bildern. Ich konnte nicht 
          einschlafen, ich wollte einen Namen für eines der Bilder, das sich 
          ganz in den Vordergrund drängte, finden. Doch mir fehlten die Worte. 
          Führte mich immer wieder zurück in die Stille des Gesehenen, wenn ich 
          mich in möglichen Titeln verlor. Meine Bilder sind voller Stille, wie 
          in einem Museum. Und so schlief ich nicht, erneut nicht sicher ob es 
          überhaupt gerechtfertigt ist ins Krankenhaus zu fahren. Doch 
          vielleicht stellt sie noch was andres fest als ich spüre. Vielleicht 
          ein erhöhter Tonus oder was auch immer. Meine Mutter fährt mich. Ich 
          habe Angst, dass sie mich überfordert, ich um mich abzugrenzen sie 
          verletzen könnte und ich immer und immer wieder ihren Tod sehen muss.
          Abend
          Bin zusammengekracht. War wohl wieder an der Zeit. Mir 
          wurde erneut klar gemacht, wie aggressiv mein Verlauf tatsächlich ist. 
          Verharmlosungen und sich darüber lächerlich machen deplaziert. Der 
          Schmerz bricht aus mir raus, als hätte ich es nicht gewusst. 
          Schweigend dagegen anmalen…
14. November, Freitag 6:15
          Die lustigen Vier vom Wannenteich drängeln sich an die linke Ecke 
          des Aquariums, obwohl das Licht noch nicht mal an ist und fordern 
          still blubbernd und mich anglotzend Frühstück. Ich leiste keinen 
          Widerstand und schlurfe Richtung Fischfutter. Verfressenes Pack! Als 
          ich gestern das Haus verließ war der Strom weg und als ich 
          wiederkehrte, war die Freude über dessen erneutem Vorhandensein nur 
          von kurzer Dauer. Dann war er wieder weg und ich saß im dämmrigen 
          Atelier nur mit einer Kerze bewaffnet und auf die Lebensdauer des 
          Notebookakkus hoffend. So konnte ich nicht malen. Doch nach einer 
          gefühlten Ewigkeit sprang die Beleuchtung des Aquariums an und ich 
          konnte endlich anfangen. An diesem Punkt war ich wie gelähmt, ich 
          konnte nicht über das Gesagte nachdenken. Es sollte erst abends mit 
          seiner ganzen Gewalt über mich hereinbrechen und mich zusammenbrechen 
          lassen.
          Bereits nach kurzem Warten erschien meine Neurologin auf dem Flur und 
          rief mich auf. Wir waren zuvor noch kurz einkaufen und das Gangbild 
          war grottig. Mit den Worten: „Ich habe extra die Morgenration Lioresal 
          weggelassen um die Störung in seiner vollen Pracht präsentieren zu 
          können.“, humpelte ich auf sie zu. Tatsächlich hatte das Weglassen des 
          Baclofens eine einschlagende Wirkung. Das Bein zitterte, knickte unter 
          mir weg und der Fuß kippte beim Auftreten stark nach außen. Doch 
          erneut zweifelte ich an mir selbst, ob ich mich denn nun nicht einfach 
          nur „gehen lassen“ würde um etwas Zeigbares vorzuweisen. Ich bin so 
          verwirrt, so irritiert und mich ständig am Kontrollieren, ob ich nicht 
          in meinem Verhalten lüge. Wenn es doch immer die Psyche sein soll. Ich 
          kenne mich nicht, ich durfte mich ja auch nie kennen lernen. Anstatt 
          mich in meiner eigenen Wahrnehmung zu unterstützen wurde diese immer 
          auch noch von der wichtigsten Person, das Thema betreffend, 
          angezweifelt. Was ist denn echt? Oder war es so massiv, eben weil das 
          Medikament fehlte und zu Hause hatte ich derartige Ausfälle nur um den 
          Amtsarzttermin rum und wurden von den Tabletten im Zaum gehalten? War 
          es die Aufregung? Verdammt! WAR ES ECHT? Ließ ich mich gehen? Ich 
          WEISS ES NICHT!!! Im Moment hält es sich wieder in Grenzen, das 
          irritiert noch mehr.
          Sie machte die Anamnese, untersuchte mich kurz, bestätigte die 
          Schubtheorie. Und immer noch rotierte es durch meinen Schädel: „Nur 
          weil sie mich gehen gesehen hat? Hätte ich mich anstrengen sollen, 
          dann hätte ich auch im langsamen Tempo wohl normal gehen können, oder 
          zumindest so ähnlich?!!!“. Also Kortison und dann meinte sie noch: 
          „Das Copaxone sollte nach einem halben Jahr Wirkung zeigen…“, und sie 
          rechnete erneut, wie schon am Telefon, und sagte dann, ich sei bei der 
          hochgradig akuten Schubrate ein Kandidat für Tysabri, einem neuen 
          Wirkstoff. Ich verstand nur Bahnhof, sie begann zu erklären, dass es 
          eine Infusion alle 4 Wochen wäre, man damit die Schubrate bis zu 90% 
          senken könnte, was vielleicht einen Schub in 4 Jahren bedeuten würde, 
          aber auch von der 1:35.000 Chance, dass eine bestimmte 
          Hirnhautentzündung ausgelöst wird, die man dann nicht behalten kann. 
          Etwas überfordert von der Information meinte ich nur, dass ich ganz 
          genau wüsste, wo all die Schübe herkommen würden, dass es zum größten 
          Teil wirklich die Arbeit sei, die mich, um das Laufen noch 
          unterzubringen, in einen engen Zeitplan zwängen würde und dass dies 
          permanenten Stress ausüben würde, genauso wie die Arbeit
          an sich 
          oft stressig  ist. „Dann müssen sie diese wohl aufgeben.“. 
          „Ja, und dann? Wieder gegen die Wand rennen und wahnsinnig werden?“, 
          entgegnete ich verbittert. Wäre ich abergläubisch, würde ich sagen, 
          dass ich sicherlich die 35.000ste bin, da ich immer alles abgreife, 
          was eigentlich unmöglich, selten und unwahrscheinlich ist. Aber habe 
          ich denn Angst vor dem Tod? Der Gedanke, dann wie ein sabbernder 
          Lappen Leben im Bett mein Dasein zu fristen, schockiert mich mehr. 
          Falls das dann überhaupt der Fall ist. Das, was mich am Ende 
          zusammenbrechen ließ war der Gedanke, dass ich mein Leben, so wie ich 
          es gestalte, komplett überdenken und ändern müsste. Aber was hat sie 
          sich nicht schon alles geholt? Was ist unwiederbringlich verloren? 
          Reichen die Einschränkungen denn nicht? Mich dann auch noch bewusst in 
          allen andren Belangen beschneiden, nur um mich zu schonen und dann 
          dabei noch mehr verkümmern? Und wieder das Thema Schwangerschaft, ich 
          würde mich auch unterbinden lassen, das Thema endlich abschließen. 
          Sebastian sagte, dass ihn das sehr traurig macht, dass er 
          wahrscheinlich keine Kinder haben wird. Und ich, dass ich nur Unglück 
          bringe und wir uns dann wohl trennen müssen. Er war gegen das Thema 
          Unterbindung, zumal wir nicht mal wissen, ob es heute nicht schon 
          einfacher wieder rückgängig gemacht werden kann. Und ich dachte nur: 
          „Also willst du mit der Hoffnung, dass ich doch irgendwann ein Kind 
          haben möchte, weiterleben bis zu grau bist…“. Immer dieses Thema und 
          ich möchte es einfach ad Acta legen, abschließen, es gut sein lassen. 
          Aber das darf ich nicht und ich verletze ihn nur damit. Zudem immer 
          und immer wieder die Frage, was ich alles weglassen soll, in meinem 
          Leben streichen muss. Also doch der neue Wirkstoff?
          9:25
          
          
          Ich hänge. Und erneut werden die Vorbehalte, die man mir gegenüber 
          zu hegen scheint, deutlich. Ich wage es ein Späßchen darüber zu 
          machen, dass ich nun endlich rezeptgebührenbefreit sei und so doch 
          unbedingt noch eine Gratiskortisoneinheit machen wollte. „Wirklich nur 
          deswegen?“, fragt Schwester Hedi skeptisch. Um Himmels Willen, was ist 
          denn los? Was wurde über mich verbreitet, für was halten sie mich 
          denn? Sollte man meinen Sarkasmus mittlerweile nicht durchschauen? 
          „Ach Quatsch!“, gab ich zurück. Und was für einer. Halt einfach 
          dein Maul! Benimm dich endlich deinen wahren Gefühlen entsprechend! 
          Keine Späße mehr. Mich hinsetzen, schweigend in mich zusammensinken 
          und blutige Zeichnungen aufs Papier bringen? So besser? Soll ich so 
          verbittert sein wie ich mich immer häufiger fühle? Soll ich deprimiert 
          auftreten, mein Umfeld mitleiden lassen, vielleicht in Selbstmitleid 
          zerfließen? Und je mehr ich rede, desto weniger kann ich mich leiden. 
          Bin ich so schlecht? Bin ich durchtrieben? Der Eindruck entsteht, wenn 
          man den Umgang mancher Leute mit mir als aussagekräftig wertet. Hab 
          ich irgendjemandem etwas zu Leide getan? Oder liest man Borderline auf 
          dem Befund und geht bereits mit der Erwartungshaltung, dass ich 
          manipulativ sein muss, auf mich zu? Bin ich so schlecht? Sei 
          einfach still!! Besser wäre es. Wenn man auf meine 
          Freundlichkeit, die ich mir wahrlich zum Teil unter großer Anstrengung 
          abringen muss, keinen Wert legt…
          Ich habe immer noch keinen Titel für mein Bild. Die Worte kommen und 
          entfernen mich immer wieder von der eigentlichen Grundstimmung auf 
          diesem. Suche nach einem schönen Wort, das alles in einem Wort 
          beinhaltet. Sitze hier in meinem „Totenhemd“ und weiß nicht weiter, 
          noch kann ich mich spüren. Die Augen schließen, mich der Musik 
          ausliefern und mich nach einem massiven Gefühl sehnen. 
15. November, Samstag 4:45
          Ich starrte auf das Display des Radioweckers, als die 
          Minutenanzeige weitersprang, legte ich meinen Kopf auf’s Kissen und 
          zählte die Herzschläge, die an diesem Punkt der Therapie nicht mehr zu 
          überhören sind. Eine Minute verstrich -47bpm. Kein Herzrasen, nur 
          starkes Herzklopfen.. 3:33 Uhr –ich schlage die Augen auf und grabsche 
          mit meiner tauben Hand aufs Nachtkästchen, auf der Suche nach meiner 
          Magenschutztablette. Kein 3:33 Uhr Aufwachen mehr in nächster Zukunft, 
          um mir die Eisentablette einzuwerfen und morgens einen widerwärtigen 
          Geschmack im Mund zu haben, als hätte ich des Nachts ein Hühnchen 
          gerissen. Die Eisenwerte wieder im oberen Normbereich. 60-200 der 
          Rahmen, noch vor kurzem lag ich bei unter 11. Glanzleistung. Hatte ich 
          doch erst vor wenigen Tagen wieder eine Packung Tardyferron besorgt, 
          und nun brauch ich es nicht mehr. Versuchen, zurückzugeben oder auf 
          erneute Abstürze die erneut zur Routine werden hoffen? Ich dachte, ich 
          sei gut vorbereitet. Ich dachte, dieses Mal hätte ich alles bedacht 
          und alles im Griff. Fehlanzeige. In der Apotheke machte ich noch einen 
          albernen Scherz, als sie die gewünschte Bestellung zusammentrug und 
          auf dem Pult vor mir förmlich auftürmte. „Das alles muss…“, und ich 
          unterstrich meine Worte mit einer Handbewegung von Kopf bis Fuß: „…in 
          DIESEN Body rein. Kein Wunder dass ich dann aussehe wie ein wandelnder 
          Wassertank.“. Meine Lieblingsapothekerin (klar, sie hat doch auch am 
          selben Tag Geburtstag und hat alles, was eine echte Waage ausmacht) 
          lachte, was bleibt mir denn auch noch als Eigenironie. Heulen? 
          Zusammenbrechen? „Dieses Mal hat das aber auch schon gut geklappt. Wir 
          haben letztendlich auch geübt.“, sagte sie grinsend. Ich war dieses 
          Jahr auch ungemein fleißig. Wie oft? 6 oder 7 Mal? Viele Möglichkeiten 
          um die Abläufe zwischen Arzt, Krankenkasse und Apotheke zu optimieren. 
          Und ich gab grinsend zurück: „Meine Ärztin war erstaunt dass ich im 
          Vorfeld schon alles organisiert hatte und ich sagte ihr, dass ich 
          mittlerweile über Vitamin B verfügen würde.“. Wieder zu Hause 
          schrumpfte die Begeisterung, WIE reibungslos diesmal doch alles 
          gelaufen sei. Der Hausarzt nächste Woche im Urlaub und das 
          Osteoporosemittel leer. SEHR günstig, gerade während einer 
          Kortisontherapie. Und auch Lebensretter Lioresal aus. Erst 
          Diskussionen, verbittertes: „Ja, ich weiß! Ich bin eine Belastung!“ 
          und noch verbitterter zitierte ich sogar meine Oma: „Sei froh, wenn es 
          dir mal nicht so mies geht…“. Sebastian fuhr doch noch einmal zur 
          Apotheke, für das Baclofen hatte ich sogar ein Rezept, nur nicht für 
          das Calciumpräparat. „Du musst wohl Einsatz zahlen!“, und ich drückte 
          ihm mein Portmonee in die Hand. Nein, der musste keinen Einsatz 
          zahlen. „Sie kommt ohnehin wieder vorbei.“, hätte „meine“ Apothekerin 
          gesagt. Ja und da ist es wieder, das Vitamin B. 4:25 Uhr, ich stehe 
          auf, so wie bereits gestern. Die Schlafreserven ausgeschöpft, obwohl 
          es ein so anstrengender Tag war. Als die Waage von einer 
          Gewichtszunahme zu berichten wusste und hingegen das Körperfett stark 
          gesunken war, wurde mir klar, dass nun die Wassereinlagerungen auf dem 
          Programm stünden. Und ein Blick in meine Medikamentenkiste 
          komplimentierte die Unvollkommenheit meiner Organisation. Furosemid, 
          mein Wasserentferner, ebenfalls leer. Montags also wieder Apotheke und 
          auf nochmals Vitamin B hoffen oder im schlimmsten Falle Einsatz 
          blechen. Nun sind die Goldfische munter und beginnen die Steinchen am 
          Boden abzunuckeln. Meine Ärztin fragte mich bei der Untersuchung, ob 
          ich noch laufen könnte und als ich dies bejahte, lehnte sie sich 
          zurück, grinste irgendwie verträumt und gab folgendes zu Protokoll: 
          „Da fährt man EINMAL in 100 Jahren nach Jennersdorf und als wir da 
          beim Kreisverkehr auf der Bundesstraße in die Ortschaft rein fahren, 
          sag ich nur: „Ich glaube mich trifft der Schlag! Das läuft die Frau 
          Samer!!!“. Ja kann denn so was sein?“. Schmunzeln und ERWISCHT! Ich 
          hab vieles eingebüßt, auch wenn man es mir nicht ansehen mag oder ich 
          es mir nicht anmerken lasse. Aber das Laufen, das kriegt sie nicht. 
          NOCH nicht! Deshalb gefällt mir der Gedanke, was die neue Therapie 
          bewirken könnte, doch ungemein. Vielleicht doch noch ein paar Jährchen 
          laufend abstottern? Und nach dem Zusammenbruch donnerstags kommt nun 
          wieder das erhobene Haupt, dieser Trotz in den Gesichtszügen. Die 
          Kampfische ist zurück. Der Gedanke, dass ich mein Leben, so wie ich es 
          im Moment für mich gestalte, mit der neuen Therapie wohl einfach 
          weiterführen kann, gefällt ungemein. Ich habe endlich einen Zustand 
          erreicht, von dem ich sagen kann: Der funktioniert! Ich brauche das 
          gute Gefühl, etwas geleistet zu haben und wenn ich mittags nach Hause 
          komme, gearbeitet habe und gelaufen bin, ist da sehr viel von diesem 
          Gefühl. Die innere Anspannung abgebaut. Müsste ich etwas weglassen, 
          würde das ganze Gefüge in sich zusammenbrechen wie ein Kartenhaus und 
          ich wäre wieder dort, wo ich zuvor war oder noch tiefer in meinem 
          eigenen Kerker gefangen. Ich glaube, ich möchte das nicht mehr. Obwohl 
          ich mich immer wieder nach diesem toten Zustand sehne. Er ist ein Teil 
          von mir…
          Teetrinkend auf Stoffwechselaktivitäten warten und hoffen. Der Plan 
          ist, meine neueste Kreation heute spazieren zu tragen. Ob das mal kein 
          Fehler ist, immer das gute Gefühl im Gepäck, eine Naht könnte aufgehen 
          oder ich einen Ärmel verlieren. Und ich fühle irgendwie auch Schwäche 
          und Unlust, mich wieder bei Hin- und Rückfahrt mit dem Zivi zu 
          unterhalten. Klar, ich müsste nicht. Aber dieses Schweigen ist so 
          beklemmend und die scheiß „Waage“ hat doch unentwegt das Bedürfnis, 
          dass sich alles um sie rum wohl fühlt. Obwohl man bei meiner 
          Fragendurchlöcherung vermutlich nicht mehr von Wohlfühlen sprechen 
          kann. Ich komme mir albern vor jedes Mal mit demselben Satz das 
          Gespräch ins Rollen zu bringen. „Du bist Zivi?  Wie lange schon? Aus 
          pazifistischen Gründen oder weil du hier was fürs Leben lernst?“, und 
          so weiter und so fort. ARG! Mein Gesicht hat wieder diese gesunde 
          Leichenblässe angenommen, mein Magen verträgt das Holpern im 
          Rettungswagen nicht mehr und eigentlich interessiert es mich nicht 
          wirklich, was ich frage. Ich funktioniere. Ich habe mich beobachtet. 
          In jedem Gespräch funktioniere ich. Und das funktioniert im Moment 
          wirklich fantastisch. Aber Interesse? Wirkliches Interesse? Habe ich 
          nicht. Bin ich nun ein alter, schrulliger Egomane oder ist das die 
          Portion Depression, die ich mir noch leiste? Desinteresse macht vieles 
          einfacher, wenn man schon kaum noch Kraft für die eigenen Belange hat. 
          Zuhören, höflich sein, dem andren ein gutes Gefühl schenken und dann 
          DELETE. Ist es verwerflich? Oder spielen wir nicht alle? Ich bin nicht 
          Mutter Theresa, dennoch habe ich Mitgefühl für alles und jeden, schon 
          zu viel davon als dass ich es tragen könnte. Grenze ich mich auch 
          deshalb ab? Noch zwei Stunden und ich müsste raus zum Auto, meinen 
          MP3-Player holen um diesen neu mit Musik zu füttern, doch ich kann 
          nicht.
          Ich trete hinaus in die Dunkelheit und scheuche unsre Rehe direkt vorm 
          Haus auf. Sonderlich erschrocken zeigten sie sich nicht, die Flucht 
          ging nur einige Meter. Meine Beine fühlen sich grottig an als ich ein 
          paar Schritte für den Weltfrieden und meinen Stoffwechsel tätige. 
          Venflons beginnen am Ende des zweiten Tages immer fürchterlich zu 
          jucken und ich musste mich bemühen, ihn nicht vom Arm zu kratzen. Aber 
          das Thema funktionierender Zugang hat sich wohl bereits gegessen, denn 
          als ich aufwachte war der zweite Stöpsel geöffnet. Der Schädel dröhnt, 
          der Magen krümmt sich, doch ich ignoriere es und fahre fort wie 
          gewohnt. 
16. November, Sonntag 6:00
          Endlich länger schlafen. Die Erschöpfung ist auch übermächtig. Die 
          notgedrungenen Unterhaltungen gestern wurden schon zur Qual. Ich war 
          zu schwach und mein Gegenüber ließ sich alles aus der Nase ziehen. 
          Zudem entstand das Gefühl, dass er es schweigend aber vielleicht doch 
          auch nicht so gut fand, oder täusche ich mich? Der Venflon 
          funktionierte noch. „Dieses eine Mal sind sie mir noch ungeschoren 
          davon gekommen!“, und ich sah den jungen Arzt warnend und durchbohrend 
          an, er schmunzelte. Ich ließ mich nicht ins EX-Sterbezimmer mit 
          Volksmusik in Raumklangsurroundqualität abschieben, verzog mich in die 
          Besucherecke wo ich ein frierendes Dasein vorm geöffneten Fenster 
          fristete. Ich hatte meinen Coup geplant, ich hatte ihn durchgezogen. 
          Legte brav die gesamte Ladung Kortison für die 5 Tage inklusive 
          Infusionsbesteck auf das Pult. Und das war es auch schon. Das 
          Natriumchlorid hatte ich einfach zu Hause gelassen, niemand fragte 
          danach und so werde ich es wieder zurückgeben und tatsächlich meine 
          erste GRATIS-Stoßtherapie beenden können. Soll ich mich schlecht 
          fühlen? In welche Hölle soll ich kommen, wenn ich doch an keine glaube 
          und somit keine habe? Ist das hier in einem gewissen Maße nicht schon 
          Hölle genug? Und ich hatte es den gesamten Vormittag geahnt dass meine 
          Lieblinge, die Jägerärsche, zur Treibjagd eintrudeln würden. Und 
          tatsächlich. Als sie noch unten im Graben sich gerade leider nicht 
          selbst abballerten, fuhren wir nach Jennersdorf und verpassten wohl 
          die Show samt Aufreger, wenn sie wieder erneut über unser Grundstück 
          rennen und im besten Falle wieder direkt am Haus entlang. Ich 
          versuchte ruhig zu bleiben und es gelang auch irgendwie. Zudem war der 
          Spuck bei unsrer Rückkehr scheinbar schon vorbei. Martins Schafe 
          standen unten zusammengedrängt am Zaun und guckten etwas betröbbelt, 
          die Rehe hüpften durch unsren Wald und die Krähen versammelten sich zu 
          einer imposanten schwarzen Schar. Der Capuccino knallt wie ein 
          Betonklotz in meinen Magen, das Gewicht ist weiter gestiegen, der 
          Körperfettgehalt sinngemäß gesunken, der Mond ist aufgegangen. Endlich 
          darf ich es sagen, ist es doch bereits wieder uuuuunendlicheeee 2 
          Monate her. Aber ich bin ruhig. Verdammt ruhig. Beinahe schon 
          unheimlich. Ich halte mich gut, beinahe zu gut. Und was, wenn ich in 
          den nächsten Tagen 66kg erreicht habe. Dann immer noch ruhig? Ich 
          musste daran denken, was Mieke gesagt hatte: „Eine Woche bist du dann 
          noch weg? So lange?“. Ich musste an die mitgebrachte Arbeit denken. 
          Noch mehr Erschöpfung. Man hat keine Ahnung. Und vermutlich ist es 
          auch besser so, dass man diese nicht hat und nie machen muss. Der 
          anschließende Tee schmeichelt dem Magen schon mehr und zeigt 
          hoffentlich auch eine Wirkung. Und während ich die erste Tasse 
          vernichte frage ich mich, ob ich den Rat, um mir selbst nicht weiter 
          zu schaden, die Arbeit hinzuschmeißen erwähnen werde. Wahrscheinlich. 
          Um anschließend erneut klarzustellen, wie wichtig mir diese ist. Warum 
          bin ich so ruhig? Ist es die dritte Portion Kortison intus? Ist es die 
          Tatsache, gleich zwei Bilder geschaffen zu haben, die ungemein puffern 
          und mich in ein Gefühl von erbrachter Leistung wohlig warm einbetten? 
          Weil ich mit jedem Bild immer besser werde und wenigstens da ein 
          positiver Fortschritt zu verzeichnen ist? Und ich merke, dass meine 
          Gedankengänge nicht mehr klar strukturiert sind, sie durcheinander 
          jagen wie aufgescheuchtes Wild und ich beginne, Nonsens von mir zu 
          geben. Wie immer.
          10:00
          Ich bin nass. Triefnass. Eine Stunde sinnloses Rumsitzen. „Fest 
          pumpen!“.
          „Ich kann nicht, ich hab eine Parese im Arm!“.
          Entnervt: „Aber sie tun es doch schon!“.
          Steht auf meiner Stirn „DOOF“? „Aber nicht lange, der Arm 
          verkrampft.“.
          Bis sie das erstmals kapiert hat. Zwei Stiche, zwei Spülungen, die 
          wahrlich „unter die Haut gingen“. Dann gab sie auf und ich durfte 
          endlich baden. Und nun eben triefnass.
17. November, Montag 3:40
          Klarschiff machen für die  Abschlussfete! Mein wahrlich nicht mehr 
          vorhandenes Nervenkostüm spricht für sich. So wie schon gestern: Wenn 
          ich sage, es geht daneben, dann geht es auch daneben. Zumal eine Beule 
          bereits direkt neben der Einstichstelle wächst und wächst. Und sie? 
          Voll Ehrgeiz und Pflichtbewusstsein drückt dennoch die halbe Spritze 
          in den Arm. Auf der andren Seite dieselbe Prozedur ein zweites Mal, 
          als hätten wir gerade eben nicht eine Lektion gelernt. Wieder: „Nein, 
          das geht daneben!“, und um noch deutlicher zu werden: „Da staut es 
          schon!“. Sie drückt auch diesmal die Spritze leer. Als dürfe sie 
          nichts vergeuden, als dürfe nichts übrig bleiben. Es brennt höllisch 
          denn ich habe keine Nerven mehr um es einfach hinzunehmen. Dabei 
          springt sie im Verhalten mir gegenüber zwischen gereizt und 
          unfreundlich und unerwartet mütterlich hin und her. Je nachdem, 
          welcher Spruch ihr grad einfällt.
          Was bist du? Krankenhausinventar, ein Gegenstand des Hauses den man 
          einfach benutzt, über den einfach drüber gefahren wird? Als ich wie 
          mir geheißen nach einer halben Stunde Infusion nach vorne zum Pult 
          torkle damit schon mal die Rettung verständigt wird und ich in einem 
          kurzen Statement klar stelle, dass der neue Venflon direkt auf dem 
          Oberarm sitzend und ich KEINE Freunde mehr werden, reagiert sie wieder 
          entnervt. Sie sollte mir dankbar sein. DANKBAR, dass ich so viel 
          Erfahrung habe und mich selbst drum schere, dass die Infusion läuft. 
          Denn das tat sie anfangs nicht. Ich brauchte eine viertel Stunde, ehe 
          ich total verrenkt und verdreht auf dem beschissenen Stuhl hing und es 
          endlich zu tropfen begann. Genauso gut hätte ich alle 2 Minuten nach 
          vorne Watscheln können: „Es läuft nicht…“. Denn genau so stockend 
          verlief die gesamte Prozedur. Aber nein, ich mach es selbst. Denn es 
          kümmert sich ja niemand drum. Und dann? Wo bleibt die Rettung? 
          Wahrlich, ich konnte nicht mehr… Weiter warten in den klatschnassen 
          Klamotten. Das war MEIN Tag. Letzte Breitseite gab es dann abends als 
          ich feststellen musste, dass die Aquariumspumpe ihren Dienst 
          eingestellt hatte, ich diese entnahm, über dem Waschbecken zu öffnen 
          versuchte, sie sträubte sich um dann mit schon fast einer Art 
          Explosion in ihre Einzelteile zu zerspringen und mich samt allem um 
          mich rum mit Fischkacke voll zu spritzen. Wahrscheinlich hatte ich es 
          nicht anders verdient, vielleicht hätte da eine Art schadenfrohe 
          Zufriedenheit sein müssen als ich keuchend auf dem Boden rumrutschte 
          um den Mist aufzuwischen. Dann lief auch das Wasser nicht mehr ab und 
          ich gab mir pumpend den Rest. Und ich HOFFE, dieser beschissene 
          Venenzugang hat ALL dies NICHT überlebt! 3 Tage Kortison sind schon 
          beanspruchend, aber 5 wahrlich die Hölle. Wieder dieselben Fehler 
          machen wie immer, abgesehen vom Obstsalat, den ich diesmal wirklich 
          weglasse. Es gab Griesbrei, so wie immer. Schmeckte beschissen, so wie 
          immer. Aber was sollte ich noch essen? Hungern führte grundsätzlich 
          anschließend immer zu einer für mich gefühlt massiven Gewichtszunahme 
          und so zwinge ich mich zu essen, obwohl mir speiübel ist und sich mein 
          Magen in alle erdenklichen Richtungen krümmt. Und dann die Schwester, 
          die mir das Armbad einließ und von Fügung und Schicksal und „Das 
          musste wohl so sein“ sprach… Da kam dann noch dieses beklemmende 
          Gefühl dazu wieder von lauter fanatischen Katholiken umgeben zu sein 
          und wenn ich nicht die Klappe halte ins nächste Bekehrungsgespräch 
          verwickelt zu werden. Oder war all dies wirklich die Strafe 
          irgendeines Gottes, weil ich das Krankenhaus um die 5 Flaschen NaCl 
          beschissen habe? Ich war so kaputt und durfte doch nicht schlafen. 
          Auch meine Blase schloss sich, inspiriert vom Magen, erneut der 
          Turn-AG an und jagte mich mehrmals aus dem Bett. „Geht alles vorbei!“, 
          und: „In ein oder zwei Wochen, wenn dann der massive Muskelschmerz und 
          die Knieschmerzen beim Laufen zum krönenden Abschluss kommen, hast du 
          all dies hier schon wieder vergessen!“, versuche ich mir selbst 
          einzureden. Mein Schädel dröhnt und noch fast 4 Stunden bis zum 
          Eintreffen der Rettung.
          
Beschissenes Mondgesicht! Wenn 
          ich nicht in der nebligen Dämmerung wieder auf der Terrasse stehe und 
          mir das Leben aus dem Leib kotze, fress’ ich nen Besen!
          6:20
          Bevor meine Augen wieder komplett versagen das Video zu Ende 
          bringen. Den Rest des Tages wie gestern tot auf dem Sofa verbringen? 
          Nichts sehen, nicht hören können weil ich nichts ertrage, die Glotze 
          wird laufen und ich werde abkotzen. Mir wieder die Frage stellen, was 
          ich in diesem Zustand überhaupt essen kann oder darf, meine Umwelt 
          wird zum Feind, alles wird unerträglich unordentlich und schmutzig 
          erscheinen, das Chaos scheint wieder ausgebrochen, obwohl dem NICHT so 
          ist. Und wie lange wird es heute dauern? Noch mehr „freundliche“ 
          Montagsmenschen, die auf mich losgelassen werden? Immer muss ich mir 
          anhören: „Wir kennen sie ja mit ihren Ecken und Kanten…“. Nur je 
          häufiger ich mit andren Menschen zu tun habe, drängt sich mir immer 
          mehr die Frage auf, WER hier eigentlich einen Knall hat und sich 
          unangepasst verhält. Bin ich unhöflich, unfreundlich, erwarte von 
          irgendjemandem etwas, verurteile, vergleiche, drücke meinen 
          Lebensstempel auf andre Charakteren und Lebensgeschichten? Nein. Ja, 
          ich bin gereizt und das strahle ich im Moment auch aus. Doch ich 
          erkläre mich, um mein Gegenüber aus der Schuld zu nehmen. Mache noch 
          Späßchen, um die Stimmung zu erhellen. Aber nein… Ich mit meinen Ecken 
          und Kanten. Die Kanten sind nach innen gerichtet und nicht nach außen. 
          Schön abgeschleift, damit sich niemand verletzt und von vornherein 
          alles klar ist. Was ist da dran so schwer zu verstehen?
          Nachmittag
          Geschafft! Wieder einmal geschafft! Auf dem Sofa zusammenbrechen, 
          einschlafen und mit dem nächsten Flashback aufwachen. Die Beine 
          kribbeln unangenehm und wieder ist da die Angst vor dem ersten Lauf, 
          vor dem Neustart. Denn genauso und noch um einiges massiver wird sich 
          dieser anfühlen. Berauschend sieht anders aus. Demotivierungsversuche 
          des Dämons in meinem Kopf. Aber ich weiß, dass ich mir mein Laufen 
          nicht wegnehmen lasse!
18. November, Dienstag 8:30
 
-2,6°C und mit Raureif überzogene weiß 
          schimmernde Landschaften. Endlich ist es soweit. 
          Der Quellevertreter steht vor der Tür, und mich lässt das Gefühl nicht 
          los, dass er zuletzt auch nach einer Stoßtherapie hier war.
19. November, Mittwoch 7:45
          Ich musste denken. Die ganze Nacht hindurch nachdenken. Kaltes 
          Berechnen. Kein Gefühl, weder physisch noch psychisch. Und die 
          Gedanken jagten von einem Punkt zum nächsten. Auf einem Trip. Oder 
          knallharter Entzug. War ich gestern Morgen doch mit einem weiteren 
          Flashback erwacht, und der Panik, ganz allein auf dieser Welt zu sein 
          und irgendetwas in mir schrie vor Angst: „LASS MICH NICHT STERBEN!!!“. 
          Dann saß ich nachmittags an die Hauswand gelehnt während die Pumpe das 
          Wasser aus den Regentonnen beförderte und da war so viel Stille und 
          Frieden und ich legte meine Existenz erneut auf die Waagschale: „Warum 
          gehe ich nicht…?“. Ja, warum nicht? Der Gedanke, mich hier und jetzt 
          auszuschalten war mit so viel Frieden behaftet und dem Gefühl, mir 
          endlich gut zu tun. Stilles Verschwinden, Verblassen… Und ich dachte 
          daran, dass ich gern einschlafen würde, genau so friedlich, um nie 
          wieder aufwachen zu müssen. 
          
„Brauchst du mich denn überhaupt?“, ich war so 
          überflüssig und belastend.
          „Du bist doof!“.
          “Weißt du was wirklich deprimierend ist? Die ganz kleinen, unwichtigen 
          Dinge…“. Da war ein Eichelhäher am Waldrand und turnte durch die 
          Zweige und ich wollte ihn betrachten, beobachten. Aber ich durfte 
          nicht. Das Licht der Augen erloschen. Bin ich tot?
          Es tut weh. Alles tut weh. Und ich habe Angst. Vor dem ersten 
          Arbeitstag, vor dem ersten Lauf. Ich habe wieder Angst, dass es nicht 
          besser wird. Die Routine gibt keine Sicherheit, denn es gibt keinen 
          Garantieschein. Und so wie sich mein Körper im Moment anfühlt, ist man 
          verleitet aufzugeben. Die ersten Schritte laufend werden schrecklich 
          sein. Schmerzhaft. Die Stunden danach nicht anders. Habe keine Angst 
          vor dem Schmerz, aber davor, mir irgendwann eingestehen zu müssen, 
          dass ich wirklich nicht mehr kann. Nicht SCHON WIEDER. Immer wieder, 
          aufs Neue… Es hört nicht auf. Kein Atemzug. Und mir wieder einreden: 
          „Wenn der erste Sturm vorüber ist, dann kommt auch wieder die 
          Sicherheit.“. So wie sie es immer tat? Und wenn sie mich vergisst? 
          Paresen in beiden Beinen ist etwas anderes als nur in einem. Trotz 
          massiver Knieschmerzen, trotz massiver Schwäche und Verkrampfung der 
          Beine heute den ersten Versuch wagen? Kann und will ich denn überhaupt 
          noch? Muss ich? Für wen? Um erneut irgendwelchen selbstgerechten 
          Menschen zum Opfer zu fallen, die „froh wären wenn sie all das noch 
          könnten“ und verurteilen. Sind es nicht jene, die sich auch fragen: 
          „Warum ich?“. So wie der Bekannte, mit dem ich mich montags unterhielt 
          und er fragte sich tatsächlich: „Warum ich und nicht der oder die?“. 
          Anmaßend? Niemals hab ich mich das gefragt und werde dennoch 
          verurteilt. Und nun? Mich der mitgebrachten Arbeit widmen, obwohl mir 
          wahrlich nicht danach ist? Mich zwingen? Zu welchem Zwecke? Und ich 
          wünschte mir, die innere Anspannung wäre immer noch mit wenigen 
          Schnitten heilbar. Aber die Verletzung scheint ihre Wirkung verloren 
          zu haben…
          Abend
          Da war Zorn und da war Angst. Ich torkelte stark humpelnd unsren 
          Hohlweg runter. Da stand ich dann, mehr wackelig als gerade, doch ich 
          stand. Das ist mein Krieg! Und ich tat die ersten Schritte. Meine 
          Beine fühlten sich so unendlich schwach an, ganz so, als würden sie 
          sich auflösen. Wäre ich hingefallen, wäre ich dennoch wieder 
          aufgestanden und weiter gerannt. Die erste Unsicherheit überwunden 
          konnte mich nichts mehr aufhalten. Als ich innehielt zitterte das 
          rechte Bein massiv und gab nach. Egal. SCHEISS EGAL!!! Die Sonne 
          blinzelte mir ins Gesicht und in meinen Augen war erneut die 
          Kampfeslust entfacht. Mir wieder bewusst geworden, wie wenig es noch 
          bedarf bis ich die Kontrolle komplett verloren habe. Noch kleine 
          Zusammenbrüche und dann Rollstuhl...? Nein, DU bekommst mein Laufen 
          nicht!!!! Schicksal hin oder her, diese Schlacht lasse ich nicht 
          tatenlos unausgefochten! Wieder und wieder und wieder! Bis ich 
          krepiere!
          
20. November, Donnerstag 8:15
          Das Maß ist voll! Wie schon gestern Drehschwindel, Übelkeit, 
          starke Magenschmerzen, Kopfschmerzen. Jede Stelle am Körper, die 
          irgendwie lädiert ist, meldet sich eindrucksvoll mit Schmerzreizen. 
          Der Nacken, der Rücken, die Knie, sogar die Zähne. Das Gewicht macht 
          eine Talfahrt, die ich mir nicht mal mit den Entwässerungstabletten 
          erklären kann, zudem ist mein Körper geschwängert mit 
          Wassereinlagerungen. Und in all dem Übel erinnerte ich mich an früher, 
          daran, dass Kakao morgens die Nervengegend da unten immer milde 
          stimmte. Vor der offenen Terrassentür im eiskalten Luftzug des Morgens 
          auf meinem Stuhl hocken mit einer Schale Kakao in den zittrigen 
          Händen. Schweißausbrüche, die Haare schon wieder fettig. Ich fühle 
          mich mit gutem Grund eklig. „Das schlimmste hast du nun geschafft.“. 
          Hab ich das? Der Plan für heute lautet „Rückforderung aller Rechte!“. 
          In die zweite Instanz gehen sozusagen. Die Sonne scheint, gutes Wetter 
          um beim Laufen die Schmerzen und Missempfindungen zu vergessen und 
          dann irgendwo auf der Strecke zu lassen.
          Abend
          Die Augen verloren in schwarzen Höhlen, das Herz raste und stach 
          tief in der Brust. Ich renne niemals mit offenem Mund. Doch ich konnte 
          nicht mehr atmen. Der Drehschwindel so massiv, dass er mich aus den 
          Latschen hätte befördern können. Ich rannte weiter, starr mein Ziel 
          vor Augen. Mit jedem Blick zur Seite drehte sich alles, ein Schlag 
          nach dem andren in die Magengegend, eine Tortur. Ich hatte keine 
          Kraft, ich bekam keine Luft, mein Puls gut und gerne bei 180bpm. Und 
          wieder: Eigentlich geht nichts mehr und ich tue es dennoch. Jetzt ein 
          Flashback und ich wäre zusammengebrochen. 4 poplige Kilometer und ich 
          zu schwach. Mein Leben ist ein Puzzle. Stehe immer und immer wieder 
          vor einem einzigen Trümmerhaufen, setze die rasierklingenscharfen 
          Scherben jedes Mal aufs Neue zusammen, bis meine Hände bluten. Und 
          dann? Wieder wird es zerschlagen… Sollte ich mich auch mal fragen was 
          fair ist und was nicht? Aber nein, das tue ich nicht und werde dennoch 
          kritisiert. „Andre wären froh wenn sie drei Kilometer laufen 
          könnten…“. Wer sieht all die Schmerzen, all den Schweiß, den Kampf und 
          die Opfer, die ich bringe? Wer sieht die Härte und auch Stärke, derer 
          es bedarf um diesen Zustand irgendwie aufrecht zu erhalten? WER SIEHT 
          DAS???? Bin ich am Ende? Darauf hoffen, dass sich wenigstens der 
          Drehschwindel legt. Über den Tag verteilt in Eigenironie und Späßchen 
          versinken. Mich selbst wieder verleugnen. Nein, es geht mir 
          beschissen. Doch würde ich es wagen zu jammern? Nein!
          Die Angst tief in mir feuert immer wieder unverhofft ihre giftigen 
          Pfeile ab. Irgendwo in mir. Sie spricht nicht mit mir, macht nicht 
          klar, was noch kommen wird und warum sie denn nun eine 
          Daseinsberechtigung in mir hat. Ich weiß nur, dass sie diese hat. 
          Würde der Verfall schneller voranschreiten –wäre es dann klar? Tut er 
          dies nicht bereits?
Die Ausfälle nun nach der Therapie noch massiver und beeinträchtigender. Ich kann nicht mehr. Und dennoch…
21. November, Freitag 8:00
          Sebastian sägte einen ganzen Buchenwald um und ich war damit 
          beschäftigt ihn immer wieder anzurempeln. Parallel dazu musste ich 
          meinen Kopf und den Rest von meinem kaputten Körper immer wieder 
          umbetten. Egal wie, es tat weh. Besonders der Kopf ist äußerst 
          druckempfindlich. Herzklopfen, Magenschmerzen, Übelkeit, Migräne. 
          Durchgängiger Schlaf somit Luxus. Doch heute endlich Muskelschmerzen. 
          Etwas, das von einer Veränderung zeugt. Der Himmel ist grau, doch der 
          Plan steht. Wie ein langsam krepierender Soldat auf dem Schlachtfeld, 
          der im Angesicht seines Todes immer noch nach dem Schwert greift, 
          sitze ich bereits in meiner Laufmontur hier und warte noch auf den 
          Stoffwechsel, um dann beim Lauf nicht erneut eine böse Überraschung 
          erleben zu müssen. Diese hatte ich bereits gestern Nacht als ich 
          feststellte, dass eine Brust erneut blutete. Und der erste Gedanke 
          war: „Nein, nicht schon wieder… Nicht wieder Mammographie, 
          Ärztemarathon, usw.. Keine weitere Runde lustige Brustkrebswochen!“. 
          Was richtet das Kortison an? Geholfen hat es schon lange nicht mehr. 
          Was macht es mit meinem Körper? Mein Skelett in das einer 80jährigen 
          Frau verwandeln. Irgendwelche Stellen im Körper aktivieren, die 
          eigentlich nicht arbeiten sollten. Das Sekret kann ich noch verstehen, 
          aber warum blutet es? Warum kann und will mir das auch niemand 
          erklären? Und warum hört es seit 2005 nicht mehr auf? Ist mein 
          Hormonhaushalt so gestört? Genauso wie meine Gedächtnislücken und all 
          die Anfälle, sei es nun ein Flashback oder was auch immer: Es 
          interessiert niemanden. Keine Antworten. Grübelnd verdaut sich mein 
          Magen wieder selbst. Genau so belastend ist das, was mir nun noch 
          bevorsteht. Was mache ich mit der Arbeit? Zu sagen, sie tut gut und 
          ich nehme in Kauf mehrmals Kortison bekommen zu müssen, wäre so 
          einfach. Doch es geht nicht darum die Wichtigkeit der Arbeit mit dem 
          Leidensdruck unter einer Therapie aufzuwiegen. Es geht um 
          Behinderungen, die jeder Schub hinterlässt. Ich kann so wie es bis 
          jetzt lief, nicht weiter machen. Selbst mit Tysabri nicht. Das wage 
          ich nicht. Und nun, da beide Beine betroffen sind und der Ausgang noch 
          ungewiss bis trüb erscheint, erst recht nicht. Vielleicht möchte ich 
          doch ganz gerne noch ein oder zwei Jahre durch laufen. Und die Frage 
          nach dem, was wichtiger sei, ist schnell beantwortet: Das Laufen geht 
          über alles, steht weit über der Arbeit. Entweder lässt sich irgendeine 
          adäquate und stressarme Lösung finden oder ich muss kapitulieren. Das 
          Damoklesschwert über mir schwebend, sofort wieder in die Nutzlosigkeit 
          abzudriften und mich selbst wieder am Nullpunkt einzufinden. Warum 
          muss es so schwer sein? Dass mich die Krankheit immer mehr einengt ist 
          nun mal Fakt. Was bleibt ist die spärlichen Lücken auszufüllen. Aber 
          wie?
          Vormittag
          
Es war eine Zitterpartie, der Kontrast zwischen Laufen und Gehen kann kaum noch größer sein. Und um meinem Trotz noch mehr Ausdruck zu verleihen bürdete ich mir selbst noch dazu eine sehr anspruchsvolle Strecke auf. Doch steile Anstiege kosten mich Absurderweise keine Kraft, sondern lösen diese aus. Wahrscheinlich eine normale Reaktion des Körpers und ich werde mit Endorphinen zugeschüttet. Der Lauf war besser, nach dem gestrigen war eine Abstufung ohnehin noch kaum möglich. Und als ich oben am Hügelkamm entlang lief und die Krähen über mich hinweg zogen, kamen die Tränen. Mit jedem Male anhalten zitterte mein rechtes Bein. Klonisch, wie meine Neurologin es bei der Untersuchung bezeichnete. Und der Rest von mir wankte und torkelte, verbissen gegen den leichten Drehschwindel ankämpfend. Aber dennoch hatte ich mehr Kraft, die mir spätestens am Schluss, als ich das zuvor erklommene Stück wieder bergab laufen sollte, nicht mehr viel brachte. Die Gefahr zu stürzen lag bei gut 80%. War ich zuvor schon im Bewegungsablauf einfach hängen geblieben. Manchmal hab ich auch mehr Glück als Verstand und absolvierte die 4km unversehrt. Und nun? Jeder Meter zu viel im Haus ist eine Qual. Ich kann kaum noch gehen. Aber da sind so viele unnötige Meter, die ich hinter mich bringen muss. Allein schon der Toilettengänge wegen.
23. November, Sonntagnachmittag
          Die Stille kommt und mit ihr dumpfe Schwere. Abdriften in diese Leere, 
          die alles betäubt. Wieder: „Brauchst du mich denn überhaupt?“. Mein 
          Leben erscheint so sinnlos. Mich mit Menschen auseinandersetzen obwohl 
          ich nicht will geschweige denn kann. Ist es egozentrisch? Will nichts 
          und niemanden sehen noch hören. Mir den Schädel mit der Frage 
          zermartern, wie es denn nun mit mir und der Arbeit weitergehen soll. 
          Und heute zum ersten Mal wieder so weit gelaufen, dass die Parese im 
          linken Bein in Erscheinung trat. Mein Körper fühlt sich nicht gut an. 
          Banale Dinge wie mir die Haare zu machen kostet mich unglaublich viel 
          Kraft. Und im Bett konnte ich nachts das linke Bein nicht mehr 
          anziehen. Und jeder Handgriff besteht eigentlich aus zwei Handgriffen 
          und endet damit, dass ich etwas aufheben muss. Siegt der Ärger über 
          den Frust? Bin beim wiederholten Male mich Bücken kurz vorm 
          Explodieren, kaschiere mit Wut dass ich in mich zusammensinken und 
          weinen möchte. Die große Jahresabrechnung –was ist alles verloren? Was 
          noch geblieben? Wieder die Tore schließen und still schweigend dem 
          Verfall beiwohnen, ohne einen Laut, ohne ein Wehklagen von mir zu 
          geben. Der Gedanke daran, was mir nun noch blüht, ist von solcher 
          Größenordnung dass dieser meinen Horizont übersteigt. Stilles Warten 
          und mich mit immer mehr Löchern arrangieren lernen. Beiläufig, ohne 
          groß nachzudenken. Und kopfschüttelnd hinnehmen, dass andre aufgrund 
          meines Schweigens meine Situation als viel harmloser einstufen, als 
          sie es tatsächlich ist. „Aber man sieht dich doch immer dabei…“, und: 
          „Aber du machst doch immer…“. Hinnehmen; Preisgeben macht keinen Sinn. 
          Denn selbst dann ist noch Raum für Bagatellisierungen. Gute Ratschläge 
          die wertlos sind, denn es geht nicht darum an einer ohnehin starren 
          Situation den sinnlosen Versuch zu unternehmen etwas daran ändern zu 
          wollen, sondern diese erstmal als Ganzes zu begreifen und zu fühlen. 
          Mit all dem Schmerz und der Angst, die ihr innewohnen. Und dann? Wenn 
          ich sie zu leben gelernt habe, bereits die nächste Änderung hinnehmen? 
          Bin ich in der Position zu sagen, dass ich einfach nicht mehr kann? 
          Und wie immer scheinen auch nun die Höllentage vergessen und ich 
          kämpfe aufs Neue.
Immer wieder kommt die Stille und bettet mich in Schweigen. Und ich kann dann auch nicht mehr agieren noch zuhören. Bin wo anders. Sehe meine vernarbten Arme und sehne mich nach mehr. Die Stille schreit nach einer Handlung. Mich zurückwünschen an den toten Punkt. Was tu, was lasse ich?