An alle die per Google auf diese Seite kommen: Das ist KEINE Gebrauchsanweisung zur Bulimie!!! Ich flehe euch an: LASST DEN SCHEISS! FANGT BLOSS NICHT AN!!! WERFT EUCH NICHT WEG!
 

Kotzen......Kotzen......Kotzen!

So beschränkt ist schon mein Denken.
Frustessen.. rauswürgen.. usw.
Selbst nachdem ich mich abgeschrubbt und mit Deos eingestaubt habe, rieche ich nach Erbrochenem.
Wie ich mich selbst sehe?
Als eine widerliche und ekelerregende Zeiterscheinung, die auch vorüber gehen wird.
Ja, ich ekle mich vor mir selbst, so sehr, dass mir speiübel wird.
Die Konfrontation mit dem Spiegel schon nach dem Aufstehen gleicht einem traumatischen Erlebnis.
Steh da, glotze mein Spiegelbild an und versuche das, was ich erblicke, zu verleugnen.
NEIN! ES IST NICHT WAHR!...
Doch, es ist so und die Unzufriedenheit lässt sich kaum noch zügeln.
HASS schleudere ich meinem Spiegelbild entgegen..
Er wird reflektiert und auf mich zurückgeworfen.

Kann es ein Ende nehmen?
Oder einmal Essstörung, immer Essstörung.... wenn auch nur im Kopf?


Alles begann mit Ängsten.. Ängste, nicht zu genügen.
Nie mit dem eigenen Körper befasst und plötzlich gezwungen, sich damit auseinander zu setzen.
Auseinandersetzung mit all den Übergriffen in meiner Kindheit, die mir jetzt erst bewusst wurden.
Die Angst, er könnte mich nicht lieben, wenn er mich das erste Mal sieht.
Und all der Dreck, der an mir klebte, den ich erst erkennen würde...
Aus einer Grippe heraus entstand meine Bulimie.
Ich kotzte und nahm nicht ab, ich hasste mich und nahm nicht ab, ich quälte mich und nahm nicht ab.

In einen Tiefschlaf fallen, lange nicht aufwachen... Hungern, den Hass aus mir raushungern, wenn er sich schon nicht rauswürgen lässt.


Umzug nach Deutschland!
Weit weg von meinen Eltern, meinen Problemen.
Kotzfrei... bis eine Woche vor unserem ersten Besuch bei meinen Eltern.

8. April 2000
..eigentlich sollte es in Vergessenheit geraten. Eigentlich erschien es mir nicht wichtig und tut es jetzt auch noch nicht....
...Ich fühle mich nicht schuldig, es ist mir fast "unheimlich" gleichgültig...


Der Alptraum sollte erst jetzt seinen Anfang nehmen...
Nachdem wir wieder nach Österreich gezogen waren...

23. Juni 2000
...Mein Kotzeimer und ich werden uns einen schönen, gemütlichen Abend machen...


Täglich bis zu 7mal und auch öfter alles wieder aus mir rauswürgen.
Die Fressattacken nehmen unglaubliche Maße an.
Die Lücken zwischen dem Fress-Brechritual mit stundenlangem, selbstzerstörerischem Sportbetreiben ausfüllen.
Die Klinge wird mein einziger Freund... Alles ist kalt, ich bin kalt und nichts dringt zu mir durch, ich muss tot sein...

15. August 2000
...Den ganzen Tag über habe ich nichts außer eine Birne gegessen und habe auch kein Hungergefühl verspürt, doch je näher der Abend rückt, desto größer wird das Verlangen, etwas in mich reinzustopfen... Mit Erfolg: Nun ist mir übel, der Blick in den Spiegel fällt mir schwer. Und was ist, wenn ich mich betrachte und mich als dünner empfinde und in Wirklichkeit jedes Mal vorm Spiegel unbewusst den Bauch einziehe und dann im Alltag eklig aussehe?.. Auch das Inlineskaten allein reicht mir nicht aus.. ich brauche mehr...

24. August 2000
..Dann am Abend der nächste Schock: 2kg mehr als am Morgen!!!! Und das, obwohl ich kaum was gegessen habe. Und was lerne ich daraus? Ohne Kotzen läuft es einfach nicht...

.. und ich nehme ab, verliere fast täglich an die 200g ...
... und ich genieße diesen Zustand ...
.... und werde kontinuierlich aggressiver; das ist wohl das einzige Gefühl, das in diesem sterbenden Zustand noch aufrecht zu erhalten ist ....
 


Aus der ausgeglichenen, ruhigen Bibi...
 



wird eine dünner, aggressiver Schatten ihrer selbst
 


Januar 2001
Bei 55,6 kg wendet sich das Blatt, dank meiner damaligen Physiotherapeutin, die meinen  Verfall  und auch meinen zerstörerischen Umgang mit mir selbst wochenlang beobachten konnte. SIE war es, die die Psychotherapeutin anrief, und SIE war es, die mir einen Termin bei dieser verschaffte und mir die Strunzbücher empfahl...


Der Versuch, die Sache in den Griff zu bekommen, beginnt:
Psychotherapie
Gesunde Ernährung
Vernünftiges Sportbetreiben
Akribisches Notieren von Gewicht, Körperfettgehalt, Essen, Getränken, Erbrechen und Sport (anfangs mit Kalorienberechnen)

Die ersten kotzfreien Tage, die mit der Zeit zu Wochen werden.
Ich nehme wieder zu.

Trotz gesunder, fettarmer Ernährung und täglichem Lauftraining bin ich nun wieder bei meinem alten Gewicht von 68 kg angekommen.
Ich stelle mich heulend an den Kleiderschrank und hole alles heraus, was ich mir erst vor kurzem gekauft habe und verabschiede mich vom dünn sein.

Die Frage, wie es sich in Zukunft entwickeln wird, macht mir Angst.

Ich fühle mich schrecklich fett, bin davon überzeugt, dass ich es auch bin, empfinde mich als unförmig und schäme mich für meinen Körper.


..Zwei Wochen hungern.. Zwei Kilo innerhalb von drei Tagen weg... Dabei hatte ich gehofft, zugenommen zu haben, als ich mich auf die Waage stellte, damit der Albtraum ein Ende nimmt.
Weihnachten - Kotznachten
...Wieder im alten Kotzdenken verfangen..


Ich kann nicht mehr fressen, mein Magen schmerzt erbärmlich, sodass sich mein Körper krümmt beim Essen... Alles wieder raus, schnell, bevor ich explodiere oder der Schmerz mich wahnsinnig macht.. Ich fühle mich total schwach, aber eine innere Zufriedenheit ist der honigsüße Lohn für all die Plackerei.
 


Ab dem 24 April 2002 bin ich kotz- und ritzfrei. Ich habe die Therapie vorläufig beendet um es alleine zu versuchen. Und das in einer Zeit, in der alles wieder schlimmer zu werden schien. 
 


 Ende Oktober 2003 dann nach über einem Jahr ein massiver Rückfall. Mir wächst die Situation über den Kopf: Chemotherapie, neu im Haus, Sebastian in Deutschland, Depressionen, Todessehnsucht. Binnen 10 Tagen 5 kg runtergekotzt, mich täglich mit einer Rasierklinge massakriert, zwei massive Nervenzusammenbrüche, wobei einer beinahe meinen letzten Atemzug bedeutet hätte. Nach seiner Rückkehr pendelt sich alles wieder ein, ich bekomme wieder Kontrolle über mich und meine Essstörung. Die Gewichtsschwankungen durch die Chemotherapie waren einfach zu viel für mich.
 


Oktober 2004
Ich bekomme einen Teilzeitjob in Sebastians Büro. Die fehlende Tagesroutine führt zu einer massiven Zunahme der bulimischen Aktivitäten. Meine Zähne beginnen zu wackeln, aber es stellt sich heraus, dass das wohl an den Weisheitszähnen liegt und nicht an der Bulimie. Doch der Zahnschmelz ist hinüber.
 


2005
Die Gastroskopie ergab, dass weder mein Magen, noch meine Speiseröhre an den bulimischen Jahren Schaden genommen haben. Es kommt noch 1 bis 2mal pro Monat vor, dass ich erbreche.
 


Dezember 2005
Es wird wieder schlimmer, die Gewichtszunahme aus heiterem Himmel, der Schub, der mir das Laufen verbietet und vor allem die bevorstehenden Feiertage zentrieren mein Denken und Handeln auf einen einzigen Punkt: mein Gewicht. Ich hasse mich.


Januar 2006
Nach dem absoluten Absturz kommt nun etwas, was ich so nicht erwartet hätte.
Etwas Schönes.
Schon als ich instinktiv spürte, dass ich schwanger sein könnte, ging in meinem Schädel ein Schalter um, der meine Seele und meinen Körper in warme Watte packte. Ich spüre nun, dass ich es nicht mehr brauche, denn das Kleine braucht mich, braucht mich gesund und ich muss darauf achten, dass es ihm in mir gut ergeht. Das ist nun das wichtigste. Alle Selbstzweifel wie ausgelöscht, ich fühle mich glücklich :o)


7.März 2006
Ich muss unser Kleines den Sternen übergeben.
Noch fühle ich mich haltlos, aber es hat mir so viel geschenkt, was ich nicht einfach gedankenlos wegwerfen darf...

Kleines, ich verspreche, ich werde mich bemühen...
 


Januar 2008
Ob das Weihnachtsritual nun beendet ist, weiß ich nicht. Ohne Kotzen wäre ich wohl wahnsinnig geworden oder nicht in der Lage gewesen, zu funktionieren. Gebracht hat es nichts. Ich HASSE Weihnachten! Zudem sah ich keinen Grund, mich nicht nicht im Klo runterzuspülen. Bin Wertlos! Also warum mich bemühen?
 


Ende Februar 2009
Diagnose: Refluxösophagitis Grad III, also eine hochgradige Entzündung der Speiseröhre
2 Wochen Hungern, verliere Gewicht und ertrage plötzlich den Gedanken, wieder 64kg wiegen zu müssen, nicht mehr.
Entwässerungstabletten und ,,moderates" Kotzen müssen mich bei 62kg halten, koste es was es wolle. Zudem kommt Aufschlitzen bei der neuen Infusions-Therapie alle vier Wochen nicht so gut. Der fehlende Spannungsabbau will kompensiert werden. Ergo - der Magen schmerzt erneut.

 


April 2011
Erst die Stressfraktur, nicht laufen können, leichte Gewichtszunahme, dann ein Infekt und beinah 4 Wochen lang nicht essen können und mich übergeben.
Daraus resultierend der nächste Rückfall. Erst nur Überflüssiges und Fressattacken hochwürgen. Recht zügig auch vor regulären Mahlzeiten nicht mehr halt machen.
Es bleibt die Frage, ob ich jemals wieder laufen kann. Und mein neues Gewicht, das ich mir letztes Jahr innerhalb eines Monates mit Diät, Eiweißshakes und intensivem Lauftraining erarbeitet habe, scheint nun -so unbeweglich- in Gefahr. Das ertrage ich NICHT!
Trotz erneuter Verschlechterung der Gastritis...
 


Mai 2011
Vom Regen in die Traufe. Auf Kotzen folgt Hungern. Und wenn ich dann etwas esse, ertrage ich nicht, etwas im Magen zu haben. Ernähre mich nur noch von Joghurt und Melonen. Was anfangs gut klappte. Doch mittlerweile ertrage ich nicht mal DAS! Denn das Gewicht stagniert bei 55kg.

53,6kg


Juni 2011
Das Hungern wird zum fixen Bestandteil. Ein kleiner Kreislaufkollaps jagt den nächsten -der Blutzucker hängt mir immer wieder in den Kniekehlen und ich muss mich übergeben. Tiefpunkt bei 53,6kg. Abführmittel, Entwässerungstabletten, das volle Register ziehen. Bei 54 einpendeln und wortwörtlich abkotzen. Und die erneuten Laufanfänge sind mehr als desillusionierend. Hab ich doch immer wieder gesagt: "Ich weiß, dass ich essen muss, wenn ich laufen will...". Hm...

Video über Esstörung
(...Eine kleine Geschichte...


November 2011
Erst war ich nur noch dankbar, dass ich wieder laufen und auch wieder essen darf. Was zwangsläufig folgt: Radikale Gewichtszunahme, rauf auf 61kg!
Kotzattacken jagen Fressattacken, alles "Überflüssige" wird wieder ausgespuckt. Doch selbst die gesunden Sachen machen fett!!!




Bulimie

Reingewürgt, dann ausgekotzt
Fressen oder ganz verweigern
Gesellschaft boxt dir in den Magen
,,Den Brechreiz kann man noch steigern!"

Trichter in den Mund geschoben
Eimerweise rein damit!
Tritt von hinten, nach vorn gestoßen
Tortur zum ,,ordnungsgemäßen Schnitt"

Alle wollen es, zu viele tun es
Folgt dem Mediendiktat
Gehst du irgendwann daran zu Grunde
Die Liste ist lang, du hast versagt

Essen, Fressen, Runterschlingen
Kiloweise und noch mehr
Endorphine durchströmen den Körper
Machen ihn glücklich, und dich leer

Mehr noch, mehr noch, rein damit
Bevor das Glücksgefühl entschwindet
Aber irgendwann ist leider Schluss
Und Schuld dich jedes Mal noch findet

Wie sie dich beutelt, schlägt und würgt
Die Augen beginnen dir zu brennen
Wirst einsichtig, ein braves Kind!
Beginnst die volle Schuld anzuerkennen

,,Du ekliges ETWAS, dich selbst anwidernd!
Hast du endlich begriffen, dass dich keiner so will?
Achja? Du hast vor es nun zu ändern?
Dann hör auf zu jammern, tu was und sei still!"

Das selbe Theater bis 6 Mal am Tag
Und jedes Mal fällst du darauf rein
Kannst oder willst du es nicht begreifen?
Mit dieser Antwort bleibst du allein

,,Fett und unansehnlich bist du!
Deine Art ist ausgestorben!!!
Rank und schlank hast du zu sein...
Hab ich dir den Appetit verdorben?"

Nein, so kann es nicht weitergehen
Leise ins nächste Bad geschlichen
Letzter Kontrollblick, Tür geschlossen
Und schon ist ne halbe Stunde verstrichen

Da stehst du nun mit fahlem Gesicht
Dein ganzer Körper zittert wie wild
Dein Hals kratzt schrecklich, das nimmst du in Kauf
Denn dein schlechtes Gewissen ist gestillt

Kommst aus dem Klo als sei nichts gewesen
Lächelst unschuldig, atmest auf
Keiner fragt, wo du bloß warst
Man riecht es, doch keiner reagiert darauf

,,Siehst toll aus im Gegensatz zu früher!"
Soll das wirklich als Kompliment gelten?
Sind die Menschen denn wirklich so blind?
Wer waren sie, die diese Regeln aufstellten?

Ist es gutzuheißen, bei diesem hohen Preis?
Wo nicht alles, sondern LEBEN auf dem Spiele steht?
Ging's nach unsrer Gesellschaft, ohne weiteres
Macht doch nichts, wenn einer zu Grunde geht....

(vom 3. April 2001)

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