Das Bild vor meinen Augen verschiebt sich über einander
und ich werde jetzt nur noch meinen ersten und letzten Tee an diesem Tag
trinken und vielleicht noch die Kraft aufbringen, ein X zu verzeichnen…
Und Trommelwirbel: 53,9 um 10 vor 7. Ich bin total
benommen und weggetreten. Es war ein Segen, mich nach dem Mittagessen
hinzulegen, obwohl es eine Ewigkeit gedauert hat, bis ich endlich eindösen
durfte. Jetzt möchte ich natürlich gleich weiterschlafen, aber dann bekomme ich
nachts erst recht Probleme. Die Tabletten mir neben die Seite gelegt, doch
gebraucht habe ich sie nicht. Ich fühlte mich, als würde ich eine Psychose
bekommen. Ich konnte Sebastian nicht mehr normal (zumindest das, was ich als normal
erachte) wahrnehmen, die ganze Situation schien mir über den Kopf zu wachsen,
dabei konnte ich nicht benennen, was mich denn jetzt so aus der Fassung
brachte. Ein wenig Müdigkeit half mir dabei, diese Krise vorerst zu überwinden.
Das Mittagessen alleine erschien mir so seltsam, dass es dem ganzen durchaus
zusätzlich Sprengstoff lieferte. Ich habe nicht viel gegessen, schmeckte auch
nach gar nichts und mir immer noch unklar, wie man da Fressattacken bekommen
soll. Ebenso beim Abendessen der Becher Joghurt. Für gewöhnlich ist das meine
Abendportion (die Hälfte vom Inhalt), doch davon schaffte ich auch nur die
Hälfte. Schmeckte nach nicht. Und mir wurde schlecht beim Essen. Heute gab es
vegetarisches Käse Fondue, mit Brokkoli, Kirschtomaten, Gnocchi (den restlichen
von gestern) und 2 Scheiben Kräuterbaguette… Das Programm tut gerade so, als ob
es jedes 3. Wort zum 1. Mal hören würde. Die Nerven dafür fehlen mir wohl
völlig. Dabei hatte ich abends ein richtiges Hoch und konnte zum 1. Mal seit
meiner Überdosis alleine am Waschbecken stehend meine Haare waschen, sogar das
Extraprogramm mit dem Spezialshampoo. Meine Kopfhaut sah fürchterlich aus und
ich musste irgendetwas dagegen unternehmen.
Der Schlaf war unruhig, obwohl die Gewissheit, den Wecker
und dessen Alarm nicht kontrollieren zu müssen, ein wenig Ruhe verschaffen
konnte. Er stand zuerst auf und ich blieb noch eine halbe Stunde liegen, in der
ich natürlich nicht mehr schlafen durfte. Mir selbst verboten, auf die Uhr zu
sehen. Irgendwann nach 2 wurde die Missempfindung in den Beinen so penetrant,
dass ich mich schon heute ins Tagebuch schreiben sah: „Nein, auch die neuen
Tabletten wirkungslos. Ich habe verloren.“. Aber kein Krampf, zum Glück KEIN
Krampf!
Die Hinfahrt mit Wolfgang war äußerst amüsant, wir alberten
herum wie Schulkinder. Ich schrieb es der Tatsache zu, in meiner Kindheit zu
viel die Glotze konsumiert zu haben. Die Rückfahrt wurde aufgeheizter, es gab
eine hitzige Diskussion zum Thema Flüchtlingskrise. Wolfgang spulte alles ab,
was man an Worthülsen in den letzten Monaten vor allem von rechtslastigen
Seiten aufschnappen konnte: Der Islam gehört einfach nicht zu Österreich! Dann
sollen sie ihren Islam eben zuhause ausleben! Die wollen uns ihren Islam
aufzwingen! 80 % von denen kommen doch nur, um das System auszunutzen! Warum
sind das nur Männer? Wir sind vor dem Krieg auch nicht weggerannt! Usw.…
Mir wurde erst recht schlecht. Ganz abgesehen davon, dass
er sich vormittags eine Wurstschnitte vergönnt hatte und es bereits bei der
Hinfahrt im Auto unangenehm roch. Nun ja. Wir sind friedlich
„auseinandergegangen“.
Im Krankenhaus die Schwester der letzten Tage
freundlicher. Als das Theater mit meinen Venen in die nächste Runde ging und
diverse Patienten vor der offenen Untersuchungszimmertür standen und ganz
neugierig zu uns herein schauten (und GANZ SICHER meinen entblößten,
zerkratzten Arm eingängig begutachtet haben), stand sie auf, ging zur Tür,
vertröstete dass „interessierte Volk“, sie mögen noch kurz Geduld haben, sich
setzen und schloss die Tür. Es genügten die beiden weiteren Patienten mit im
Raum. Heute bekam ich den tollen Loungesessel, der immer ein bisschen an Star
Trek erinnert. Die Infusion krachte in exakt einer Stunde in mich hinein und es
pochte unangenehm bis schmerzhaft in meinem Handrücken. Mein ganzer Körper ist
dafür einfach nicht mehr gemacht. Aber Wolfgang hatte mir gesagt, er müsse
spätestens um 13 Uhr zurück in Jennersdorf sein, um eine weitere Patientin
ebenfalls nach Graz zu fahren und das setzte mich unter Druck. Zur unumgänglicheren
Schwester, die ich auch die Tage davor sehr gut leiden konnte, sagte ich ganz
zaghaft: „Wenn ich jetzt nur 3 Einheiten mache… Kommt es häufiger vor, dass
andere Patienten nach derselben Menge nach 2 Wochen wieder hier sitzen?“. Dies
konnte sie bestätigen. Beruhigte mich, beruhigte mich aber auch wieder nicht.
Also überließ ich die Entscheidung den Umständen und Wolfgang rief Helmut an,
um diesen zu fragen, wann er morgen mit mir fahren würde: „7:30.“, sagte er mir
und ich zu den Schwestern: „Na denn, bis morgen.“. Bereits nach dem Essen hätte
ich mich dafür ohrfeigen können. Aber das war vorauszusehen. Also 2 Tage noch
und nur ein Morgen mit Ausschlafen am Wochenende. Dabei ist mir dieses
mittlerweile so heilig.
Wie unrund ich heute wohl noch werden muss? Ich war
eigentlich der Meinung, meiner Hand wäre es heute Morgen besser gegangen. Jetzt
ist alles erneut Brei. Mein Unterleib wollte sich bereits nach meinem kurzen
Schläfchen wieder anpinkeln. Und wir einen hübschen Schwenk zu gestern Abend
hergestellt hätten. HEILIGE SCHEISSE!! Meine Hose war in der Tat klatschnass!
Die Nadelreizmatte stank nach Urin! Ich ging in die Dusche und hätte am
liebsten geweint. Sebastian versuchte mich aufzubauen. Doch ich hatte mein
Urteil gefällt: „Ich bin das Letzte! Du kannst dich ja nur noch vor mir
widern!“. Trotz allem gab es jetzt eine Entwässerungstablette und ich müsste
genau darauf achten, vorzeitig die Blase zu entleeren.
Eine Schale Tee, aus der Firma 2 Berichte, die ich jetzt
gleich korrigieren werde. Hoffentlich ohne allzu viele Fehler. Ich kann gerade
nicht beschreiben, wie ich mich in meinem Körper fühle. Mein Herz rast dezent,
ein unangenehmes Kribbeln zieht durch beide Beine und lässt keinen Zweifel
daran übrig, dass da noch mehr ginge. Nachts schlucke ich definitiv dieses
Praxiten 15mg. Das scheint sich laut Beipackzettel super mit meinen Opiaten zu
vertragen… HAHAHA.
Letztes kleines Detail: Um 6:06 draußen ein Streufahrzeug
und nicht ganz eine Stunde später im Badezimmer beim Füttern der Goldfische
fiel mein Blick nach draußen und alles war hübsch angezuckert. Tja, willkommen
in der panonischen Tiefebene! Denn bereits nach meiner Rückkehr kurz nach 12
alles weg und Wolfgang faselte irgendetwas davon, es im Gefühl zu haben, dass
es zu Weihnachten viel zu warm werden könnte. Und ich, dass ich mich dann ganz
sicher „bei ihm melden werde“…
Nur wie mache ich das jetzt? Ich kann nicht einmal
richtig sehen… Aber es sind ja nur 2 Berichte.
16:35
Das kann es doch einfach nicht sein! Nichts! NICHTS habe
ich bis jetzt gemacht!! Stattdessen? Mich mit einer neuen nassen Hose herum
geschlagen. Zuvor beim 1. Gang auf den Leibstuhl ging natürlich etwas daneben,
aber in die Binde und als ich alles wieder hochzog, fühlte es sich trocken an…
Aber weit gefehlt! Als ich mich wieder in den Rollstuhl setzte, habe ich die
Einlage mit meinem Gewicht ausgequetscht und sich mein Urin formschön in meinen
Klamotten verteilt. Es reicht! Es reicht jetzt! Die letzte Einlage, die ich
noch zum Probieren vom Bandagisten bekommen habe, in eine neue Unterhose
gelegt, ausgebreitet… wie ein Müllsack so groß. Und ohne Klebefläche-damit
werde ich viel Freude haben! Mein Hintern scheinbar doch zu klein oder ich
brauche größere Omaunterhosen.
17:20
Das ist keine Inkontinenzeinlage, das ist eine Matratze,
stellte ich soeben fest. Mich regelrecht daran aufheizen, was Wolfgang heute
sagte, als er erneut wiederholte, wann Helmut morgen kommen solle: „Er kommt um
halb 8. Du kannst ja mal zwischendurch raus schauen, vielleicht ist er ja schon
um Viertel da.“. Darauf ich regelrecht giftig: „Insofern brauchst du dir
ÜBERHAUPT keine Sorgen zu machen! Der arme Helmut steht da nicht verloren und
wartet bis um Halb, er betätigt mit Sicherheit die Glocke vorzeitig!“. Man
müsste jetzt nur wissen, wo man sie ausschalten kann. Ein Zettel auf den
Schalter kleben: „DEFEKT!!“? Er drückt ja trotzdem drauf und das macht mich
bereits jetzt so dermaßen aggressiv und nervös… was kommt unterm Strich bei
raus? Ich steh wieder um 6 auf? Wegen…? Ja, ich müsste dankbar sein, unendlich
dankbar sein… aber in meiner jetzigen Situation kann ich das einfach nicht! Ich
kann wirklich nur inständig hoffen, dass er Samstag nicht einen auf
Stressfaktor macht. Wenn die Herrschaften den Betrieb für die ambulanten
Patienten auf Station ohnehin erst irgendwann lange nach 9 aufnehmen.
Vor mir auf dem Teller noch ein Stück Orange und eine
Birne. Damit ich wie gestern und vorgestern wach liege und eigentlich aufs Klo
müsste und so hoffentlich eine cortisontypische Verstopfung umgehen zu können.
Natürlich habe ich nicht viel getrunken heute Nachmittag, aber mich verängstigt
doch sehr, dass trotz 40 mg Furosemid nicht sonderlich viel aus mir raus zu
kommen scheint. 3 Hübe Tramal. Eigentlich hätte ich auch pausieren können, um
zu sehen, ob ich schon abhängig bin. Aber dann wäre ich noch unruhiger und
könnte mich noch weniger bewegen. Außerdem ist mir kalt geworden, mir mein
Geburtstagsgeschenk um den Hals geschwungen. Lange werde ich es dort nicht
aushalten. Heiß, kalt, heiß, kalt und draußen Flugzeug, Flugzeug, Flugzeug, bis
ich den Eindruck gewinne, in einem Krisengebiet zu leben, die Unruhe nimmt
tendenziell noch ein bisschen mehr zu und ich habe jetzt schon Angst vor der
Nacht. Am liebsten würde ich die 100 mg Pregabalin bereits jetzt einnehmen…
aber wie soll ich dann eben die bevorstehende Nacht überstehen?
Sebastian ist noch einmal kurz nach Jennersdorf, zur
Apotheke, eventuell noch zum Bandagisten und dann zum Supermarkt, für mich
neues Roggenbrot kaufen. Mit der Aussicht auf ein verfrühtes Bimmeln werde ich
mir das Frühstück morgen sparen dürfen und mir einfach eine Stulle schmieren.
Und ihm dann das Auto voll krümmeln. Ist das gehässig?
Ein weiterer Klassiker: Gestern beim Konsumieren eines
meiner Videos habe ich geweint. Heute wäre das wohl unvorstellbar, obwohl ich
aktuell noch in einem Verteidigungsmodus für meine letzten Krümel unterwegs zu
sein scheine.
Die Birne essen… scheint mir viel zu viel und trotzdem
weiß ich ganz genau, dass ich den Kanten vom Brot unbedingt auch noch essen
werde müssen. Solange er noch knusprig ist, sonst wäre es Verschwendung. Und
morgen werde ich mich mit großer Wahrscheinlichkeit hassen dürfen. Um wieder
zum alten Programm zurückzukehren.
Sebastian den Rest der Birne übrig gelassen… ich kann
nicht mehr. Und das ist gut so.
Außerdem habe ich große Angst davor, den Pinsel wieder in
die Hand zu nehmen. Meine Suizidgedanken sind…
18:17
Ich weiß überhaupt nicht, was ich jetzt mit mir anstellen
soll! Ob ich mich verletzen müsste, um auf der Ambulanz noch einmal glanzvoll
Abschied zu feiern. Sebastian kehrt zurück mit einem riesigen Karton voll mit
Inkontinenzeinlagen. Mein Halbjahresvorrat. Oder Viertel, er weiß es nicht so
genau. Ich rotiere innerlich und er fragt noch ganz liebevoll, ob er überhaupt
hochgehen und lernen soll, oder lieber bei mir bleiben… „Das ist ganz lieb von
dir, aber es würde mir nicht weiterhelfen.“. Die Glotze ist keine Option. Das
Sofa ist keine Option. Hier zu sitzen ist keine Option!! Um einmal kurz zu
verdeutlichen, in was für einer Zwickmühle ich mich soeben befinde. Wenn das
mal keine Psychose ist. Vielleicht gibt es die Psychopharmaka doch früher.
Ein dumpfer Ton wandert vom linken zum rechten Ohr. Die
Blase meldet Wünsche an.
18:59
Jetzt geht erst recht nichts mehr und mich erfasst eine
kochende Woge, die mir den Schweiß ins Gesicht treibt. Stand abschließend kurz
vor dem offenen Küchenfenster und japste nach Luft. Erst hatte ich mir doch den
Heizstrahler geholt und ihn mir neben dem Tisch auf den Hocker platziert. Doch
dann schnurstracks weiter in die Küche, das Geschirr in die Maschine geräumt.
Ich wäre morgen nur erst recht Amok gelaufen, hätte der ganze Stapel noch da
gestanden. Und alles dreckig und unordentlich.
Jetzt sehe ich doppelt und bin immer noch nicht ruhig.
Der Brotkanten und die Packung Hummus griffbereit, mein Blutzucker treibt mir
Blässe und Übelkeit ins Gesicht. Die Schwester sagte heute zur Begrüßung: „Na
da sieht man das Kortison ja schon…“. Darauf ich entsetzt: „Schon SO
aufgeschwemmt?“. „Davon habe ich nichts gesagt.“, sie in meinen Ohren
schnippisch. Ich wagte einen vorsichtigen Blick in den Spiegel über dem
Waschbecken: knallrot war ich. Sie altklug: „Damit das Gesicht aufschwemmt,
muss man 2 Wochen Kortison bekommen.“. Ich schüttelte wieder nur einmal den
Kopf… sie muss es ja wissen, meine Erfahrungswerte erzählen da etwas anderes
und es genügen 3 Tage.
Ein beißendes Brennen der linken Wade und das
Diktierprogramm macht erneut nicht, was ich von ihm will. Ein weiteres meiner
Videos anwerfen und sehen, wie ich darauf reagiere? Zusätzlich jetzt das
Praxiten? Bin ich dann nachts wirklich völlig aufgeschmissen und vermag es mich
jetzt überhaupt zu beruhigen? Oder erst einmal ein Aspro gegen die
Kopfschmerzen? Und etwas essen…
Als hätte die fette Sau zuvor nicht genug Obst in sich hineingeschaufelt!!
19:21
An meine Kunstseite hängen geblieben, der linke Arm mit
dem Stück Brot in der Hand hängt schlaff auf dem Schoß, die Augen beim Anblick
von „Doppelmord“ geflutet, laut weinend, durch die Kopfhörer die sphärischen
Klänge von „Host of seraphim“. Würde es jetzt einen Unterschied machen, in den
Arm genommen zu werden oder mich einfach wieder nur zu verletzen, aus diesem
Leben, das ich nicht will, für einen kurzen Moment heraus schneiden?
20:44
Schauen und weinen und weinen... Ich bin doch gar nicht
so scheiße… oder doch?
Patt... patt... patt... leise Tränen klatschen auf die
Tischdecke. Jetzt wäre es ein Leichtes, das hier endlich endgültig zu beenden
und ich kann gar nicht beschreiben, mit welchem Frieden mich dieser Gedanke bis
in die kleinste Pore durchdringt. Aber ich darf nicht. Warum darf ich nicht?
Weil ich nicht zurechnungsfähig in diesem Augenblick wäre? Und das soll schon
alles entscheiden?…
Nach Fassung ringen. Als ich ihm heute beim Mittagessen
von der Situation mit der Schwester erzählt habe und mir gleichzeitig den
Tupfer von der linken Armbeuge riss… von jener Sache, dass sie die Tür
geschlossen hat, sah er auf meinen zerkratzten Unterarm und fragte mich, ob ich
mir da etwas drauf gemalt hätte. Sah aus wie ein „NO“, oberhalb der Wunden.
Doch erst jetzt wird mir bewusst, was das ist. Nicht wie er vermutete, die
„nächste Sache“, eine Blutvergiftung oder Ähnliches. Nein, es sind blaue
Flecken, weil ich mir doch zuletzt selbst auf den Arm eingeschlagen habe.
Noch ist er oben. Noch könnte ich es wagen und die
Schwester legt ohnehin nur Wert darauf, meine Hände heiß zu baden…
6 Mal das Skalpell und der Letzte hätte wie der Erste
sein müssen...Ja, ich bin doch schlecht.
27.November2015,
Freitag 13:08
54,2
um 6:35. Er stand nicht um Viertel vor der Tür, zum Glück. So war
ich nicht erneut so dermaßen aufgerieben. Der erste Kommentar der
Schwester: „Das sieht aber heute schon wieder richtig gut aus mit
der Handkoordination.“. Ach ja? Fragte ich dann auch sie.
„Natürlich, kein Vergleich“. Stattdessen ging der Rest daneben,
wortwörtlich. Stich um Stich für die Katz. Insgesamt 4 Stück und
der letzte saß dann zum Glück so gut, dass es wenigstens mal nicht
weh tat. Auch beim Suchen zuvor krempelte sie meinen linken Ärmel
hoch, runzelte die Stirn (ich hatte aber einen sauberen Verband
übergestreift und bin eigentlich nicht davon ausgegangen, dass sie
davon ausgeht, dass sich darunter etwas Neues verbergen könnte),
dann stand sie auf, sagte: „So geht das nicht…“, und zog den
Vorhang vor. Ist das Respekt? Den ich allzu oft nicht erhalten habe?
Wenn man mich zum Beispiel in Oberwart im langen Warteflur mit nach
oben gekrempelten Ärmeln und an mehreren Stellen verklebt und mit
Infusionsbesteck vertaut hin drapiert hatte und ALLE, ausnahmslos
ALLE konnten den Psycho bewundern, wie bei einer Freakshow. Und zu
diesem Zeitpunkt beide Arme von oben bis unten massakriert… Tja,
selber schuld. Was erwarte ich mir da? Bis sich eine der Schwestern
erbarmte und mit Tüchern kam, um meine Arme einzuwickeln…
In
die Küche schlurfen, die Gemüsesuppe ist fertig. Bei der Heimfahrt
kämpfte sich mir bereits wieder der Mageninhalt die Speiseröhre
empor und zuhause gab es zuerst eine Tablette gegen Übelkeit und ein
paar Krümel Knuspermüsli. Sebastian musste weg, am liebsten wäre
er sofort gefahren, aber ich bat ihn noch, die Suppe anzusetzen und
das Gemüse kleinzuschneiden. Wie kann man in diesem Zustand nur
Fressattacken bekommen?
Auch
ist mir schleierhaft, was das Programm bis dato geschrieben hat. Ich
sehe nicht viel, so ich das nicht bereits diktiert habe. Mein Herz
macht soeben gefühlt 3 Purzelbäume, mein Schädel dröhnt. Aber
immerhin eine Entwässerungstablette geschluckt… das Wichtigste!
Der Aperitif!
14:08
Was
stelle ich jetzt nur mit mir an? Geht es mir nach den paar Löffel
Suppe besser? Meine Magennerven flattern merklich und ich frage mich,
wann ich meinen Test durchziehen will… soll… überhaupt kann.
Noch eines meiner Videos zum Essen, jenes vom Selbstmordversuch. Ich
hasse die letzten beiden Teile, weil ich so fett bin, so unförmig
und am Schluss auch noch so dämlich grinse und Witze reiße, als
wäre das ALLES nur ein alberner Spaß gewesen… VERDAMMT! Ich
wollte sterben! Was hätte die Ärztin heute wohl gesagt, hätte ich
ihr meinen gestrigen Abend etwas detaillierter erläutert? Mich
zwangseingewiesen? Ich will nicht vor mir selbst beschützt werden.
Ich war schon immer mein größter Feind und werde im Kampf mit ihm
zu Grunde gehen.
In
den Nachrichten auf diesem schrecklichen Schlagersender wie schon die
Tage zuvor wieder eine neue Nachricht von einem vergewaltigten
Mädchen. 2 Männer hätten sie verfolgt, der eine sie schlussendlich
festgehalten und der andere sich an dem 14-jährigen Ding vergangen
und ich konnte es fühlen, mir wurde ganz anders, eklig und wieder
fühlte ich mich neben meinem Taxifahrer mehr als unwohl. Wie schon
vor 2 Jahren beschrieben dieses Phänomen, als bestünde jederzeit
die Gefahr, er könne mir an die Wäsche gehen. Ich kapiere es
einfach nicht und es ist einfach nur widerwärtig! Ich hielt es nicht
aus, dass zwischen meinen beiden Oberschenkel nur ein klitzekleiner
Spalt offen war und ich aus eigener Muskelkraft meine Beine nicht
fest zusammen pressen konnte. Dazwischen kotzen hätte ich können!
Soll das normal sein? Getriggert durch diese Nachrichten? Weil ich
eben in den 2 Jahren Psychoanalyse nur in derartigen Fahrwassern
unterwegs war, mich wunderbar hineinsteigern hatte können? Die ganze
Rückfahrt hindurch starrte ich durch diese Lücke zwischen meinen
Oberschenkeln und fühlte bereits die Hand dazwischen… mir wird
schlecht. Ist es einfach Antipathie? Aber warum dann gleich so
drastische Bilder im Kopf? Eben auch von der Psychoanalyse in diese
Richtung gestoßen?
Was
weiß ich denn schon…
Die
Ärztin war heute wieder da. Ganz kurz kam sie in den
Untersuchungsraum gerauscht um mich zu fragen, wie es mit denn gehen
würde. Ich erzählte von der halben Psychose und sie ganz bestürzt:
„Dann sollte ich Ihnen doch eigentlich gar kein Kortison mehr
geben.“. Ich erzählte auch noch ganz kurz, dass mir Sebastian wie
ein wildfremder Mensch erschienen war und darauf sie: „Solange er
nicht George Clooney wird?“. Alle lachten und ich fügte noch
hinzu, dass zum Erreichen dieses Ziel leider zu viel Bauch im Weg
wäre. Dann sagte sie, ich würde ihr heute sehr viel besser
gefallen: „Sie haben eine viel bessere Farbe. Als ich Sie am
Dienstag das 1. Mal kennen lernen durfte, waren Sie aschgrau im
Gesicht, ich habe mich regelrecht erschrocken!“. „Das ist aber
meine Standardfarbe.“, und hätte noch gerne gesagt, dass Zombies
nun einmal so aussehen würden. „Aber ich weiß ja, dass frischer
auszusehen nicht bedeutet, sich gut zu fühlen.“. Was für eine
emphatische Ärztin. Da ich kurzzeitig nur einen Butterfly sehr
fragil in einer Vene stecken hatte, wurde das Dronabinol lediglich in
250 ml Kochsalzlösung aufgelöst und beschleunigte den Prozess
ungemein… auch wenn dieser Zugang in die Binsen ging. Als wir
gingen, kamen sie noch einmal von hinten und streichelte mir über
die Schultern, um mir alles Gute zu wünschen. „Vielleicht sieht
man sich ja in 2 Wochen noch einmal…“, sagte ich zaghaft und sie,
dass sie das doch hoffen will.
Alles
gesagt? Mich hinlegen? Versuchen zu malen? Zerrissen bin ich. Habe
aber extra eine volle Dosis Tramal vor dem Mittagessen eingeworfen.
Aber wie erstaunlich… gestern brachten mich meine Bilder zum Weinen
und als ich heute das Haus wieder betrat, fand ich alles scheiße und
wertlos! Es gibt keine stabile Selbstwahrnehmung, Eigenansicht,
dessen, was ich darstelle, was ich bin und was ich produziere.
Anstatt
aufs Sofa, zurück an den Tisch und die fette Sau gönnt sich ein 2.
Bonbon. Sie hat es ja nötig. Brauche etwas Süßes. Irgendetwas, das
ich schmecken kann. Aber irgendetwas scheint mich regelrecht daran zu
hindern, den Pinsel in die Hand zu nehmen, es zu versuchen. Waschen
und umziehen müsste ich mich ebenfalls unbedingt. Das nächste
Symptom kündigt sich an, ich fange meines Erachtens nach an zu
stinken; der von mir viel zitierte ominöse „Küchenschweiß“-als
hätte man einen Tag in einer Kantine gestanden.
Für
einen Augenblick die Augen schließen… Heizstrahler aus, ich halte
den Lärm nicht aus und jener von Computer und Kühlschränken
belastend genug… ganz zu schweigen von diesem kranken Flugverkehr.
Malen…
malen… malen… oder doch besser schlafen, zumindest eine Stunde.
Das Lhermite nimmt immer drastischere Züge an. Einmal in einer
ungünstigen Position mit dem Kopf nicken und ein schmerzhafter
Stromschlag schießt schnurstracks durchs linke Bein hindurch, dieses
sackt in sich zusammen und ich erschrecke fürchterlich. Wie heute
schon mehrmals da gewesen. Aber das hier führt mich nirgendwo hin…
ich muss irgendetwas tun, mich endlich entscheiden oder wie so oft an
dieser Unentschiedenheit zerbrechen… Na Hallo?!
Blutverdünnungsspritze und 2 Aspro intus! Da geht was und ich
wünschte, ich wäre immer noch allein.
Draußen
wird es erneut dunkel. Ich hätte nicht einmal die Glotze zur
Unterstützung bei einem Schlafversuch heranziehen können, hätte es
nicht ausgehalten. Was nun?
Wie
oft werde ich mir diese Frage in den nächsten Minuten stellen? Musik
an, Vorlagenfoto auf und dann wenigstens antesten? Oder eine weitere
Schale Tee, selbstverliebt ein weiteres meiner Videos, um zur
Zufriedenheit aller in Selbstmitleid zu zerfließen.
Das
rechte Handgelenk bekommt allmählich seine ursprüngliche Form
zurück. Da war einiges unter die Haut geflossen, was durchaus zu
pochenden Schmerzen geführt hatte.
Oder
noch etwas Tramal? Eine von den Beruhigungstabletten? Mir selbst
irgendwie helfen?
Heiß,
kalt, heiß, kalt und draußen kommt Wind auf. Die Restaurants leer.
Zumindest das Angebot betreffend, die Gäste wollen es noch nicht so
ganz wahrhaben. Sebastian meinte, da läge noch genug und deswegen
hätte er noch nicht nachgefüllt.
Meine
Beine fühlen sich beschissen an. Einfach alles diktieren, was mir
soeben in den Sinn kommt. Mich am Leben halten. Dazwischen einen
Blick unter Ärmel und Verband werfen. Der ganze Unterarm schmerzt,
ihn auch gestern vermöbelt, womit ich sicherlich nicht hinterm Berg
gehalten habe. Es sollte bluten, bluten, durch den Verband bluten,
die Innenseite vom Hemd benetzen, zumindest ein bisschen und das ist
mir gelungen. Ich bin krank, ohne Frage. Krank und gestört.. Und
werde jetzt einfach so weitermachen. Tee oder Farbe oder schlafen?
Eine weitere Schale erscheint mir wie eine Belohnung und warum sollte
mir eine solche überhaupt zustehen? Da kommt mir eine zündende
Idee: Ins Badezimmer fahren und meinen Kopf kurz unter kaltes Wasser
halten…
15:32
Nun
doch eine Schale mit Schwarztee. Das Räucherstäbchen scheint diesen
infernalischen Gestank nach Kohl vom Brokkoli nur noch zu verstärken.
Mit Multivitaminshampoo meine abartige Visage gewaschen. Die
Steroidakne auf dem Vormarsch und in den nächsten Tagen kann man
dann nicht mehr sagen, man lässt die Finger davon, so man es wagt,
unter Menschen zu gehen. Die rechte Hand klimpert unaufhörlich, ohne
Unterlass, immer bis 4 oder eine dämliche Melodie. Draußen dunkler
und dunkler. Wenn der Schnee wenigstens noch läge. Dabei soll es die
nächsten Tage wieder warm werden und mir dreht sich der Magen erst
recht um bei diesen Wetterprognosen. Die Kopfschmerzen nehmen erneut
zu und mein Magen kocht vermeintlich über. Ich will nicht wissen,
wie viele Fehler ich bis dato dank verstärkter Fehlsichtigkeit
übersehen habe. Aber fleißig eiskaltes Wasser in mich
hineinschütten, das zum Glück nicht mehr so bitter schmeckt wie
noch vor zwei Stunden. Schon wieder schmiert das Programm ab. Hitze,
Kälte, Hitze, Kälte und noch mehr Fehler vom Programm. Mich schön
daran aufheizen, als hätte mir gerade das noch gefehlt! Als hätte
diese Drecksau zugehört, als Sebastian zuvor in einem Forum
nachgelesen hat, dass das Programm grundsätzlich mit allen
Standardprogramm nur mangelhaft und fehlerhaft zusammenarbeiten kann,
als hätte es nie andere Zeiten gegeben, als hätten sich meine
Stimme und meine Aussprache jetzt so dermaßen drastisch verändert,
dass ich eigentlich ein neues Profil anlegen müsste.
Apropos:
Morgen fährt wieder Wolfgang.
Ganz
plötzlich eine „adrette Schreiattacke meinerseits“, als Martha,
dieses vermaledeite Mistvieh, aufs neue Vogelrestaurant springt…
NEIN! Die Vögel haben für mich höchste Priorität!! Und der Hass
gegen die Katzen wird nur noch größer!
Jetzt
eben auch noch verstärktes Herzrasen und ich diktiere einfach nur
noch Mist, für den ich mich jetzt schon hassen muss!
Vom
Wasser wird mir schlechter und noch schlechter und der Tee sollte
nach 20 min ausreichend gezogen haben. Also ein Video und meine
Selbstachtung wieder so weit verlieren, um vielleicht heute doch noch
ein bisschen an mir herum zu „basteln“…
Ein
weiteres Paspertin und die nächsten Tage definitiv keines von den
blauen Räucherstäbchen… Warum kotzt du dann nicht endlich, du
beschissener Körper?! Ah... vielleicht bedarf es erst meine
abartigen Visage… Video anschmeißen… und erleichtert aufatmen,
als das Räucherstäbchen den letzten Atemzug tut...
16:29
Augenblicklich
wünschte ich nur, ich käme an eines der Fenster heran oder die
Terrassentür, ohne damit einer Katze gleichzeitig Zugang zum Haus zu
gewähren. Für ein paar Atemzüge an die frische Luft. Mir wird
immer schwindliger, die Augen kacken wieder ab, der Körper stark
geschwächt…
Warum
hast du dich nicht hingelegt?! Warum nur? Um das Standardprogramm
abziehen zu können. Mein Zustand verschärft sich. Cortison, was für
eine Höllendroge! Und die Aufnahmen vom letzten Winter erzeugten bei
mir nur Beklemmung und Ablehnung meinerseits.
17:13
Der
Stimme fehlt die Luft, die Übelkeit schnürt mir die Kehle zu, der
Magen vollführt einen gordischen Knoten und prompt fange ich an
aufzustoßen. Mich anpinkeln, ordnungsgemäß, und mich nicht mehr
bewegen können. Abgesehen von der Unfähigkeit, mich selbst
auszuhalten. Irgendetwas scheint nun passieren zu müssen. Lediglich
3 Hübe ins Glas. Bereits ohne diese Umdrehungen dreht sich vor
meinen Augen alles und ich fange an mir zu wünschen, dass ich
endlich explodiere und Geschichte werde.
Aus
dem Kühlschrank eine Birne-auf dass sie Linderung verschaffe.
Heizstrahler an, aus, an, aus, ich werde verrückt! Das Klimpern
meiner Rechten auf dem linken Unterarm wird immer rascher… der
Spannungsgipfel scheint erreicht! Beruhigungstabletten oder Klingen?
Wie lange bleibt er noch oben? Bei diesem Oberteil wäre es kein
Verbrechen, das Schlachtfeld hastig unter dem Ärmel verschwinden zu
lassen. Die Birne schmeckt nach nichts und draußen ein Flugzeug nach
dem anderen. Ich gehe alsbald an die Decke!
In
meiner Tasche kramen und mich fragen, wie ich die nächsten düsteren
Monate überleben soll?
Mir
wird schlechter und schlechter und noch schlechter und noch
schlechter und ich habe unglaublich Lust, mir den Finger in den Hals
zu stecken.
Den
Stromfresser aus, um ihn von oben runter kommen hören zu können,
und alles bereit legen. Die Fantasie von Müdigkeit scheint nur ein
hässlicher Abklatsch von etwas, das man wohl Ruhe schimpfen könnte.
Dann ist der Test heute eben, ob die Hand funktioniert, ein mit
Klinge durchgeführter...Bleib schön oben!
20
Schnitte. Ich hätte mich hinlegen sollen. Die hell graue Hose hat
Spuren abbekommen. Mit Spucke aushelfen. Auch die linke Hand ist voll
damit und ich weiß nicht woher-das Kabel vom Headset?
Mich
sortieren und zurücklegen. Besser? Erleichtert? In mir drinnen
springt eine Version von mir wie ein erregter Schimpanse auf und ab
und auf und ab und auf und ab und auf und ab…An, aus, an, aus, zu
heiß, zu kalt, zu heiß, zu kalt… einmal schwer seufzen. Warum
bringt mich keiner um? Warum bringt mich das hier nicht um?
Kurz
die Augen schließen und mir der soeben stattgefundenen
Grenzüberschreitung bewusst werden. Kein Rausch, er bleibt aus.
Alles kotzt mich an! Aber ich habe immer noch diverse Substanzen für
den Notfall… und so werden es eben jetzt schon 15 mg Praxiten. So
Körper! Das hast du davon!
18:22
Mehr
als angespannt auf eine Wirkung warten, auf eine Erlösung. Wäre
mir nicht so schlecht, hätte ich längst eine Fressattacke
angeleiert und anschließend gekotzt. Um auf diese Weise Zeit tot zu
schlagen. Stattdessen nur hier sitzen und warten, während mir warm
und wieder kalt und wieder warm und wieder kalt wird, das Kribbeln in
den Beinen immer stärker zunimmt, ich mir Gedanken darüber mache,
was ich überhaupt zum Abendessen essen darf. Bitte, bitte, bitte!!
Lass diese fürchterlichen Tage schnell erledigt sein! Erlöse mich!
Am
Ende… und schön langsam gebe ich die Hoffnung auf, dass das neue
Tagebuch wie erneut angekündigt an diesem Wochenende endlich
abgeschlossen sein wird.
28.November2015,
Samstag 15:18
55
standen da von gestern noch pro forma. Viel besser wurde es nicht:
54,6 um 6:30, weil der Stoffwechsel heute Morgen mal nicht mehr
mitspielen wollte.
Jetzt
gibt es Darmschmeichler und im Hinterkopf allerhand Ingredienzien,
die mir zur Erleichterung meiner kritischen Situation helfen würden.
Draußen geht die Sonne unter und ich sehe mich mit Dido in den Ohren
am Fluss entlang laufen. Wie so oft. So unzählige Male. Ich möchte
weinen, lass es aber nicht zu. Wie schon nicht im Taxi. Wie auch im
Krankenhaus nicht. Alles reißt an mir. Überstanden… was für eine
infame Lüge! NICHTS ist überstanden!
Sebastian
gebeten, sein Fußballspiel mit Kopfhörern zu hören und mir die
Möglichkeit sowie den Raum zu gewähren, den Druck auf meinem Herzen
etwas ablassen zu können.
Wolfgang
ging mir so dermaßen auf den Senkel, die ganze Rückfahrt hinweg. Er
kann nichts dafür, es ist alles meine Schuld. Aber seine klugen
Sprüche hätte er sich wahrlich sparen können, wenn er mir so
Sachen sagt wie: „Aber so ist Cortison eben!“. Und einmal: „Was
willst DU mir von Cortison erzählen?!“, und mehrmals: „Bitte,
lass es, lass es einfach sein.“. Klipp und klar äußerte ich
meinen Lebensüberdruss. Erst dem jungen Turnusarzt gegenüber, der
mindestens eine halbe Stunde versuchte, eine Leitung zu legen.
Zumindest erzählte ich vom angebohrten Schienbein und der Notärztin.
Erst als er nachfragte, warum dies notwendig gewesen wäre: „Ich
habe versucht, mich umzubringen.“. Wie oft er mich gestochen hat?
Er ließ sich sehr viel Zeit, eine gewisse Verunsicherung war meiner
Meinung nach durchaus auszumachen. Stunde um Stunde, die Uhr an der
Wand tickte bedrohlich laut. Er verschwand und eine halbe Stunde
später kam ein anderer Kollege, ein „ausgewachsenes Arztmodell“.
Er entschuldigte sich kurz und drückte sich ein ganzes Snickers in
den Mund. Dieser trug nicht einmal mehr Handschuhe und hatte keine
Berührungsängste mit meinem Blut. Ein kurzer Blick unter den
Strumpf: „Ahh, kenne ich. War erst vor 4 Wochen in der Psychiatrie
zum Dienst.“. Darauf ich: „Hier auf der Neurologie sieht man das
wohl nicht so häufig, und wenn dann hauptsächlich von jungen
Mädels…“. Darauf fragte er mich, wie alt ich denn sei. Ich
musste ernsthaft überlegen, hätte beinahe 34 gesagt. „35.“.
Darauf er: „Also bitte, ein junges Mädel.“. Letztendlich
verbrachten wir über 1 Stunde zusammen. Ich hab 0 Dunst, wie oft er
mich gestochen hat. Zehnmal mindestens. Ihm blieb mein
selbstkritisches Verhalten nicht verborgen und bevor er ging meinte
er noch: „Das haben Sie nicht nötig, Sie sind eine sehr
sympathische Person.“. Ich schüttelte zwar den Kopf, aber bedankte
mich. Zu einem Ergebnis kamen wir erst, als er meinen Vorschlag
gewähren ließ und ich mir die Hände wie die Tage zuvor in 2
gekochte Krebse verwandelte. Die Wunden rissen auf und bluteten.
Jeder Einstich, jeder Schnitt. Für die selbstverschuldete Blutsuppe
entschuldigte ich mich, aber er störte sich nicht weiter daran,
stach noch einmal zu und traf. Vermeintlich. Vor mir lag nun eine 45
min dauernde Tortur. Beim Gehen hielt er in der Tür noch einmal an
und sagte zu mir: „Ich weiß, das sagt sich alles so leicht. Aber
keiner steckt in Ihrer Situation… ich wünsche Ihnen alles Liebe.“.
Hatte ihm doch auch vom Laufen erzählt. Weil er ganz kurz davor
gemeint hatte, dass ich mit dem Rollator doch noch wunderbar
unterwegs sei. „Seit 98 bin ich gelaufen, aber jetzt hat mein
Dachschaden beschlossen, dass ein schubförmiger Verlauf langweilig
ist, dass wir etwas Besseres brauchen, uns weiter entwickeln
müssen.“. Vom Malen redete ich gar nicht erst. Aber meinem
Lebensüberdruss machte ich weiters insofern Ausdruck, als ich ihm
beim Hantieren in meinen Blutspuren zusah: „Gestern habe ich erst
gehört, dass die Aidsrate immens angestiegen ist.“. Darauf er:
„Ich habe keine Defekte auf der Haut… oder haben Sie etwas, von
dem ich wissen müsste?“. „Außer einem gewaltigen Dachschaden
nichts… aber bekäme ich jetzt noch Aids, würde vielleicht etwas
anderes das hinbekommen, wozu ich selbst zu blöd war.“.
Was
war ich froh… kann man von Erleichterung sprechen? Alles schmerzte,
jeder mickrige Einstich und erst recht der Venflon und die Infusion.
Was ist es, was da so Amok läuft? Die Nerven so überstrapaziert,
die Venen so überstrapaziert?! Ich dachte ernsthaft, ich springe
schreiend aus dem Fenster. Ich dachte wirklich, ich packe das nicht
mehr, es muss abgebrochen werden, dann machte ich mich am
Infusionsregler zu schaffen und drehte schneller… die Kotze stieg
mir mit jedem einzelnen Schmerzimpuls die Speiseröhre empor…
„Anderen geht es schlechter! Andere haben noch viel schlimmere
Sachen! Andere haben das auch schon durchgestanden! Andere jammern
nicht so viel rum wie du!!“… RAUS!! ALLE SAMT RAUS AUS MEINEM
KOPF!!
Die
Rückfahrt und Wolfgangs Happyhippowelt. Angestrengt versucht, zu
schlafen und ihn nicht mehr hören zu müssen und kaum hatte sich die
Taxitür geschlossen und Sebastian kam mir entgegen, sprudelte alles
aus mir heraus: „Ich kann das einfach nicht mehr… ich will nur
noch sterben… es tut mir so leid, dass ich dir das so sagen muss,
aber ich will einfach nicht mehr…“. „Bitte… hör auf damit…“,
und: „Bitte… sag so etwas nicht…“.
Strukturloser
Kauderwelsch. Ein kleiner Gedanke am Rande? Ich dachte heute sogar
daran, dass ich das dieser bezaubernden Ärztin nicht antun
könnte/dürfte. Die anderen, immer die anderen und jetzt hängen die
Tränen auf der Nasenspitze und in Gedanken laufe ich immer noch.
Auf
dem Bildschirm vermag ich kaum etwas zu erkennen. Sebastian hatte mir
gleich nach der Rückkehr die Suppe von gestern heiß gemacht. Nichts
schmeckt und doch hätte ich noch mehr fressen können. Aus purem
Frust. Mich nach einem Teller am Knuspermüsli vergangen. Ein
bisschen zumindest. Vergeblich versucht zu schlafen. Dann noch ein
paar Löffel Müsli. Bei der Ankunft im Krankenhaus Wolfgang zum
Automaten gejagt und er hat mir Coca-Cola gebracht, mit Zucker… ist
es undankbar? Ich wollte doch irgendetwas ohne! Kurz vor Verlassen
des Krankenhauses ihn erneut zum Automaten geschickt, um mir ein
Ballisto auszudrücken. Stopfte gierig eine halbe Banane und einen
halben Schokoriegel in mich hinein, wovon mir noch schlechter wurde.
Auch jetzt der Süßstoff im Tee ist so widerwärtig. Ich habe
Kopfschmerzen, bin in mir drinnen völlig aufgerieben, müsste
innerlich bluten… und schlecht. Ein Hoch auf die
Blutverdünnungsspritzen! Die gestrigen Schnitte sehen kapital aus.
Mein ganzer Körper ist zerschunden und wie erst mein rechter Oberarm
aussieht nach dem Klosturz mittwochs um 6. Das müsste ich alles
filmen, alles ins neue Video packen… eben eine weitere Freakshow!
16:05
Eigentlich
wollte ich den Kopf hinaus auf die Terrasse stecken, abkühlen.
Stattdessen einen neuen Kübel voll mit Vogelfutter vorbereitet. Dass
die Katzen jetzt draußen um den Eimer herumschleichen reibt mich
extra auf.
Er
geht kurz hinaus und ich sage kurz, was ich denke: Ich will das hier
beenden. Ich will das hier nicht mehr. Will nicht ständig hinaus
sehen müssen und dort eine immer blasser werdende Erinnerung der
Läuferin, die ich war, sehen müssen. Ich will mit dieser
Erinnerung, farbig und lebendig und voll mit frischem Wind um die
Ohren endlich einschlafen!…
Ganz
zart zeichnet sich ein Abendrot am Himmel ab. Mich gleich weiter
verletzen? Nachts noch ins Waschbecken geblutet, 52 Schnitte.
Erwähnt? Keine Ahnung? 72 Gesamt. Die letzten Schnitte erinnern
verdammt an die Zeiten, als ich noch täglich Lovenox injizieren
durfte. Schön unterlaufen, dunkelblau, dunkellila… vermag es nicht
anders zu beschreiben. Ihm bereits angekündigt: „Wenn das so
werden sollte wie gestern Abend, schlucke ich Mirtel und knipse mir
das Licht aus.“. Dagegen hätte er nichts einzuwenden,
In
mir dreht sich alles und ich sehe immer noch nichts auf dem
Bildschirm. Meine Korrektur soeben vermutlich hinfällig. Nichts
fühlt sich mehr richtig, mehr normal an! Nicht das Essen, Trinken,
Schmecken, Pinkeln, Sitzen… als sei meine gesamte Existenz ihrer
Wurzeln beraubt. Und dann sagt Wolfgang, das das gut so sein würde.
Und ich schüttelte nur den Kopf und dachte einfach: „Halt die
Klappe.“. Was soll an einer Psychose gut sein? Bauernkind. So
simpel gestrickt.
17:57
Immer
noch vermeintlich ruhig hier sitzen und tief in mir drinnen doch
wieder nur auf die Barrikaden gehen. Ich halte nichts aus. Gar
nichts. Meine Alternativen? Die Stunden eingeben?
18:49
Mieke
hat mir wahrlich keinen Gefallen damit getan, die Stunden pro forma
einzutragen. Wieder dieses Wort. Egal. Mein Herz rast mir bis zum
Hals, als würde es mir die Augäpfel hervor treiben. Es reicht
wahrlich. Eine von den Beruhigungstabletten geschluckt wird gerade
befürchte ich sogar, alsbald eine Fressattacke zu bekommen. Aufs
Sofa und nur noch hoffen, dass ich so schnell als möglich
einschlafen kann. Sonst renne ich wirklich noch wie angedroht mit dem
Kopf gegen die Wand…
29.November2015,
Sonntag 10:25
54,6
um 7:45. Einen kräftigen Schluck eiskaltes Wasser und 40 mg
Furosemid hinterher. Die Meisen bedienen sich einzeln am Buffet. Eine
Gänsehaut fährt in meine Glieder und macht kaltes Brennen und ich
darf mich erneut mit den Kinderschuhen des Diktierprogramms
herumschlagen. Keinen Nerv, absolut keinen Nerv. Auch nicht unerwähnt
bleiben sollte die Aufnahme, die ich soeben mit Sebastians Starthilfe
gemacht habe. Sie dauert vermutlich viel zu lange, ich sehe in diesem
Oberteil einfach nur scheiße aus, weil es aufträgt oder -um ehrlich
zu sein zu müssen- meine Fettmassen unterstreicht und zur Geltung
bringt, die unumstritten zur Genüge vorhanden sind. Wieder habe ich
Panik davor, mir das Material anzusehen. Klar, könnte mich umziehen,
die Kühlschränke erneut ausschalten, aber was würde das an meiner
Hackfresse ändern? Dieser Pickelfresse? Ein Hoch auf die
Ungenauigkeit der Kamera? Darauf hoffen? Was soll da jetzt drauf
sein? 10 min zusammenhangsloser Mist!
Und
warum das frisch gewaschene Hemd einsauen? Es spielt heute überhaupt
keine Rolle, wie oft und wie und mit was ich mich waschen werde:
binnen weniger Sekunden stinke ich erneut! So schon morgens passiert,
als ich mich nach dem Aufstehen ins Waschbecken hing und meinen
Oberkörper abschrubbte. Kaum die Seife entfernt, stank es. Als sei
meine Haut imprägniert mit abartigem Schweißgeruch. Wie ein
Moschusochse! Also bleibt es beim Hemd von gestern. Fertig.
Heizstrahler an. Noch mehr schmerzhafte Gänsehaut.
Das
einzige Indiz, das für eine nächtliche Besserung spricht, der etwas
verlangsamte, hörbare Pulsschlag nachts in meinem linken Ohr. Aber
schlafen…? Natürlich bin ich weg geknackt, nach all dem, was ich
erneut konsumiert hatte. Hätte auf dem Sofa bleiben sollen. Hätte
aufs Klo gehen sollen. Hätte, hätte, hätte… hat sie aber nicht.
Kaum ins Bett gewechselt, 2 h wach. Dann immer über längere
Etappen, weil Blase und Darm sich meldeten. Die ersten zwei Stunden
gingen mitunter auch auf sein Konto; ganz leise hat er geschnarcht
und ich mich von Pause zu Pause gehangelt.
An
meinen Fingern herum kauen. Musste mir die Nägel schneiden.
Schneeweiß und unendlich lang wirkten sie heute Morgen-schöne
Grüße, dein Cortison! In meinem Gaumen scheint irgendetwas zu
kleben und stört bei jedem Abschlucken-schöne Grüße, dein
Cortison! Der rechte Fuß heute deutlich dicker als der linke-schöne
Grüße, dein Cortison! Unendlich durstig und dabei schmeckt das
Wasser nur beschissen-schöne Grüße, dein Cortison! Und ich könnte
ewig so weitermachen…
Die
Morgendosis Tramal fiel zwecks Fläschchenwechsel etwas großzügiger
aus, aber merke ich irgendetwas davon? Glaube ich ernsthaft, malen zu
können? Und würde ich meine Finger nur betrachten, wäre ich
felsenfest davon überzeugt, sie seien dick geschwollen. Erst beim
Verschränken kann ich fühlen, dass sie ausgemergelt sind.
Draußen
ein wenig Wind, ein wenig Hochnebel, ein wenig Wolken und ein wenig
Sonne. Alles dezent portioniert. Um den Gruftie nicht zu überlasten.
Nachts presste ich mir ein Taschentuch an den Unterarm, um ihn nicht
mit meiner Schuld zu besudeln, als ich mich zu ihm drehte…
natürlich ganz selbstlos, um meine eiskalten Hände auf seinem
warmen Rücken zu parken.
Kurz
den Ärmel nach oben geschoben… Schwarz-Rot die Schnitte. Was für
eine Pracht. Da wäre es doch umso besser, wieder einen Port-a-cat
eingebaut zu bekommen! Venensuche nur noch für Blutabnahmen und
keine schmerzhaften Infusionen mehr in längst ausrangierte
Blutgefäße!! Dazu bräuchte ich vermutlich zusätzlich
Blutverdünner und ALLEN wäre gedient-jedem auf seine Art!
11:09
ist es jetzt und ich bin kurz nach diesem Satz in die Küche
geschlurft, um mir doch noch einen Tee zu kochen… in der infantilen
Hoffnung, er mundet. An den Töpfen in der Spüle hat sich nichts
geändert und es stinkt jetzt erst recht nach Käse-Fondue!
Ekelerregend!! Mein Magen macht 3 Saltos und ich muss jetzt schon
wieder pinkeln. Wollte ich doch gerade erst vom „letzten Mal“
berichten, dass es sich jetzt aktuell anfühlt, als hätte ich einen
Infekt-schöne Grüße, dein Cortison! Erneut aufrappeln…
Mist!
Ich wollte doch das Fenster kippen! Ich kann scheinbar nur noch eine
Sache alleine machen und nicht einmal die ordentlich!
Ich
habe mich ja nicht nur darüber mokiert, wie es aussieht und riecht,
sondern bei dieser Gelegenheit gleich klar Schiff gemacht… soweit
es mir möglich war. Meine Ärmel klatschnass und erst recht
ekelhaft. Der Mief bleibt und die tief stehende Sonne brennt sich in
meine rechte Schläfe. Tonnenweise Aspro auf der Leinwand verteilt,
griffbereit und einfach keine Akzeptanz mehr für Schmerzen.
Warten
bis zum nächsten Rapport oder nur extra für frische Luft
aufstehen?… Ein Schluck Wasser und nicht mehr kalt genug-scheinbar
bleibt mir keine andere Option...
Nächsten
Punkt vergessen: das provisorische Reinigen der Töpfe hat mir den
letzten Rest meiner Hände gekostet und somit alles weitere an
Fragestellung erübrigt, was ich in den nächsten Stunden mit mir
selbst anstellen könnte und in irgendeiner Form mit Farbe und Pinsel
zu tun haben könnte. Die Milch im Tee hat Flocken geschlagen und
selbst das widert mich so dermaßen an, wie auch der
Käse-Kohl-Gestank. Und prompt darf ich wieder aufstehen, nächste
Runde…
Fast
anpinkeln, der Blutzucker kollabiert, eine Orange köpfen, ihrer fast
nicht handhab werden, ein Stückchen der Schale mit zum Tisch nehmen,
um das Raumklima zu verbessern, aus den Kopfschmerzen wird Migräne
und könnte durchaus ein gutes Symptom von einem tatsächlichen
Blutzuckerkollaps werden. Die Hand ganz und gar hinüber und das Obst
schmeckt bitter und irgendwie ekelerregend-liebe Grüße, dein
Cortison! Die Übelkeit nimmt rapide zu, vom Tee noch nichts
getrunken und vom Video noch nichts gesehen. Besser so?
Einen
Augenblick warten oder gleich noch Traubenzucker hinterher? Bis sich
mein Körper wieder einkriegen wird und alles normal ist… „normal“,
wenn man diesen Terminus überhaupt in einem Atemzug mit meiner
Person nennen darf.
Traubenzucker
zitternd zum Mund führen. Und wieder pinkeln… „Das kann ja auch
nicht gesund sein!“… Blabla…
12:04
Es
folgt ein gewaltiger Nervenzusammenbruch!! Zu Tür gefahren,
aufgemacht und mich hingesetzt, weil ich mich sonst jede Sekunde
übergeben hätte müssen… und wie zu erwarten: Katze! Dann
streicht sie noch um meine Beine, was fürchterlich weh tut, ich
schiebe sie noch vorsichtig an, in Richtung Tür, weil jene zum Flur
und zum Futter ohnehin geschlossen ist und sie im Wohnzimmer nichts
mehr verloren haben. Was macht sie? Geht nicht, stemmt sich dagegen
und haut ab. Und ich raste aus. Nach allen Regeln der Kunst und ich
weiß mit Garantieschein, dass ich ihr etwas antun würde, hätte ich
sie nur erwischt. Und ich habe wirklich kein Problem mehr damit, den
Tierschutz anzurufen und sie abholen zu lassen oder die Katzen
bleiben und ich gehe, man hört auf, mir ein schlechtes Gewissen zu
machen und lässt mich endlich das tun, was ich längst tun hätte
sollen!
Ach,
da tut sich aber jemand wieder leid!
Halt
die Fresse, du Klon meines alten Vaters! Du Hülse all dieser
Internet-Klugscheißer und Moralapostel und Besserwisser!! Halt
einfach das Maul oder ich schneide dich aus mir raus!!
Das
will ich erst mal sehen!
Natürlich
wissen es die Katzen nicht besser, natürlich bin ich ein Monster,
dies habe ich nie bestritten, natürlich, natürlich,
natürlich!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ABER ICH KANN
NICHT MEHR!!!!!!!
Entweder
bedarf es jetzt einer Klinge oder einer hohen Dosis Tramal oder
dieser Beruhigungstabletten!
Mein
ganzes System wackelt und zittert und bebt und das rechte Bein
beginnt zu krampfen… 50 mg Pregabalin, nicht 25. Dann falle ich
eben um, dann schlage ich mir hoffentlich den Schädel endlich ein!
Weitere 20 Tropfen Tramal zu den 20 Tropfen.
Böses
Mädchen!
12:34
DAS
nennst du ANGEMESSEN?!!!
Bei
weitem nicht. 15 oder 16, ich wurde beim Zählen unterbrochen und
erschrocken und musste hastig den Strumpf überstreifen, die
Badezimmertür offen und es klang, als käme er von oben runter. Die
Klinge nicht halten können.
NA
DANN ERST RECHT!!
Ja,
warum nicht? Warum kein „Unfall“? Feige Sau! Aber es hätte
wunderbar geblutet, erst recht mit ein wenig heißem Wasser auf den
eiskalten Händen und dem Aspro und der restlichen Wirkung vom
Lovenox.
14:14
Heizstrahler
an, aus, an, aus, an, aus… warm, kalt, warm, kalt… Aber
zugedröhnt bis unter den Scheitel.
Sebastian
hat uns ein wunderbares Mittagessen zubereitet, gebratenen Fisch mit
Kartoffeln und Tomatensalat. Ich kam mir so dämlich daneben vor, mit
meinen Instruktionen vom Rollstuhl aus.
Ein
Stechen links in der Brust, den Heizstrahler runter justieren und
jetzt Angst, mir den Strumpf anzusehen, dass es nicht einmal ein
bisschen durch geblutet hat… Und genauso ist es auch. Was für eine
Flasche.
Brav
nicht aufgegessen, mir wurde währenddessen ohnehin wieder schlecht,
meine Magennerven begannen zu flattern, mein Körper machte den
Eindruck, als hätte ich während der Mahlzeit erneut zu viel
getrunken und deswegen gibt es jetzt anstatt einer weiteren Schale
Tee Bonbons. Der 1. Blick auf das Material (auf ein Standbild) noch
erträglich, die eigentliche Sichtung folgt jetzt. Vielleicht auch
gut so, denn jetzt bin ich dank meiner Opiate gemäßigt und werde im
eigentlichen Sinne durch äußere Umstände in Zaum gehalten. Werde
hoffentlich nicht sofort wieder über mir selbst ein Urteil fällen
müssen, über mich selbst herfallen müssen wie eine Meute
ausgehungerter Wölfe.
14:32
Tja,
das war's dann auch schon wieder mit der Aufnahme! Was für ein
fettes Schlachtross! Und ich soll nicht aufgedunsen aussehen? Wie
blind muss man sein? Auf beiden Augen und allen Hühneraugen doppelt
und dreifach? Sebastian ist nach oben und würde die olle
Geschirrspülmaschine jetzt nicht laufen, würde ich ein anderes Hemd
anziehen und es erneut versuchen und tunlichst darauf achtend, meinen
Kopf nicht zu senken und somit mein fettes Doppelkinn in die Kamera
zu recken.
Du
Schweineschwarte!
Was
mache ich jetzt? Ruhig genug wäre ich, um etwas sortierter als
vormittags auch die Dinge zu erwähnen, die vielleicht wichtig wären.
Aber das Risiko, dass die Geschirrspülmaschine mich mit lautem
Piepsen wieder und wieder unterbricht, wie bereits in einer anderen
Aufnahme von vor 2 Jahren, ist ziemlich hoch. Warum schreit dieses
dämliche Ding? Ich weiß doch selbst, dass ich es pausiert habe und
benötige keine Erinnerung daran!
Ins
Schlafzimmer fahren und Ausschau halten nach Klamotten…
15:09
Also
wenn ich sabotiert werden soll, dann bitte nach allen Regeln der
Kunst! Diese vermaledeite Geschirrspülmaschine! Reicht es nicht,
dass ich schon die größte Baustelle im Video bin?… Natürlich
habe ich wieder einige wichtige Dinge vergessen. Die nächsten
Details, die ich als Text hinzufügen muss… das hasse ich ja fast
genauso sehr wie viel zu lange Einzelstücke.
Noch
ein 2. Bonbons. Die Lippen in Fransen beginnen zu bluten. Aber die
Dröhnung hält noch an und auf der Suche nach Abkühlung trinke ich
viel zu viel… beim Ausziehen war ich der Meinung, meine Oberarme
wären dick geschwollen. Das wird wohl auch keine Halluzination sein
und ich bin nur noch gespannt, wie lange das Hemd hält, bis es auch
anfängt zu stinken, wenn ich stinke, weil ich ein widerwärtiges,
abartiges Monstrum bin und bleibe…
Mich
auf den nächsten Tiefschlag gefasst machen und das Video
anschmeißen…
15:37
Darf
ich es wagen? Ganz vorsichtig? „Bingo.“? Nicht perfekt und erst
recht unscharf, aber Unschärfe ist dieser Tage wohl gewünscht. Kann
ich mich ertragen?
Bemerkte
ich zuvor doch eine erneute Zunahme der Unruhe. Und jetzt wieder
Kopfschmerzen. Aber irgendwie scheine ich mich heute noch nicht genug
belastet zu haben… Malen?
16:55
Ganz
kurz Biathlon an und ich bin erneut auf 200. Zudem eine neue Runde
Übelkeit, ein weiteres Paspertin, Aspro und eine letzte Schale Tee,
bei der der Gedanke eigentlich ausreicht, um mir Gift und Galle hoch
kommen zu lassen. Wie auch der Geruch von der Geschirrspülmaschine.
Wahrlich... eine nagelneue Duftlampe mit ätherischem Orangenöl wäre
jetzt schön… rede ich mir zumindest ein. Vermutlich gibt es keine
Linderung in dieser Situation.
15
Minuten. Mehr nicht. Hauptsächlich der Augen wegen, alles
verschwommen und unscharf. Mit und ohne Brille. Und dann ist es jetzt
schon wieder dunkel und mir wird allein davon ganz schlecht und
schumrig.
Dazu
mich zurück erinnern müssen, warum ich diese Leinwand so hasse.
Dieses spiegelglatte Material, da ist doch keine Grundierung drauf!
Wo sollen da 3 Schichten zu finden sein?! Keinerlei Biss!!
Sebastian
geht in die Wanne und ich gucke mir jetzt meine Wunden mal eben an.
Und anschließend? Will ich es doch verhindern, die Einzelteile fürs
Video jetzt schon wieder und wieder anzusehen… umso schneller bin
ich des ganzen Projektes überdrüssig! Außerdem befürchte ich,
erneut Scheiße gelabert zu haben, was selbigen Effekt unterm Strich
hat. Es gibt noch nicht einmal einen Plan, kein Füllmaterial, kein
Thema noch einen Namen.
Es
ist mühselig, erst recht es wieder und wieder sagen zu müssen (oder
besser zu wollen)-ich halte mich nicht aus! Diese Blutzuckerkapriolen
provozieren zusätzlich, dass ich zunehme. Ich kann nicht ständig
essen, ständig irgendetwas in mich reinschmeißen, nur um nicht
ohnmächtig umzukippen. Und wie soll ich diesen ganzen Mist jetzt
korrigieren? Wenn ich doch nichts sehe?
17:20
Was
soll ich zu all dem hier sagen? Mir fehlt das Schimpfwort, eindeutig!
Nur darüber nachzudenken macht mich so aggressiv, ich könnte… und
draußen die Dunkelheit, das Brennen in den Beinen und erst so spät…
Ich muss aufhören! Endlich aufhören, diese ganze Kacke zu
diktieren!! Schluss!