,,Ich
verstehe dich einfach nicht!" - Ich mich auch nicht mehr
Eine Sucht,
wie jede andere auch, mit allen Schattenseiten und Entzugserscheinungen,
als Ankerpunkt im Leben und diesem doch so unendlich fern.
Ist es ein
stummer Hilfeschrei, ein Akt von Selbsthass getrieben, der Drang sich
kontinuierlich zu zerstören, sich zu spüren, zu finden, sich zu
halten, um zu betäuben, ein langsames Heranführen an den Suizid?
....Von allem ein wenig? ....
Ich kann es nicht beschreiben,
dieses widerwärtige Gefühl, das meine Unterarme durchzieht. Ich kann
es nicht in Worte fassen, ich kann ihm keinen Namen geben, ich kann es
nicht bewältigen, ich kann es nicht ertragen.
Mich giert es nach
Verletzung, mich giert es nach Blut
Ein unbändiges Gefühl braut sich in mir zusammen
Mein Körper will flüchten, er fühlt die Wut
Um die Klinge erneut in mein Fleisch zu rammen
So wie ich einst lag auf dem heißen Beton
In mein Blut getaucht meinen linken Arm
Mein Blick war leer denn es wartete schon
Dieses Stück Metall, vom Blut noch warm
Ich höre es
flüstern, schmeicheln, liebkosen
Wie es mich verführt zu weiteren Schnitten
Gebettet auf tausend roten Rosen
Schmerzvoll, doch wunderschön und ich inmitten...
All dieser Pracht,
so versprach es mir
Würde ich belohnt wenn ich ihm erlaubte
Mich erneut zu berühren wie ein wildes Tier
Das nach Blut lefzt und mir schon längst den Verstand raubte
Ich konnte nicht
mehr, ich war schon tot
Ließ es nicht mehr zu an diesem Tag
Nichts fühlend, stillschweigend im Abendrot
Nur noch meine leere Hülle in ihrerm Blute lag
(Donnerstag Nacht, 2. August 2001)
Was ist schief gelaufen? Die
Kindheit als Schlüssel?
Auf der einen Seite eine Übermutter, die teilweise erdrückt, immer da
ist und doch keine Zeit hat. Die versucht, diesen Mangel mit dem
Überhäufen von Geschenken auszugleichen, was zu einer allmählichen
Manifestierung von Schuldgefühlen führt.
Auf der andren Seite ein Vater, der keine Gefühle zeigen "kann", eine
eigene Meinung nicht akzeptiert, einen Strick daraus dreht, ,,wie böse
man doch zu ihm sei", bei unnötig aufkeimenden Diskussionen das letzte
Wort hat, auf zynische Art und Weise, die Situation einfach verlässt
und die Schuld an mir haften lässt. Alles wird angezweifelt, wird
schlecht geredet.
Und dann das Gasthaus, mit all seinen Gästen, die grabschen, die
teilweise nur im Stande sind, sich vulgär zu artikulieren, mit
sexistischen Äußerungen vor und an Kindern nicht sparen. Und Gästen,
die nicht mal vor körperlichen Übergriffen zurückschrecken. Sei es das
permanente Pogegrabsche, oder der Übergriff mit 9, an den ich mich
noch erinnern kann:
,,Ich spielte im
Flur, als er aus der Toilette kam. Er ging auf mich zu, packte mich,
drückte mich ganz fest an sich und begann mich zu küssen. Er war
erregt und ich hatte Angst. Nach einer kleinen Ewigkeit konnte ich
mich losreißen und floh zu meiner Mutter. Sie meinte, da könne man
nichts machen, das sei ein Gast!"
Dieser Satz hat sich
so markant in mein Gedächtnis eingebrannt, und ich bekam ihn mit 16
noch einmal zu hören.
..Ich war auf einem
Ausritt. Ein Dorfbewohner kam mir entgegen. das Pferd blieb stehen. Er
fasste mir einfach so zwischen die Beine und ich erstarrte. Ehe ich
wieder zu mir kam und das Pferd nach einer eindrücklichen
Schenkelhilfe losgaloppierte."
Ich wurde nicht ernst genommen. Während meiner Therapie meinte meine
Mutter, ich hätte ihr NIE davon erzählt und paradoxerweise auch noch,
sie sei der Meinung gewesen, ich würde das so wegstecken wie sie in
ihrer Kindheit.
Kein Privatleben, Gasthaus und Privatsphäre gehen fließend ineinander
über.
Mit 17 der letzte Versuch mit meiner Mutter darüber zu reden.
"Ich saß in der
Küche, sie wollte von mir wissen, was denn mit mir los sei. Ich war im
Begriff, über meine Depressionen zu sprechen, doch in dem Augenblick
kam ein Gast, sie ging entnervt hinaus um ihn zu bedienen, kam aber
nicht wieder. Stattdessen hörte ich sie draußen sich angeregt mit
diesem unterhalten. Ich saß da noch eine Weile. Und wartete. Dann ging
ich. Verkroch mich wieder in mein Zimmer, in meiner eigenen, konfusen
Welt. Dezember 1997 begann meine Karriere im Selbstverletzen."
Sind die genannten Gründe ausreichend?
(Dies ist keine Abrechnung mit meinen Eltern, vor allem
mein Vater hat sich in den letzten Jahren um 180° gedreht)
Schindendes
Glück
Halt dich zurück!
,,...Gestern hatte ich einen
Traum. In diesem Traum nahm ich ein Messer und schnitt mir damit die
Pulsadern auf. Dabei empfand ich ein angenehmes Gefühl als mir das
Blut über die Hand floss. Ich konnte keinen Schmerz fühlen, nur die
Wärme meines Blutes.."
20. Juli 1997
,,..Es spielt keine Rolle:
Jetzt sterben.. später sterben.. nur nicht zu spät sterben.."
15. November 1997
,, Heute ist Freitag,
glorreicher Tag des Dezembers. Welches Datum wir heute haben? Weiß ich
nicht, ist mir auch egal. Ich weiß auch nicht, warum ich das eben
getan habe, ich weiß nicht warum ich mir in die Ellenbogen geschnitten
habe; es war kein Unfall.... Als das Blut zu fließen begann fühlte ich
mich besser.... Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis mein Leben
endet; von mir, von meiner eigenen Hand beendet wird. Trotz all dieser
Hoffnungslosigkeit hoffe ich immer noch auf Rettung und ich hoffe, sie
kommt mir bald zur Hilfe. Ich weiß nicht mehr was ich tue. Allmählich
wächst in mir eine Angst,.... die Angst vor mir selbst.."
Dezember 1997
,,Ich weiß nicht warum ich
es getan habe, ich weiß nur, dass es schon wieder geschehen ist....
Doch eines weiß ich mit Sicherheit: Mit jedem Tropfen meines Blutes
fühle ich mich stärker. Das zuerst Unwahrscheinliche ist mir bereits
ganz nah. Ich fühle, wie es auf mich zukommt. mit jedem Schnitt ein
Stückchen näher, mit jedem Tropfen Blut, das meine Adern verlässt.
wächst die Kraft in mir das zu tun, was bereits unausweichlich vor mir
liegt. Es gibt keine Chance mehr zu entkommen, ich bin mittendrin
gefangen, es gibt kein Zurück mehr, nur mehr Geradeaus, immer weiter,
Schnitt für Schritt... Ich möchte es in die Welt hinausschreien, doch
ich kann nicht. Wie lange noch, wie lange noch...?"
16. Januar 1998
,,Wieder bin ich depressiv,
wieder habe ich mich geschnitten. Diesmal sehr tief, so tief wie nie
zuvor. Ich empfand dabei keinen großen Schmerz.... Über die Hand floss
es langsam, es kroch regelrecht, und doch schoss es förmlich mit jeder
Bewegung meiner Muskeln aus dem tiefen Schnitt. Es war ein gutes
Gefühl, obwohl das krank klingen mag. Ich weiß, dass ich meinem Ziel
viel näher bin als ich erst dachte. Es geht so einfach.."
1. April 1998
,,.. Und wenn
ich die Amsel höre, so wie jetzt, glaube ich, dass ein Leben ohne
Leben besser wäre, denn dann müsste ich mir über all das keine
Gedanken machen. Es wäre Stille.."
28. Mai 1998
________________________________________
Hauptseite